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Frauen in Sachsen oft unzufrieden mit Arbeitsbedingungen

Sachsen steht im DGB-Index Gute Arbeit vergleichsweise schwach da. Es liegt nicht nur an der Corona-Kurzarbeit.

Lesedauer: 3 Minuten

In der Vogelperspektive wird ein Großraumbüro gezeigt. Ein Schild mit der Aufschrift "Arbeitsbereich, psst Schnabel halten" hängt von der Decke
Ob Großraumbüro oder anstrengende Schichtarbeit - Sachsen sind mit ihren Arbeitsbedingungen häufig unzufrieden, vor allem Frauen.

Von Georg Moeritz

Dresden. Wenn Frauen und Männer nach ihrer Arbeitszufriedenheit gefragt werden, äußern sich Männer in der Regel zufriedener. In Sachsen ist der Unterschied noch stärker als bundesweit. Frauen in Sachsen beurteilen ihre Belastungen als besonders hoch und Einkommen und Jobsicherheit schlechter als Männer und Frauen in Deutschland insgesamt. Das geht aus dem DGB-Index Gute Arbeit in Sachsen 2021 hervor, über den Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) am Freitag berichtet hat.

Die Umfragen für den Index liegen allerdings schon anderthalb Jahre zurück. Damals im Frühjahr 2021 spielte Corona-Kurzarbeit auch noch eine größere Rolle: Mehr als ein Viertel der befragten Beschäftigten in Sachsen gaben an, seit Beginn der Pandemie Kurzarbeit erlebt zu haben. Frauen waren zu einem geringeren Anteil als Männer betroffen, dafür aber länger. Sechs Prozent der Befragten berichteten von einem deutlichen Einkommensverlust, weitere 15 Prozent von einem geringen.

Nur 43 Prozent der Sachsen finden ihren Job gut

Nur eine Minderheit von 42 Prozent der Befragten gab an, unter den gegebenen Arbeitsbedingungen bis zum Rentenalter die aktuelle Tätigkeit uneingeschränkt ausüben zu können. Bundesweit sagten das 51 Prozent. Sächsische Arbeitnehmer bewerteten 2021 ihre allgemeine Arbeitsqualität etwas schlechter als im Jahr davor. Laut Dulig wurde aber der Zugewinn seit dem Jahr 2018 „größtenteils“ gehalten.

In Deutschland insgesamt schätzen 57 Prozent der Befragten ihre Arbeitsbedingungen als gut ein, in Sachsen dagegen nur 43 Prozent. Das liegt noch unter dem ostdeutschen Prozentsatz von 47 Prozent. Das Wirtschaftsministerium weist zur Einordnung der Umfrage darauf hin, dass in Sachsen Schichtarbeit häufiger sei als im Bundesdurchschnitt. Der Facharbeiter-Anteil und das Durchschnittsalter der Beschäftigten seien höher. Sachsen habe kleinere Betriebe und sei stärker geprägt durch Industrie, Bau, Gesundheitswesen.

Sachsens DGB-Chef Markus Schlimbach sagte, wenn nicht einmal die Hälfte der Beschäftigten die Bedingungen gut finde, müssten bei den Chefs alle Alarmglocken klingeln. Um Fachkräfte aus dem In- und Ausland zu gewinnen und zu halten, seien mehr Anstrengungen notwendig. Mit im Bundesvergleich niedrigen Löhnen, einer höheren Arbeitsbelastung und einer geringeren Jobsicherheit stehe Sachsen bei der Attraktivität noch nicht gut da.

Zur Bewältigung des Fachkräftemangels in Sachsen müssen die Arbeits- und Entlohnungsbedingungen über alle Branchen hinweg verbessert werden. Ein wirksames Mittel sei die Erhöhung der Tarifbindung in Sachsen. Dafür würden die Gewerkschaften weiter kämpfen, sagte Schlimbach.

In Industrie und Gesundheitswesen keine Verbesserung

Die Arbeitsqualität unterscheidet sich nach Wirtschaftszweigen. Sie ist in der öffentlichen Verwaltung und im Informations- und Kommunikationsbereich am höchsten. Die beschäftigungsstärksten Bereiche in Sachsen, Gesundheits- und Sozialwesen sowie Verarbeitendes Gewerbe, sind auf die letzten Rangplätze gerutscht. Demnach hat sich dort im Vergleich zu den anderen Wirtschaftszweigen die Arbeitsqualität nicht verbessert.

Die Unterscheidung nach Berufsgruppen zeigt einen Anstieg der bereits hohen Belastungen in den sozialen und kulturellen Berufen – auch bei Lehrern und in der Medizin. Das weist laut Ministerium darauf hin, dass Personalknappheit und Ausfall während der Corona-Pandemie zu weiteren Belastungen der „verbleibenden Beschäftigten“ geführt haben.

Jeder Zweite geht schon mal krank zur Arbeit

Ins Homeoffice ging seit Beginn der Pandemie ein Viertel der sächsischen Befragten, vor allem Jüngere und akademisch Qualifizierte. Auch im Homeoffice stiegen die Belastungen vieler, vor allem durch die Verschlechterung der Arbeitszeitlage und Schwierigkeiten bei der Kinderbetreuung angesichts von geschlossenen Schulen und Kitas. Nicht alle Wohnungen seien als Arbeitsplatz geeignet.

In der Erhebung wurde auch nach weiteren Folgen schlechter Arbeitsqualität gefragt – etwa nach Präsentismus, also Arbeit trotz Krankheit. Präsentismus ist in Sachsen verbreitet: Im Jahr 2021 gaben 51 Prozent der sächsischen Befragten an, in den vergangenen zwölf Monaten krank zur Arbeit erschienen zu sein. In Deutschland insgesamt waren es mit 48 Prozent geringfügig weniger.

Die Bereitschaft zum Wechsel der Arbeitsstelle lag in Sachsen einige Jahre lang über dem deutschen Durchschnitt – laut Ministerium angesichts einer steigenden Zahl offener Stellen und damit besserer Möglichkeiten für einen freiwilligen Wechsel. Diese Wechselbereitschaft sei aber verglichen mit dem Jahr 2020 zurückgegangen. Der Anteil der Befragten, die bei Möglichkeit gerne den Arbeitgeber wechseln würden, lag im Jahr 2021 in Sachsen und Deutschland etwa gleich hoch – ungefähr jeder Fünfte gab das an. Am höchsten ist die Bereitschaft zum Wechsel bei jüngeren Arbeitnehmern und in Helfertätigkeiten. Schlechte Arbeitsbedingungen und gesundheitliche Beschwerden spielen dabei eine wichtige Rolle.

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