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„Gute Rhetorik ist die Kombination aus drei Dingen“

Reden kann jeder – aber auch überzeugen? Welche Floskeln man vermeiden sollte, wie man Sprechen übt und welche Menschen schwierig sind, weiß Profi-Redner Florian Mück.

Lesedauer: 4 Minuten

Man sieht Florian Mück.

Die Hände werden feucht, die Knie weich. Gleich wollen die Kollegen ein paar überzeugende Argumente hören, die Chefin erwartet einen mitreißenden Vortrag. Doch springt der Funke auch wirklich über? Kommt die Botschaft, die man vermitteln will, tatsächlich an? Florian Mück weiß, wie das gelingt. Der 50-Jährige ist seit 15 Jahren Rhetoriktrainer und hat mehrere Bücher rund ums Reden geschrieben.

Was zeichnet einen guten Rhetoriker aus?

Das hat sich seit 2.300 Jahren nicht geändert. Seit Aristoteles wissen wir, was gute Rhetorik ausmacht. Sie ist die Kombination aus drei Dingen: Logos, Ethos, Pathos – also aus sinnergebenden Worten, Glaubwürdigkeit und emotionaler Ansprache.

Und die Botschaft? Wie verpacke ich die?

Gar nicht verpacken, klar formulieren. Nicht ankommen mit „Wir müssen reden“, nein, gleich auf den Punkt kommen, gerade wenn es um schlechte Nachrichten geht. Ich definiere Botschaft als Essenz des Gesamtinhalts einer Rede, eines Gesprächs in einem Satz. In Business-Präsentationen etwa sollte gerade mal eine halbe Minute vergangen sein, dann muss spätestens die Message rein. Und danach Argumente, um sie zu erklären, zu unterstützen, Mut zu geben, zu begeistern, je nachdem.

Gibt es denn dabei Killerphrasen, Wörter, die gar nicht gehen?

Mein Todfeind ist „quasi“, ein lateinisches Wort, das so viel heißt wie „gleich wie“. Wir verwenden es als Vergleich, wo es aber oft gar keinen Vergleich gibt. „Ich hatte quasi ein Jobinterview.“ War es nun so, oder so, oder wie jetzt? Die Formulierung „ein bisschen“ ist auch so ein Gewicht an einer Botschaft. Und das Triumvirat aus „denken“, „glauben“, „versuchen“. Denken ist nicht wissen, glauben ist Bibel und versuchen ist Yoda aus Star Wars, der so schön sagt: „Tu‘s oder tu‘s nicht, es gibt kein Versuchen.“ Also bitte nicht: „Wir versuchen, daran zu arbeiten.“ Lieber: „Wir machen es.“ Genauso überflüssig sind Verallgemeinerungen „immer“, „nie“, „wir alle“. Damit baut man Gegenwind auf, ohne es zu merken.

Was ist mit den sogenannten rhetorischen Fragen, deren Antwort eh schon bekannt ist? Überflüssig, oder?

Nein. Aus einem einfachen Grund: Zustimmung schafft eine gemeinsame Basis. Wenn ich meine Partnerin frage, ob wir nicht mehr für unsere Beziehung tun sollten, dann liegt ein Ja doch förmlich in der Luft. Und Zustimmung baut Skepsis ab.

Angenommen, ich schaffe es, auf diese ganzen Dinge zu achten, haue damit aber immer noch keinen vom Hocker. Was fehlt mir?

Der größte Erfolgsfaktor ist aus meiner Sicht Authentizität. Die Zutaten für eine authentische Rede lassen sich übrigens mit den Buchstaben HSV merken, klappt nicht nur bei Fußballfans (lacht): Honesty, die Ehrlichkeit, sincerity, die Echtheit – fühle ich das, was ich sage? – und vulnerability, die Verletzlichkeit. Unser Problem: Menschen ziehen gern eine Maske auf, weil sie sich unwohl fühlen, wenn sie über etwas Unangenehmes reden. Das ist falsch. Man muss es genauso sagen, wie man es fühlt oder gefühlt hat. Nacherleben schlägt Darüber reden. Wir sorgen uns darum, was andere denken könnten, wenn ich das jetzt erzähle. Alles unnötig. Keiner kann dich angreifen, sobald du verletzlich bist. Keiner kann was machen, wenn du beispielsweise grundehrlich sagst: „Ich könnte weniger Alkohol trinken.“

Was ist der schwierigste Typ Mensch, der einem gegenübersitzen kann?

Extrovertiert-negative Personen, also missmutige Menschen, oft Sarkasten mit lauter Stimme. Das sind die, die in Unternehmen die Teams kaputtmachen. Ich nenne sie die faulen Äpfel.

Wie begegne ich am besten einem faulen Apfel?

Rausschmeißen. Und wenn das nicht geht: Säulen hoch, auf denen die faulen Äpfel stehen. Meine Mama, die jetzt 91 ist, sagt immer: Menschen, deren Säulen du hochschraubst, lieben dich, Menschen, deren Säulen du runterschraubst, hassen dich. Heißt: Negativ-extrovertierte Meckerer muss man loben. Oder doch lieber wegrennen (lacht).

Wegrennen geht ja nicht immer, zum Beispiel, wenn ich mich direkter Kritik ausgesetzt sehe. Wie gehe ich damit souverän in einem Gespräch um?

Das große Problem ist, dass der Mensch enorm negativ ist. Deswegen ist Kritik, wenn du sie nicht trainiert hast, fast immer schlichtweg Genörgel, gut erkennbar zum Beispiel am Wörtchen „zu“: zu schnell, zu langsam etc. Solch negatives Feedback ist Gift. Denn wenn du es bekommst, denkst du lieber „Idiot“, statt wirklich etwas zu ändern. Oder du bist schnell in der Defensive und gibst Feedback aufs Feedback, was so nutzlos ist wie ein Aschenbecher auf dem Motorrad. Das Einzige, was man in einer solchen Situation noch machen kann: nicken, lächeln, Danke sagen. Sonst nichts.

Bringt einen in der Sache aber nicht viel weiter …

Leider richtig. Daher fordere ich konstruktives Feedback ein. Ich möchte, dass meine Kursteilnehmer das benennen, was besser gehen könnte und immer auch einen Vorschlag machen oder einen Wunsch äußern, wie. Nur so erreicht man auch Verbesserung.

Sich beherrschen, Feedback annehmen, auf Formulierungen achten: Klingt alles anstrengend und nach viel Übung.

Ist es auch. Alle guten Redner waren schlechte Redner am Anfang, , auch Martin Luther King Jr. Rhetorik ist eine Technik, die sich erlernen lässt. Dazu gehört auch das entsprechende Reagieren auf Kritik, das ist alles erlernbar. Wir trainieren so viel in unserem Leben, doch was ist mit unserer Kommunikation?

Einen Profitipp dafür bitte!

Stellt euch vor den Spiegel, übt eure Mimik, euer Lächeln, eure Körpersprache und seht, wie ihr auf andere wirkt. Damit arbeitet ihr an eurem Charisma. Das ist auch nur eine Technik, es ist nicht alles angeboren! Der große Schauspieler Jim Carrey sagte mal: „Mein bester Freund ist der Spiegel.“ Also nur keine Scheu!

 Das Gespräch führte Sylvia Miskowiec

Florian Mück war als Berater und Business Development Manager für die Beratungsfirma KPMG tätig, bevor er 2009 seine Karriere als Vortragsredner, Rhetoriktrainer und Autor begann.

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