Schimmelt es in der Küche in meiner Lieblingskneipe? Sind vielleicht sogar Maden im Teig beim Bäcker um die Ecke? Die Lebensmittelüberwachung der Stadt kennt die Antwort, doch die Dresdner bisher nicht. Die Initiative Topf Secret von Foodwatch will das ändern und fordert in ihrer bundesweiten Aktion alle Nutzer auf, den Kontrollbericht der Behörden anzufordern. Die Initiative stützt sich dabei auf das Verbraucherinformationsgesetz.
Und tatsächlich ist das Interesse der Dresdner daran groß. Allein aus Dresden kamen seit dem Start Mitte Januar schon rund 130 Anfragen, so Sprecher Dario Sarmadi. Foodwatch selbst greife in den Prozess nicht ein, betont das Unternehmen. Die Verbraucher selbst können bei der für den Betrieb zuständigen Behörde einen Antrag stellen. „Die Behörde ist verpflichtet, nach einem Monat zu antworten – in Ausnahmefällen nach zwei Monaten, nämlich dann, wenn es die Behörde für nötig erachtet den betreffenden Betrieb anzuhören“, so Sarmadi. Es gehe um Transparenz und ein „Ende der Geheimniskrämerei“. Jeder habe das Recht, zu erfahren, wie es in seinem Lieblingsrestaurant zugehe.
Die Liste der angefragten Betriebe in Dresden reicht vom teuren Restaurant bis zum Imbiss, vom asiatischen bis türkischen Lokal ist alles dabei. Darunter auch zahlreiche Bäckereien und Fleischereien. Aber eines ist klar: Auf der Liste stehen nur Gaststätten und Betriebe, von denen ein Hygienebericht angefordert wurde. Das heißt nicht, dass in diesem auch Mängel bestehen. Doch darüber herrscht Verunsicherung bei den Gastronomen. Wissen ihre Gäste wirklich, dass eine Anzeige bei Foodwatch erst mal nur Interesse an einem Hygienebericht bedeutet und nicht automatisch auf Missstände hinweist?
„Menschen, die sich damit nicht befasst haben, können das noch gar nicht differenzieren und vermuten gleich, dass in einem Laden Maden herumkrabbeln“, befürchtet Marc Arendt, Chef vom Ringhotel Alt Dresden. Das Portal von Foodwatch betrachtet er kritisch. Hygienekontrollen seien gut und sinnvoll. „Aber selbst wenn in einem Bericht der Behörden Mängel angezeigt werden, sind das auch Dinge wie ein kaputter Schrubber“, so Arendt. Er müsse zum Beispiel in seiner Restaurantküche an jedem Kühlschrank Zettel kleben haben, in die täglich die Temperatur eingetragen wird. Fehlt diese einmal, sei das schon ein Mangel. Zweimal pro Jahr und immer unangemeldet kommen die Kontrolleure zu Arendt, so wie in alle anderen Betriebe.
Kommt lieber selbst in meinen Laden und macht euch eurer eigenes Bild – das wünscht sich Simone Meyer-Götz, die mit ihrer Schwester Susanne zusammen die „Curry&Co“.-Imbisse betreibt. Auch sie betont, Hygienekontrollen seien wichtig, aber den Weg über das Internet findet sie schwierig. „Wenn ich so einen Bericht anfordere, weiß ich doch nie, was für Mängel das genau sind und ob sie nicht inzwischen wieder behoben wurden“, sagt sie. In jedem Betrieb fände sich etwas zur Beanstandung und sei es eine kaputte Fliese in der Küche. „Bei uns verfärben sich durch das Curry-Pulver zum Beispiel die Dichtungsringe am Kühlschrank. Im Bericht steht dann, bitte tauschen, aber das hat doch keine Auswirkung auf die Speisen.“
Auch Bäckermeister Andreas Wippler fürchtet, das die Seite Foodwatch dem Ruf der gemeldeten Betriebe schaden könnte. „Gerade in unserer Branche geht es um Vertrauen. Kann ich mich auf meinen Bäcker verlassen?“ Einer, dessen Restaurant bei Foodwatch angefragt wurde und der darüber spricht, ist Wolfgang „Wolle“ Förster von Sushi und Wein. „Ich habe nichts zu verheimlichen, meine Berichte können alle lesen“, so der Gastronom. Eigentlich würden Sushi-Läden vierteljährlich kontrolliert, er sei aber auf halbjährlich runtergestuft worden.
Das zuständige Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt der Stadt meldet 132 eingegangene Anfragen über die Website. Erste Anfragen seien bearbeitet und die Kunden informiert worden. Das sei aber sehr aufwendig. Das Amt betont auch, dass die Bearbeitung nicht zulasten der regulären Kontrollen gehen dürfe und es dabei zu längeren Bearbeitungszeiten kommen wird. Außerdem gibt es bereits jetzt mehrer Fake-Anfragen, die mit falschen Daten abgefragt wurden. Rechtliche Schritte dagegen werden laut Stadt geprüft.
Rechtliche Schritte gegen Foodwatch kündigt auch Dresdens Dehoga-Chef Axel Klein an. „Die Veröffentlichung widerspricht dem Datenschutz.“ Seine Mitglieder hätten zumindest ein Recht, zu erfahren, wer sie gemeldet hat. „Das Portal führt außerdem zu Denunziantentum unter den Konkurrenten.“
Von Julia Vollmer
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