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Ihr Herz schlägt für Kühe: Vanessa Graf ist Sachsens Milchprinzessin

Schon als Dreikäsehoch stieg die Bautzenerin auf einen umgekippten Eimer, um Kühe zu melken. Inzwischen liegt eine Ausbildung in der Agrofarm Göda hinter der 24-Jährigen - mit Best-Noten.

Lesedauer: 3 Minuten

Man sieht Sachsens Milchprinzessin, Vanessa Graf mit ihren Kühen
Am liebsten ist sie bei den Kälbern. Vanessa Graf hat ihre Ausbildung zur Tierwirtin bei der Agrofarm Göda mit Bestnoten beendet - und ist nun Sachsens Milchprinzessin. Quelle: Steffen Unger

Miriam Schönbach

GödaNedaschütz. Den kleinen Kälbchen in ihrer Gruppe ist völlig egal, ob da eine Prinzessin mit Silberschmuck und Schärpe kommt. Neugierig strecken sie ihre Mäuler Vanessa Graf entgegen, während sie die strohbedeckte Kindergartenstube in der Milchviehanlage in Nedaschütz betritt. „Kühe haben einfach was. Sie sind sehr dankbar. Es ist enorm, wie die Tiere die eigenen Impulse wahrnehmen. Sie mögen leise Töne“, sagt die Tierwirtin ganz ruhig und lächelnd. Die 24-Jährige hat gerade ihren Abschluss mit dem Prädikat „Beste Auszubildende in Sachsen“ gemacht. Aber eben nicht nur das: Die Bautzenerin ist auch die aktuelle Milchprinzessin im Freistaat.

Nachdem das Foto gemacht ist, nimmt Vanessa Graf das Diadem schnell wieder aus dem Haar. Es ist zu spüren, die Mitarbeiterin der Agrofarm Göda fühlt sich viel wohler in grüner Latzhose und T-Shirt. 800 Kühe mit Nachwuchs stehen in der Anlage in Nedaschütz. Die ältesten Ställe in dem kleinen Dorf bei Göda sind aus dem Jahr 1963, der jüngste Bau wurde 2019 in Betrieb genommen. 13 Mitarbeiter kümmern sich hier um die Milchkühe und den Nachwuchs, zwei Drittel sind Frauen, inklusive der leitenden Managerin Constanze Wachter. Gelernt hat jene 1985 noch im Vorgängerbetrieb, der LPG.

Die Agrofarm hat noch eine eigene Lehrausbilderin

„Vorbild“, nennt Vanessa Graf ihre Chefin. „Sie hat ein wahnsinniges fachliches Wissen“, sagt die junge Facharbeiterin. Deren Weg zum Traumberuf führte allerdings nicht geradlinig in die Milchviehanlage der Agrofarm Göda. Obwohl sie eigentlich hätte wissen müssen, dass die Landwirtschaft ihr Berufswunsch Nr. 1 ist. Schließlich sitzt die Tierwirtin schon als gut Vierjährige bei Opa Helmut auf dem Traktor im landwirtschaftlichen Familienbetrieb in Baruth. Damals gibt es auf dem Hof Rinder, Schweine, Hühner, Hasen und zwei Pferde im Stall. Selbstverständlich klettert die Kleine als Dreikäsehoch auf einen umgestülpten Eimer, um beim Melken zu helfen. Auch die Eltern sind Landwirte.

„Meine Mitschüler und Freunde haben immer gedacht, dass ich in die Landwirtschaft gehe“, sagt Vanessa Graf. Stattdessen macht sie nach der Schule aber erst eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin, arbeitet auch in dem Beruf, der ihr Spaß macht. Doch irgendwann zieht es sie wieder in die Landwirtschaft. Sie bewirbt sich als Tierwirtin mit der Fachrichtung Rinderhaltung, wird bei der Agrofarm zum Vorstellungsgespräch und zur Betriebsbesichtigung eingeladen. 2022 beginnt sie die Lehre. Das Besondere an ihrem Ausbildungsbetrieb ist, dass es noch eine eigene Lehrausbilderin gibt, die sich um den Nachwuchs kümmert. Acht Auszubildende lernen aktuell im Unternehmen, sagt dessen Geschäftsführer Bernhard John.

Die Frühschicht im Stall beginnt um 5.30 Uhr

Vanessa Graf hat inzwischen einen unterschriebenen Arbeitsvertrag – und will bleiben. Schon früh hat sie als sogenannte Herdenmanagerin Verantwortung für Tiere und Personal in den Ställen in Nedaschütz übernommen. In der Frühschicht beginnt ihr Arbeitstag 5.30 Uhr, das heißt, 4.30 Uhr geht es raus aus den Federn. „Ich stehe jeden Morgen gern auf. Dann gibt es Kaffee mit viel Milch“, sagt die junge Frau.

Ihr erster Weg in der Anlage führt sie durch alle Gruppen, der Blick richtet sich auf das Wohlergehen ihrer tierischen Schützlinge. Merke: Eine Kuh muss am Futter stehen und fressen oder liegen und wiederkäuen. „Das ist das Beste“, sagt Vanessa Graf. Ihre Lieblingsschicht ist bei den Kälbern. Bei der Abschlussprüfung zählte aber keine Leidenschaft, sondern schlichtweg Wissen in Fütterung, Wirtschaftskunde, Zucht und Haltung. Im praktischen Teil hieß es unter anderem Melken und eben Kälberaufzucht. Als Abschlussnote gab es ein „Sehr gut“ für die Milch-Genießerin.

Die Milchkönigin kommt aus Mittelsachsen

Denn die Bautzenerin mag nicht nur die Kühe, sondern auch Käse, Joghurt und Milch in allen Varianten. Das sind beste Voraussetzungen für eine Milchprinzessin. Im Amt ist Vanessa Graf seit April 2024. „Meine Lehrer an der Berufsschule in Löbau haben mich auf den Aufruf aufmerksam gemacht“, sagt sie. Sieben Bewerberinnen gab es für das Botschafter-Amt, beim Casting mussten die Kandidatinnen nicht nur einen Vortrag über Milch halten, sondern auch Handmelken am Gummieuter. Eine Jury entschied sich schließlich für die Oberlausitzerin.

Zu ihren Aufgaben zählen Repräsentationspflichten für den Sächsischen Landesbauernverband bei Hoffesten, Messen oder im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums. Übrigens leistet sich Sachsen neben der Milchprinzessin auch eine Milchkönigin. Sie heißt Jenny Krawczyk und arbeitet in der Polkenberger Agrargenossenschaft eG in Leisnig. Zwei Jahre dauern die hoheitlichen Amtszeiten.

Doch Vanessa Graf braucht nicht nur für die Milchprinzessinnen-Auftritte einen eigenen Terminkalender. Ihr Arbeitsalltag taktet sich demnächst neu. Die Facharbeiterin beginnt 2025 an der Berufsakademie Dresden ein duales Agrarmanagement-Studium. Das heißt, drei Monate Schulbank-Drücken, drei Monate Arbeit bei der Agrofarm Göda. Ein bisschen Respekt hat sie vor der Zeit in Seminarräumen und Hörsälen. Doch sie nimmt die Herausforderung gern an und weiß ja, dass ihre tierischen Lieblinge nach wie vor in der Milchviehanlage in Nedaschütz warten.

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