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Gröners Baustellen in Leipzig: Was der Bauunternehmer geschafft hat – und was nicht

Von Plagwitz bis Schönefeld sind mehrere Großvorhaben ins Stocken geraten, auch machen dem bekannten Projektentwickler Insolvenzanträge zu schaffen. Einige Vorhaben könnten trotzdem fertig werden. Hier gibt es den Überblick.

Lesedauer: 6 Minuten

Blick auf die Plagwitzer Höfe, ein Bauprojekt der Unternehmensgruppe von Christoph Görner.
Blick auf die Plagwitzer Höfe, ein Bauprojekt der Unternehmensgruppe von Christoph Görner. Quelle: Andre Kempner

Jens Rometsch

Leipzig. Es ist schon eine Weile her, dass Christoph Gröner zu den größten Immobilienentwicklern Deutschlands gehörte. Doch in Leipzig hat er unbestreitbar viele Spuren hinterlassen – und offenbar auch noch viele Pläne. 2018 gab seine damalige CG-Gruppe bekannt, sie würde bundesweit Vorhaben im Umfang von nahezu zehn Milliarden Euro verfolgen. Davon entfielen immerhin weit mehr als zwei Milliarden auf Leipzig.

Doch der Höhenflug hielt nicht an. Heute kann man Gröners Leipziger Projekte im Grunde in vier Kategorien einteilen: die fertiggestellten Vorhaben, die unvollendeten, die abgegebenen und schließlich jene Projektgesellschaften, für die in den letzten Tagen Insolvenzanträge gestellt wurden.

Die fertiggestellten Vorhaben

Seit dem Umzug von Karlsruhe 1995 konnten Gröners Firmen in Leipzig Tausende Wohnungen schaffen. Es begann mit dem Sanieren einzelner Denkmalschutz-Häuser. Das erste größere Vorhaben war das alte Zahnradwerk „Joliot Curie“ an der Arthur-Hoffmann-Straße 175 in Connewitz. Dort entstanden 140 Wohnungen, ein Konsum und ein Fitnesscenter mit Schwimmbad. Im Hof kamen 15 Gartenhäuser (eine Art Reihenhäuser) hinzu, um mehr Mietfläche zu gewinnen.

Bald standen Dutzende Gründerzeithäuser in der Referenzliste: so die Sternwartenstraße 27, Münzgasse 9, August-Bebel-Straße 47, Alfred-Kästner-Straße 72 und Kurt-Eisner-Straße 39, um bloß mal im Leipziger Süden zu bleiben. An der Jahnallee/Tschaikowskistraße wurde 2007 ein ganzer Block mit dem Namen „Blüthner Carré“ fertiggestellt. Die Häuser gehörten einst zur DDR-Autowerkstatt „Zschaus Garage“, nun zog unter anderem ein betreutes Wohnen der Firma Advita ein.

Zu den Bauprojekten, die Gröners Firmen schon lange fertiggestellt haben, gehört das „Blüthner-Carré“ im Waldstraßenviertel. Es umfasst sechs Gründerzeithäuser an der Jahnallee und Tschaikowskistraße.
Quelle: Andre Kempner

Nicht nur entlang der Chopin-, Insel-, Salomonstraße im Graphischen Viertel folgten etliche Häuser – dort verwandelte die CG-Gruppe auch die frühere Druckerei „Interdruck“ zu 177 Wohnungen. Aus der Ruine vom Leipziger Kommissions- und Großbuchhandel (LKG) in der Prager Straße wurden 330 Wohnungen, aus den Bleichertwerken in Gohlis 234 Wohnungen und eine Kita.

Neubauten errichtete der Konzern beispielsweise mit „Schumanns Gärten“ (200 Wohnungen) in der Dresdner Straße und dem „Waldplatz Carré“ (74 Wohnungen) in der Friedrich-Ebert-Straße.

Christoph Gröner (56) und seine frühere CG-Gruppe haben das Baugeschehen in Leipzig viele Jahre mit geprägt. Doch seit etwa zwei Jahren hat der Nachfolge-Konzern mit einer Krise der Bau- und Immobilienbranche zu kämpfen.
Quelle: Andre Kempner

In der City restaurierte man den historischen Kaufmannshof in der Katharinenstraße 13 für ein eigenes Hotel der Marke „Groners“ sowie das „Kleine Joachimsthal“ an der Kleinen Fleischergasse. Aktuell sind dort das böhmische Restaurant Wenzel sowie das Hostel Five Elements zu finden.

