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Fisch soll besser vermarktet werden

Die Lage manch kleiner Teichwirtschaften rund um Niesky ist nicht rosig. Deshalb will man gemeinschaftlich investieren.

Lesedauer: 3 Minuten

Wenn Dietmar und Lars Bergmann an diesem Sonnabend nach Klitten zum Fischerfest einladen, um aus dem Maximilianteich die Ernte dieses Jahres einzuholen, dann spielt neben dem Gaudi, den eine solche Veranstaltung mit sich bringt, auch der Verkauf eine nicht zu unterschätzende Rolle. Denn die Direktvermarktung ist ein wichtiges wirtschaftliches Standbein. Erfahrungsgemäß gehen zum Fischerfest rund 1,5 Tonnen Karpfen, Forellen, Hechte und Wildfische über den Ladentisch. Insgesamt verkauft die Teichwirtschaft Klitten etwa 50 Tonnen Fisch im Jahr. An Stammkunden und – am wichtigsten ¨– den Großhandel.

Doch gerade dieser Vertriebsweg könnte neu strukturiert werden, geht es nach dem Geschäftsführer des Sächsischen Landesfischereiverbandes. Denn: Die tägliche Arbeit der Teichwirte ist der Kampf gegen den Tod auf Raten der gesamten Branche. Das sagt Andreas Stummer zwar nicht so direkt, doch wenn man seinen Erklärungen folgt, wird deutlich, wie schwer es die Binnenfischer – auch in der Oberlausitz – haben. Die betriebswirtschaftliche Situation der oft kleinen Betriebe sei schon seit etwa 20 Jahren angespannt. „2017 hatten wir den bisher schlechtesten Flächenertrag.“ Und angesichts der diesjährigen Trockenheit sei auch 2018 keine Besserung zu erwarten. „Eine Tonne Fisch je Hektar wäre wünschenswert. Wir liegen jetzt bei 300 bis 350 Kilo – und das ist schon schöngerechnet.“ Zum Ende der DDR habe der Wert bei über einer Tonne gelegen, aber das sei eine Vergewaltigung der Natur gewesen. Und das, betont Stummer, wolle man natürlich auch nicht mehr.

Doch gerade die Natur ist es, die den Teichwirten zu schaffen macht. Zum einen sind strenge Umweltauflagen zu erfüllen, zum anderen haben Fischräuber wie Kormoran, Silber- und Graureiher, Otter und noch einige andere immer größeren Appetit. Der Artenreichtum der Karpfenfresser und ihre Bestandsdichte sind so hoch, dass sie die Fischereibetriebe in ihrer Wirtschaftlichkeit gefährden. „Rechnet man allein für die 3 000 in Sachsen bestätigten Kormorane 1,2 Kilo Fisch je Vogel, kommt man bei der Gesamtanzahl der Tiere auf 3 600 Kilo. Und das jeden Tag!“, kritisiert Stummer. Im Gegenzug gebe es bisher für alle auftretenden Schadensfälle nur 10 000 Euro pro Jahr und Unternehmen. „Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, der nicht mal unten ankommt, sondern schon beim Herunterfallen verdampft.“

Ausbrechen aus dem Teufelskreis

Zwei andere Punkte machen den Teichwirten aber ebenso zu schaffen. Der Großteil der Chefs in den hiesigen Fischereibetrieben ist um die 60 Jahre alt, der Durchschnitt liegt bei 55. Nachfolger finden nur die wenigsten. Zudem stagnieren die Erlöse in den Unternehmen. Stummer führt das auf die marktbeherrschende Stellung zweier Großhändler in Hamburg und Baden-Württemberg zurück. Um unabhängiger vom Preisdiktat der beiden Schwergewichte zu werden, strebt der Chef des Sächsischen Landesfischereiverbandes eine Vermarktungsinitiative der hiesigen Teichwirte an. Dazu müsse man zusammen agieren, um die notwendigen Mengen zu generieren. Außerdem gehe es um Qualität und Wiedererkennbarkeit. Stummers Idee: die Schaffung einer Art Fischumschlagplatz. Der müsste an zentraler Stelle entstehen. Dorthin würden die lebenden Karpfen dann angeliefert und nach ihrer Verarbeitung zu nachgefragten Fischprodukten an die Supermarktketten, Restaurants und andere Abnehmer verteilt. Aus dem Stadium einer Projektskizze ist die Idee noch nicht heraus. „Wir brauchen eine Marketingstrategie“, erklärt Stummer. Die Gelder dazu sollen aus dem Europäischen Fischereifonds kommen. Ob sich die einzelnen Teichwirtschaften beteiligen, steht indes auf einem anderen Blatt. „Viele sind finanziell so klamm, dass sie maximal noch einen Schuss haben – und der muss sitzen“, sagt der Verbandschef. Sollte es allerdings nicht zu einer Verbesserung der Lage kommen, malt er für die Zukunft der Branche ein düsteres Bild. „Dann wird es in einigen Jahren dazu kommen, dass manche Teiche nicht mehr zu halten sind. Und wenn sie nicht bewirtschaftet werden, gewinnt der Pflanzenaufwuchs ganz schnell die Oberhand.“ Was den Staat wiederum zum Umdenken bewegen könnte. Weil die Teiche naturschutzrechtlich geschützt sind, könnte die EU mit Vertragsverletzungsverfahren drohen. „Günstiger wäre es wohl, die Fischer bereits dann finanziell zu unterstützen, ehe die Teiche zu verlanden beginnen.“

 

Von Frank-Uwe Michel

Foto © Archiv/Joachim Rehle

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