Michael Rothe und Florian Reinke
Dresden. Ostern ohne Eier ist wie Weihnachten ohne Striezel! Undenkbar? Bis zum Auferstehungsfest ist zwar noch sieben Wochen Zeit, aber für alle Lieferanten von Meister Lampe steht fest: Diesmal werden Eier knapp.
Zum einen essen die Deutschen mehr Eier, seit die nicht mehr als Cholesterintreiber gelten. „Andererseits gibt es durch die Vogelgrippe viel weniger Legehennen“, sagt Fabian Riedel, Geschäftsführer des Großenhainer Geflügelhofs. Auch würden die Hauptlieferanten in den Niederlanden, Skandinavien und der Türkei ihre Eier lieber teuer in die USA verkaufen. Dort seien wegen der Geflügelpest 35 Millionen Hühner getötet worden, koste ein 20-Cent-Ei mittlerweile gut das Fünffache. Auch aus Polen, wo ebenfalls viele Tiere geschlachtet werden mussten, kämen weniger Eier auf den deutschen Markt.
„Derzeit ist die Nachfrage nach Eiern höher als das Angebot. Das führt zu Engpässen“, bestätigt Birgit Brendel von der Verbraucherzentrale Sachsen. Das Sortiment sei nicht immer in aller Breite im Handel vorzufinden.
Sachsen ist fünftgrößter Eierproduzent Deutschlands
Bislang war Sachsen, laut Statistischem Landesamt mit fast 892 Millionen Eiern pro Jahr Deutschlands fünftgrößter Produzent, von der Seuche verschont geblieben. Doch jetzt ist sie auch dort angekommen: Ausbruch bei einem Zuchtbetrieb im Landkreis Leipzig. Um eine Ausbreitung zu verhindern, wurden im betroffenen Unternehmen in Grimma am Wochenende alle rund 100 Vögel getötet.
Deutschlandweit wurden seit Jahresbeginn 18 Ausbrüche in Geflügelhöfen gezählt. Nach Angaben von Sachsens Geflügelwirtschaftsverband gibt es im Freistaat etwa 1330 Betriebe mit vier Millionen Legehennen. Die allermeisten Höfe hätten aber keine 100 Hühner, sagt der Vorsitzende, Fabian Riedels Vater Christian.
Ihr Familienbetrieb beliefert den Groß- und Einzelhandel sowie Wochenmärkte. Die gefiederten Mitarbeiterinnen haben pro Tag acht Stunden Auslauf im Freiland. Es gibt einen überdachten Wintergarten und in Ruhe- und Bewegungszonen spezielles Licht. Während die Work-Life-Balance der 120.000 Legehennen stimmt, haben die rund 50 Beschäftigten trotz Eierknappheit viel zu tun. „Weil wir von anderswo zukaufen, vertreiben wir ja nicht weniger“, erklärt der Geschäftsführer. Jedoch müssten die Eier, bislang lose auf Paletten verschickt, nun aufwendig sortiert und verpackt werden.
Eier werden teurer, sind aber immer erhältlich
Noch verspürt der Einzelhandel keine Engpässe. Die Liefermengen seien abgesichert, heißt es etwa von Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen. „Bio- und Freilandeier sind im Moment etwas knapper, aber wir sind gut aufgestellt“, sagt eine Sprecherin. Auch der Konsum Leipzig wird nach eigenen Angaben „regulär versorgt“. Zu Ostern seien aus Sicht der Genossenschaft „keine Abweichungen zu erkennen“.
Produzenten und Abnehmer berufen sich auf langfristige Kontrakte. Auch die Teigwaren Riesa GmbH sichert Menge und Preis für ein ganzes Jahr ab. Die Produktion der Nudelfabrik mit 150 Beschäftigten laufe „ganz normal“, sagt Geschäftsführer Henrik Christiansen. Er verfolge die Entwicklung bis zur nächsten Verhandlungsrunde im Sommer intensiv. 30 Prozent der Riesaer Produkte seien auf Eier angewiesen.
Angesichts der Umstände sind Eier derzeit bei Discountern sogar billiger als im Großhandel. Nach Angaben der Verbraucherzentrale Sachsen liegen die durchschnittlichen Eierpreise aber bereits um etwa 40 Prozent über denen von 2020. Für Februar vermeldet das Statistische Landesamt einen Anstieg um 4,2 Prozent zum gleichen Vorjahresmonat – bei insgesamt leicht auf 2,3 Prozent gesunkener Inflationsrate. Die Preise werden weiter anziehen, sind Experten überzeugt.
Eins stellt Fabian Riedel vom Großenhainer Geflügelhof aber klar: Eier würden zwar knapp, seien aber auch zu Ostern immer verfügbar – „wenn auch nicht in jeder Haltungsform und Güteklasse“. Zum Hamstern gebe es also keinen Grund, zumal Eier – anders als etwa Klopapier – nur einen Monat uneingeschränkt haltbar sind.
SZ