Die unvollendeten Vorhaben

Sein wohl größter Coup gelang Gröner mit der Übernahme des früheren Rübesam-Areals in Plagwitz. Manfred Rübesam, ein Investor aus Bayern, wollte aus dem 18 Hektar großen Industriegebiet nach der Wende eine Hochhausstadt machen, also alles abreißen. Nach dessen Konkurs erwarben Holländische Blumenhändler im Verbund mit Gröner das Areal von einer US-Bank. Den Holländern ging ebenfalls bald die Puste aus.

Im Anschluss konnte Gröner günstig übernehmen. Inzwischen haben seine Unternehmen die allermeisten Gründerzeitbauten in den „Plagwitzer Höfen“ saniert und an 140 Gewerbetreibende vermietet. Dazu gehören Clubs wie das Täubchenthal und Elipamanoke, Firmen wie Spreadshirt und RTL, Handelsbetriebe wie der Toom-Baumarkt und die Plagwitzer Markthalle.

Allerdings gerieten mehrere Neubauvorhaben in Plagwitz ins Stocken. Zum Beispiel wurde im April 2022 Richtfest für den Umbau eines Büroriesen gegenüber vom Plagwitzer Bahnhof gefeiert. An der Naumburger und Engertstraße sollten dabei 88 Wohnungen und Gewerbeflächen entstehen, nebenan in der Weißenfelser Straße ein Parkhaus folgen. Doch vor Ort stehen immer noch Baugerüste, scheint Stillstand zu herrschen.

In der Limburgerstraße begann im Januar 2021 der Abriss einer Ruine, um Platz für Neubauten mit 105 Wohnungen zu machen. Sie sollten „spätestens Ende 2022″ bezugsfertig sein. Stattdessen ruhten in den letzten Monaten die Arbeiten. Am Mittwoch wurden viele Baugerüste demontiert, wobei offen blieb, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen für die Fertigstellung war.

Richtfest für diesen Büroriesen an der Plagwitzer Engertstraße wurde schon im April 2022 gefeiert. Im November 2024 stehen immer noch Gerüste an der Fassade.
Quelle: Andre Kempner

Meist schon mehrere Jahre überfällig sind auch große Gewerbeentwicklungen in anderen Stadtteilen. So wollte Gröners Konzern „bis 2024″ den Südteil vom einstmals größten Postbahnhof der Welt in Schönefeld fertigstellen. Und dafür 103 Millionen Euro investieren. Mit 29 Gleisen an 16 Bahnsteigen war die Bahnhofshalle einst ebenso leistungsstark wie der drei Jahre später eingeweihte Leipziger Hauptbahnhof.

Den Nord- und Westteil der Mega-Immobilie hatte Gröner bis 2021 saniert. Doch die eigentliche Bahnhofshalle und der historische Lokschuppen nebenan wirken nach wie vor verwittert.

Gegenüber früheren Ankündigungen stark verspätet haben sich auch große Gewerbeprojekte rings um die Dessauer Straße 7 in Eutritzsch („PetzschWork“, Volumen 129 Millionen Euro) und rings um die Dortmunder Straße 18 in Mockau-Süd („4Work“, Volumen 180 Millionen Euro).

Im künftigen Leipziger „Gaming-Haus“ läuft der Innenausbau. Im Erdgeschoss der Ritterstraße 42 soll dabei eine Gastronomie einziehen.
Quelle: Jens Rometsch

Lichtblicke sind, dass in den Paunsdorfer „Mansfeld-Hallen“ (für die frühere Maschinenfabrik in der Riesaer Straße 64 wurde im Juli 2021 Richtfest gefeiert) inzwischen abends wieder Licht brennt. Auch im geplanten „Gamingshaus“ in der Ritterstraße 42 tut sich nach langer Pause wieder etwas, scheint die Eröffnung kurz bevor zu stehen.

Die abgegebenen Vorhaben

Auf Druck des früheren Partners Consus hatte Gröner 2019 den Eutritzscher Freiladebahnhof verkauft. Käufer war die Imfarr aus Wien, sie ging vor wenigen Monaten pleite. Wann der Bau von 2600 Wohnungen auf dem 25 Hektar großen Gelände beginnen kann, ist derzeit unklar. Im Zuge der Trennung von Consus (benannte sich später um in Adler Group) überließ Gröner dem Partner im Jahr 2020 fünf größere Projekte in Leipzig.

