In Kamenz entsteht ein Fasslager für 38 Millionen Liter Jägermeister
Jägermeister investiert an seinem Standort in Kamenz und baut ein riesiges Fasslager. Am Mittwoch wurde Richtfest für einen nicht alltäglichen Bau gefeiert.
Kamenz. Für die etwa 60 Beschäftigten des Kamenzer Jägermeister-Werkes war es das erste Mal, dass sie einen Blick in ihr neues Fasslager werfen konnten. Am Mittwoch feierte das Unternehmen mit den Bauleuten und anderen an der Errichtung Beteiligten Richtfest an dem Neubau. Die Mitarbeiter zeigten sich begeistert angesichts der Größe, aber auch der Bauweise, in der das neue Lager in die Höhe wächst. Eine Richtkrone gab es nicht, denn das Dach ist schon fertig. Und so wurden die Feierlichkeiten in eine der drei Hallen verlegt, die zum neuen Lager gehören.
Die Zahlen können sich hören lassen. Mast-Jägermeister investiert rund 17,6 Millionen Euro in den Kamenzer Standort. Das Fasslager hat eine Kapazität von 225 Eichenfässern, in denen der Jägermeisterextrakt für 55 Millionen 0,7-Liter-Flaschen lagern wird. Rechnet man das Ganze hoch und ist das Lager später einmal gefüllt, lagern in Kamenz dann rund 38 Millionen Liter Jägermeister.
So soll es aussehen, wenn das neue Fasslager von Jägermeister in Kamenz fertig sein wird. Quelle: Entwurf: Code Unique
Doch nicht nur die riesige Menge ist eine Besonderheit, sondern auch der Bau an sich. Der rund 140 Meter lange und 45 Meter breite Komplex entsteht in Holzbauweise. An sich nichts Ungewöhnliches, aber in ihm werden Gefahrenstoffe gelagert, zu denen auch Kräuterlikör gehört.
„Es war für uns eine große Herausforderung, alle Bestimmungen, die damit verbunden sind, in diesem Holzbau umzusetzen“, sagt Architekt Jörg Petrick. Es mussten der Brandschutz und der Gefahrenschutz besonders beachtet werden, es gab unzählige Absprachen mit allen Beteiligten.
Wir wollen nachhaltig bauen. Schon in einem Spruch von Jägermeister-Gründer Kurt Mast von vor 90 Jahren ist vom Respekt vor der Natur die Rede. – Christopher Ratsch, Vorstand der Mast-Jägermeister SE
Eines war dem familiengeführten Unternehmen Jägermeister und dem Vorstand von vornherein klar: „Wir wollen nachhaltig bauen. Schon in einem Spruch von Jägermeister-Gründer Kurt Mast von vor 90 Jahren, der heute alle Flaschen ziert, ist vom Respekt vor der Natur die Rede“, sagte Vorstandsmitglied Christopher Ratsch bei seiner Rede zum Richtfest.
Bei einem Rundgang erklärt Architekt Jörg Petrick (r.) die besondere Bauweise des neuen Fasslagers. Quelle: hasselbach_an
Diese Nachhaltigkeit kommt im Holzbau zum Tragen. So sind das komplette Tragwerk und auch die Wände aus Holz. Rund 1250 Quadratmeter wurden verwendet. „Holz, das Kohlendioxid aufgenommen hat und somit mit dafür sorgt, dass der komplette Bau als CO₂-neutral eingestuft werden kann“, erklärt der Architekt. Hinzu kommen noch Solarpaneelen auf dem Dach.
Das neue Fasslager ist in drei Hallen unterteilt, die mit Brandschutzmauern aus Stahlbeton voneinander getrennt sind. Fenster gibt es keine. Gesteuert werden sollen die Prozesse von bereits existierenden Fasslagern im Kamenzer Werk. Beschäftigte wird es also im neuen Lager nicht geben.
Der Prozess läuft so ab, dass der Jägermeisterextrakt, also die geheime Gewürzmischung für den Likör, im Stammwerk in Wolfenbüttel hergestellt, mit Tankwagen nach Kamenz gebracht und dann über Leitungen vom Fahrzeug in die Fässer gepumpt wird. Dort lagert der Jägermeisterextrakt etwa ein Jahr bei einer gleichbleibenden Temperatur von 16 bis 18 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent. „Die Fässer werden vor der Benutzung neutralisiert“, erklärt Nikola Finke vom Bereich Unternehmenskommunikation von Jägermeister.
Das heißt, dass, anders als zum Beispiel bei der Whisky-Lagerung, so wenig Geschmacks- oder Geruchsstoffe vom Fass wie möglich auf den Jägermeister übertragen werden. Es soll der reine Kräutergeschmack bleiben. Im Übrigen stammen die Kräuter zu 70 Prozent von biozertifizierten Produzenten.
Angestoßen wird zum Richtfest natürlich mit Jägermeister. Quelle: hasselbach_an
Nach der Lagerung im Fass kommt der Kräuterextrakt wieder über Leitungen in die Produktion, wo dann durch Zusatz von weiteren Stoffen wie Wasser, Alkohol und Zucker der eigentliche Likör entsteht. Dieser kommt dann in die Flaschen und zur Auslieferung. „Von Kamenz aus beliefern wir Abnehmer in ganz Deutschland und Europa. Das Werk ist nicht speziell auf Osteuropa oder Skandinavien ausgerichtet“, erklärt Nikola Finke.
Hier sind die Dimensionen der neuen Lagerhallen für die Fässer von Jägermeister zu erkennen. Quelle: hasselbach_an
Zimmermann Marcel Ari, der den offiziellen Akt des Richtfestes übernahm, schilderte, dass im April 2024 dann der erste Erdaushub erfolgte. „Der Bau ging schnell voran, jetzt stehen wir schon in der Halle“, sagte er und bedankte sich gleichzeitig bei allen Beteiligten. Drei Gläser Jägermeister musste er beim Richtspruch trinken, bevor das kleine Glas auf dem Boden zerschellen konnte. Mit ihm stießen die 140 Gäste an – natürlich auch mit dem Kräuterlikör.
Ich war etwa 30 Jahre, als Jägermeister hier bei uns in Kamenz begann. Roland Dantz, Kamenzer OB
Für den Kamenzer OB Roland Dantz (parteilos) war das Richtfest einer der schönsten Augenblicke in seiner Laufbahn. „Ich war etwa 30 Jahre, als Jägermeister hier bei uns in Kamenz begann, und ich wäre gern bei der Einweihung des neuen Fasslagers dabei“, sagt er. Ob das gelingt, hängt vom weiteren Baufortschritt ab, denn der OB ist nur noch bis zum 30. November dieses Jahres im Amt. Bis dahin will Jägermeister fertig sein, spricht von einer Eröffnung des neuen Fasslagers noch in diesem Jahr.
Begünstigt durch mehrere Faktoren begann in Sachsen bereits vor etwa 200 Jahren die Industrialisierung: Die geografische Lage, eine leistungsfähige Landwirtschaft