Leipzig. Fünf gestrichene Verbindungen, 17 Prozent weniger Abflüge: Die Einschnitte im Winterflugplan am Airport Leipzig/Halle alarmieren die regionale Wirtschaft. Unternehmen wenden sich jetzt direkt an Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU).
In einem „Offenen Brief“ der Leipziger Wirtschaft heißt es: „Bitte setzen Sie die im Koalitionsvertrag zugesagten Entlastungen für den Luftverkehr um.“ Diese seien notwendig, um Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Investitionen zu sichern. Aufgrund hoher staatlicher Kosten verlagerten Airlines ihre Kapazitäten. „Dies trifft gerade Regionen außerhalb der großen Drehkreuze“ – und damit auch den Raum Leipzig.
Die zwei Forderungen an den Bundeskanzler aus Leipzig
Konkret fordern die Unterzeichner die Bundesregierung auf, die nationale Luftverkehrssteuer abzuschaffen. Außerdem wollen sie eine Senkung der Luftsicherheitsgebühren erreichen. In Leipzig werden dafür 12,63 Euro fällig. Im nächsten Jahr soll die Gebühr weiter steigen und erstmals die 13-Euro-Marke reißen.
Götz Ahmelmann, Vorstandsvorsitzender der Mitteldeutschen Flughafen AG, begrüßt die Initiative. Auf LVZ-Anfrage sagte er: „Luftverkehr ist kein Luxus, sondern das Rückgrat einer offenen und wachsenden Volkswirtschaft.“ Die Luftfahrt brauche nun Unterstützung statt Gegenwind aus Berlin. „Dass die Leipziger Wirtschaft dieses Signal so deutlich setzt, ist ein starkes Zeichen und verdient Respekt.“

Quelle: Mayla Lüst
Kristian Kirpal, Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig (IHK), betonte auf Nachfrage, man blicke „mit großer Sorge auf den fortwährenden Abbau von Flugverbindungen“ ab Leipzig/Halle. „Ein weiterer Wegfall von Flugverbindungen, insbesondere zu den wichtigen Drehkreuzen, hätte verheerende Konsequenzen für den Wirtschaftsstandort Mitteldeutschland.“
So könnten Lieferketten gestört, Geschäftsreisen erschwert und der Zugang zu internationalen Märkten eingeschränkt werden. Das würde nicht nur Unternehmen treffen, sondern auch Arbeitsplätze und das langfristige Wachstum der Region gefährden.
Akzeptanz des Flughafens steht auf dem Spiel
Wie sehr die Einschnitte die regionale Wirtschaft beunruhigen, offenbarte sich Mitte der Woche auch auf der Preisverleihung des Leipziger Wirtschaftspreises „Via Oeconomica“. Die LVZ hatte zuvor von einem dünneren Angebot im nächsten Winterflugplan berichtet. Im Vergleich zum Winterflugplan vor einem Jahr fehlen Ziele wie München, London oder Bukarest.
Leipzigs Wirtschaftsbürgermeister Clemens Schülke (CDU) äußerte seine Besorgnis. Fakt sei: „Ohne attraktive Angebote im Bereich Passage glaube ich, dass der Flughafen nicht nur Auslastung verliert, Umsatz verliert, sondern auch Akzeptanz in der Gesellschaft“. Zwar könne man stolz auf die Bedeutung des Frachtairports und die Tausenden Arbeitsplätze sein. Doch fest stehe: „Fracht allein, das sage ich ganz eindeutig, ist kein Konzept für diesen Leipziger Flughafen.“
„Das ist ein bundesdeutsches Thema“
Schülke forderte faire Wettbewerbsbedingungen. „Wenn die Abflugkosten in Leipzig zehnmal höher sind als in Prag, dann kann das einfach nicht sein.“ Der offene Brief lag am Abend der Veranstaltung aus. Zahlreiche Vertreter großer Unternehmen und Mittelständler haben dem Vernehmen nach unterzeichnet. Auch die IHK unterstütze den Appell, bekräftigte Präsident Kirpal.
Mathias Reuschel, Präsident des Wirtschaftsvereins „Gemeinsam für Leipzig“, hob hervor, dass seit der Wende über 1,5 Milliarden Euro in den Flughafen investiert wurden.
An den Flughafenchef gerichtet, sagte er: „Deswegen, Herr Ahmelmann, ist es auch nur hoch verantwortlich, dass die Menschen Sie angucken und sagen: Sie haben unser größtes Investment an Ihrem Herzen, an Ihren Händen und auch in Ihrer Gestaltungsfreiheit.“ Reuschel betonte zugleich, die Rolle der Bundespolitik dürfe dabei nicht unterschätzt werden: „Hier sind wir in Leipzig nicht besonders schlecht.“ Die Stärkung des Luftverkehrs sei ein bundesweites Thema. Der Brief soll den Bundeskanzler am Dienstag erreichen. Dann reist Friedrich Merz zu seinem Antrittsbesuch nach Dresden.


