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Häuser aus Stroh bauen oder dämmen – diese Firma aus Kamenz kann es

Mit ihren Holz-Stroh-Modulen hat sich die Lorenz-Systeme GmbH bereits europaweit einen Namen gemacht. Die Kundschaft wird von Kamenz aus betreut.

Lesedauer: 3 Minuten

Man sieht Andreas Nitsch mit seinen Strohmatten.
Andreas Nitsch ist von Anfang an bei der Lorenz Systeme GmbH am Start und leitet heute den Kundendienst des Unternehmens von Kamenz aus. Aktuell dämmt er sein eigenes Haus mit den neu entwickelten Strohmatten. © Matthias Schumann

Von Ina Förster

Kamenz. So eine 20 Zentimeter dicke Strohmatte wiegt kaum etwas und ist in Nullkommanichts an der Wand. „Wird nur gedübelt“, sagt Andreas Nitsch und bringt das nächste Element an seinen Altbau in Kamenz. Bald soll es Winter werden und die natürliche Dämmung aus Stroh muss bis dahin fertig sein. Inklusive Kalkputz, der darüber kommt.

Für den 50-Jährigen gab es keine Frage, wie er sein eigenes Haus wärmer bekommt. Schließlich arbeitet er für die Firma, die nachhaltige Stroh-Holz-Module entwickelt, produziert und europaweit verkauft. Die Strohmatten sind die neueste Entwicklung für Bestandssanierungen.

Produktion in Polen und Kundendienst in Kamenz

Die Lorenz Systeme GmbH ist Marktführer in ihrer Branche und hat ihren Firmensitz zwar im nordsächsischen Taucha bei Leipzig. Doch die Kundenbetreuung wird seit Jahren von Kamenz aus gesteuert. Das Büro befindet sich an der Bautzener Straße.

Anfragen kommen mittlerweile aus ganz Europa. Europaweit findet man auch zahlreiche Objekte, die aus dem Holz-Stroh-System errichtet wurden. Die sogenannte DD-Serie komme gut an bei Leuten, die ökologisch denken und bauen wollen. DD bedeutet nichts weiter als „Dobry Dom“, was wiederum „Gutes Haus“ heißt und so eine Hommage an die Manufaktur ist, die sich in Polen befindet.

Das Stroh komme von den Feldern dort ansässiger Bauern. Kurze Lieferwege, ökologischer Anbau und noch ein Zubrot für die Landwirte vor Ort – das sei das Credo der Firma. 16 Mitarbeiter groß ist das Team. Auch wenn die Baubranche aktuell einen leichten Knick habe, sehe man optimistisch in die Zukunft.

Noch vor drei Jahren hatte Lorenz Systeme über eine Verlagerung der Produktion nach Nebelschütz nachgedacht – mit vollautomatischer Strecke. „Doch für eine Automatisierung war die Zeit nicht reif“, erklärt Andreas Nitsch. Das Projekt in einer Lagerhalle nahe Kamenz wurde ad acta gelegt. Die Expansion der Firma ging trotzdem weiter.

Uralter Baustoff Stroh feiert seine Renaissance

„Wir haben aktuell mehrere Schwimmhallen in Oberhausen im Ruhrgebiet mit unseren Modulen wärmesaniert“, sagt Andreas Nitsch. Fünf Stück, um genau zu sein. Weitere Anfragen aus der Region konnten eruiert werden. Das Ganze sei immer ein bisschen ein Selbstläufer, wenn vor Ort gebaut werde. „Die Zeiten, als man uns mit unseren Strohbauelementen als Spinner abgetan hat, sind lange vorbei“, weiß er. Der uralte Baustoff Stroh erlebe gerade eine Renaissance.

Das Hauptaugenmerk der Produktion läge auf klimafreundlichen, nachhaltigen Montagesysteme – aus Stroh und Holz. Vom Dach über Wände bis zu Bodenplatten kann der Bauherr alles ordern. „Wir schneidern dem Kunden nach seinen Plänen ein passgerechtes Angebot zusammen. Die Elemente sind alle leicht zu montieren und auch Laien können damit bauen“, sagt der Kamenzer. Man brauche im Grunde überspitzt gesagte nur einen Kran, eine Wasserwaage und einen Akkuschrauber, schmunzelt er.

Bayerischen Förderpreis für Solarmodul erhalten

Die Firmengründer haben handfeste Vorkenntnisse auf dem Gebiet. Vor allem Moritz Reichert verfügt über eine mehr als 20-jährige Praxis beim Errichten und Dämmen von Gebäuden aus Holz und Stroh. Er zog vor vielen Jahren nach Polen, wo er die Manufaktur aufbaute.

Der geschäftsführende Mitgesellschafter Rainer Schmidt aus Taucha hat darüber hinaus eine mehr als 20-jährige Erfahrung als Diplom-Ingenieur für regenerative Energietechnik und verantwortet die Geschäftsentwicklung sowie den Vertrieb. Andreas Nitsch als Dritter im Bunde entwickelt passende Maschinen und ist Verbindungsmann zur Kundschaft.

„Badebox“ in Kamenz gehört zu Prestigeobjekten vor Ort

Dass die Module durchaus für Furore in der Branche sorgen, ist Fakt. Für die Entwicklung des solaraktiven Bauelements „DD34 sunny“ erhielt die Firma 2022 sogar den „Bayerischen Förderpreis Nachwachsende Rohstoffe 2022“ – ein Ritterschlag. „Zurzeit arbeiten wir mit einem Architekturbüro an der praktischen Umsetzung des Ganzen“, erläutert Andreas Nitsch.

Ob Ferienhäuser in Frankreich, Tiny-Häuser in Tschechien und Polen, eine Schule in Markersdorf, ein individuelles Wohnhaus in Rheinland-Pfalz – Lorenz System ist gut gebucht. Auch in Kamenz steht bereits ein Häuschen dieser Art. Anne Hasselbach und Jan Eickhoff von der Alten Baderei ließen sich eine „Badebox“ aus Holz-Stroh-Elementen in den Garten setzen, in der künftig Übernachtungen möglich sind. Für die Projektidee gab es den Innovationspreis beim Ideenwettbewerb 2022 „Sachsen kann mehr“.

Ältestes Strohhaus steht seit über 100 Jahren im Elsass

Die natürlichen Boden-, Decken- und Wandmodule sind übrigens auf alle möglichen Anforderungen geprüft. Ob Brandschutz, Nagetierschutz, Schalldämmung und Schadstoffe – alles unterliegt strengen Auflagen. „Ökologie ist unser Anliegen. Wir wollen enkeltauglich bauen“, erklärt Andreas Nitsch.

Das schließe ein, sich Gedanken zu machen, was morgen mit dem passiert, was man heute anschiebt. Von Dauer ist ein Strohhaus allemal: Im Elsass steht das älteste überhaupt. Es wurde 1921 errichtet.

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