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Halbleiter-Boom in Sachsen: Milliarden-Subventionen rechnen sich

TSMC und Infineon erhalten hohe Zuschüsse vom Staat für den Bau neuer Chipfabriken. Der Mittelstand befühlt sich benachteiligt. Die Wirtschaftsförderung Sachsen hat jetzt in einer Studie ermitteln lassen, welche wirtschaftlichen Effekte es für alle gibt.

Lesedauer: 3 Minuten

Man sieht die Baustelle für das Werksgelände der Halbleiter- und Chipfabrik ESMC in Dresden
Baustelle für das Werksgelände der Halbleiter- und Chipfabrik ESMC in Dresden - ein Gemeinschaftsunternehmen von TSMC, Infineon, Bosch und NXP. Die Entwicklung in der Halbleiterindustrie wird das Bruttoinlandsprodukt in Sachsen ab 2030 um sieben Prozent im Jahr erhöhen. Quelle: euroluftbild.de/Max Gaertner

Nora Miethke

Die Halbleiterindustrie in Sachsen entwickelt sich zu einem echten Wirtschaftsmotor über die Landesgrenzen hinaus. Laut einer aktuellen Studie im Auftrag der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH, die am Freitag in Dresden vorgestellt wurde, wird das Wachstum dieses Sektors in den kommenden Jahren die Wirtschaft des Freistaats nachhaltig beeinflussen. Die Ansiedlung des weltgrößten Chipauftragsfertigers aus Taiwan, TSMC, und die Expansion von Infineon führen zu einem wahren Boom, der weit über die Branche hinausreicht. Während der Bauphase der neuen Fabriken und Anlagen wird 2025 ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von rund 1,6 Milliarden Euro in Sachsen erwartet.

Da im Dresdner Norden vor allem große deutsche Baukonzerne Bagger fahren oder Kräne sich drehen lassen, ist der Wachstumseffekt für die anderen Bundesländer mit insgesamt 9,1 Milliarden Euro noch erheblich höher. In der Produktionsphase, die 2030 voll angelaufen sein soll, dreht sich das um. Dann rechnen die Autoren der Studie vom Institut für Innovation und Technik in Berlin in Sachsen sogar mit einer Steigerung von 12,6 Milliarden Euro im Vergleich zu einem Szenario ohne diese Investitionen und mit einem Plus von 8,7 Milliarden Euro für die anderen Bundesländern. Die Halbleiterindustrie wird dann die Wirtschaftsleistung Sachsens um sieben Prozent pro Jahr erhöhen und ihren Anteil an der Industrieproduktion nahezu verdoppeln.

Neue Jobs und attraktive Verdienstmöglichkeiten

Die Studie prognostiziert bis 2030 etwa 24.200 neue Arbeitsplätze in Sachsen. Diese Jobs entstehen nicht nur in der Halbleiterproduktion selbst, sondern auch in Zulieferbetrieben, Dienstleistungen und Logistik. Für das Jahr 2026/27 erwartet man zunächst 5.500 direkte neue Stellen in der Halbleiterindustrie und weitere 9.900 indirekte Arbeitsplätze. Die Verdienstaussichten in dieser Branche sind ebenfalls attraktiv: Beschäftigte in der Halbleiterindustrie verdienen im Schnitt 4.545 Euro monatlich brutto, was deutlich über dem Durchschnittsgehalt in Ostdeutschland liegt. Das wird mit 3.157 Euro angegeben.

Sachsens Halbleiterstandort bringt auch erhebliche Vorteile für die regionale Infrastruktur und Innovationskraft mit sich. Die Branche lockt Zulieferer und Dienstleister aus vielen Bereichen an, von Maschinenbau über Software bis hin zu Dienstleistungen. Investitionen in Bildung und Forschung sind ebenfalls notwendig, um die Region langfristig attraktiv und wettbewerbsfähig zu halten. Innovative Projekte in der „grünen Mikroelektronik“ sowie Fortschritte in der Ressourceneffizienz werden unterstützt, was den Standort auch international wettbewerbsfähiger macht.

Studienautor Marc Bovenschulte verwies darauf, dass sich die hohen staatlichen Subventionen in zehn bis 15 Jahren durch höhere Steuereinnahmen und Sozialabgaben auch für die Kommunen rechnen würden. Der Bund unterstützt den Bau der Chipfabrik von TSMC in Dresden mit fünf Milliarden Euro, Infineon erhält rund eine Milliarde Euro an Subventionen für die Erweiterung.

Eine globale Herausforderung: Fachkräftemangel

Eines der Haupthindernisse für das geplante Wachstum könnte der Fachkräftemangel sein. Da das regionale Arbeitskräftepotenzial begrenzt ist, wird Sachsen verstärkt auf Zuwanderung angewiesen sein – und zwar nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus anderen europäischen Ländern und darüber hinaus. Die Halbleiterindustrie, die international vernetzt ist, bietet hierfür beste Voraussetzungen. Ein interessantes Land, wo um Fachkräfte geworben werden sollte, sei Indien. „Denn Indien baut eine eigene Chipindustrie auf. Das erleichtert indische Fachkräfte nach Auslandsaufenthalten die Rückkehr in die Heimat“, erläuterte Bovenschulte. Die Wirtschaftsförderung Sachsen will eine Vertretung in dem bevölkerungsreichsten Land der Welt aufbauen.

Die Halbleiterindustrie Sachsens ist bereits heute stark exportorientiert, und die Bedeutung der Exporte wird in den kommenden Jahren voraussichtlich noch zunehmen. Schätzungen zufolge könnte der Anteil der Exporte am Bruttoinlandsprodukt bis 2035 auf etwa 36 Prozent ansteigen, was zeigt, wie sehr Sachsen auch international eine Rolle spielen wird.

Ausblick: Sachsen als innovativer Hightech-Standort

Die Zukunft der sächsischen Halbleiterindustrie sieht vielversprechend aus. Durch Automatisierung und Fortschritte im Maschinenbau – einer sächsischen Stärke – könnte der Standort auch langfristig wettbewerbsfähig bleiben, selbst in einem Hochlohnland wie Deutschland. Ein weiterer Schwerpunkt für die kommenden Jahre wird das Chip-Design sein, das innovative Anwendungen in Bereichen wie Künstlicher Intelligenz unterstützen kann.

„Es ist richtig, auf das Thema Halbleiter zu setzen. Die Subventionen sind strategische Investitionen des Staates“, betonte Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD). Jetzt komme es darauf an, dass der Freistaat vorbereitet sei bei den drei großen Herausforderungen: Verfügbarkeit von Flächen, Fachkräften und Facilities. Dulig schlägt vor, eine Metropolregion zu definieren und zu gründen, um diese „3F“-Herausforderungen gemeinsam anzugehen.

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