Einst war es ein Vorhaben der Leipziger CG-Gruppe. Nun soll das „Ostforum“ am Ostplatz im Jahr 2025 fertiggestellt werden, allerdings durch die Adler Group als Bauherr. Über einer zweistöckigen Tiefgarage sind drei Häuser mit sieben, neun und elf Stockwerken entstanden.
Quelle: Andre Kempner

Sie betrafen das ehemalige Technische Rathaus in der Prager Straße 20-28 (inzwischen an die Stadt Leipzig verkauft), das Bürohaus-Ensemble „Ostforum“ am Ostplatz (soll 2025 fertig werden), den Neubau „Magnolia“ in Eutritzsch (die 187 Wohnungen in der Hamburger Straße sind fertig), ein noch leeres Baugrundstück in Connewitz am Wiedebachplatz und schließlich das Quartier Kreuzstraße (192 Wohnungen und Gewerbe an der Ludwig-Ehrhard-Straße). Dieses Projekt verkaufte Consus an den Leipziger Bauträger Quarterback Immobilien AG, der es gegenwärtig fertigstellt.

Projekte mit Insolvenzanträgen

In den letzten zwei Wochen wurden gegen Teile des Konzerns Insolvenzanträge gestellt. In Leipzig waren davon die Finanzierungsgesellschaft Gröner Group GmbH am Hauptsitz in der Eutritzscher Haferkornstraße 7 betroffen und außerdem Projektgesellschaften für Grundstücke in Wahren, Mockau, Schönefeld und Plagwitz.

Der vorläufige Insolvenzverwalter Philipp Hackländer (Kanzlei White & Case) bekam vom Amtsgericht Leipzig bereits Aufträge, die Vermögenssituation jener Firmen zu prüfen, die den Nordteil und den Westteil vom früheren Postbahnhof an der Adenauerallee entwickeln. Der Nordteil ist voll vermietet, im Westteil sind unter anderem ein Kurierdienst, ein Musik-Label und eine Filmproduktionsfirma ansässig. Ebenfalls eine Insolvenzprüfung läuft bereits für die frühere Schokoladenfabrik an der Pittlerstraße 33 in Leipzig-Wahren – auch das ist ein größeres Gewerbeprojekt.

Was wird aus dem größten Leipziger Wagenplatz „Karl Helga“? Für eine Projektentwicklungsgesellschaft, der das 1,4 Hektar große Grundstück an der Klingenstraße gehört, wurde nun ein Insolvenzantrag eingereicht. Die Stadt Leipzig und Gröner hatten bereits über die Fläche verhandelt.
Quelle: Wolfgang Sens

Nach Konzernangaben stammen alle Insolvenzanträge vom Gläubiger Emerald Advisory GmbH, welcher unlängst Forderungen über 83 Millionen Euro fällig gestellt hatte. In Leipzig sei diese Gesellschaft zudem an der Finanzierung von drei Projekten beteiligt gewesen, für die das Amtsgericht aber noch keine Entscheidungen getroffen habe.

Konkret gehe es dabei um den Ostteil des Postbahnhofs (mit dem historischen Lokschuppen), das Areal vom Wagenplatz „Karl Helga“ an der Klingenstraße in Plagwitz sowie die Gewerbeentwicklung „4Work“ an der Dortmunder Straße in Mockau. Für die hier jeweils zuständigen Projektgesellschaften habe Emerald also ebenfalls Insolvenzanträge gestellt, die das Amtsgericht aber bisher nicht aufgegriffen hat. Darüber hinaus sei Emerald an keinen anderen Vorhaben in Leipzig beteiligt gewesen.

Das Gebäude für den Plagwitzer Musikclub Täubchenthal in der Markranstädter Straße 1 hatte die CG-Gruppe bereits 2013 fertiggestellt.
Quelle: Andre Kempner

Am Donnerstag, 14. November, teilte Konzernsprecherin Eva Mommsen mit, dass die (nicht mit Insolvenzantrag konfrontierte) CG Group GmbH zwei Projekte in Erfurt verkauft habe. Dort sollten in der ehemaligen Traditionsbrauerei Braugold und im früheren Verlagsgebäude der Zeitung Thüringer Allgemeine insgesamt 374 Wohnungen entstehen. „Der in Leipzig beheimatete Projektentwickler CG Group GmbH begründet diesen Schritt damit, sich in Zukunft im Osten Deutschlands mehr auf Sachsen und seine Leipziger Projektentwicklungen konzentrieren zu wollen“, erläuterte Mommsen dazu.

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