Ulrich Wolf und Moritz Schloms
Dresden. Das Weihnachtsgeschäft läuft gut, wie üblich um diese Jahreszeit sind Dresdens Einkaufsmeilen brechend voll. Die Dresdner suchen nach den passenden Geschenken. Wem die Center gehören, in denen sie shoppen, dürfte den meisten ziemlich egal sein. Selbst viele der Ladenbesitzer haben mit den Eigentümern fast nie zu tun, große Shoppingmeilen werden oft von zwischengeschalteten Centermanagements verwaltet.
Warum es spannend und wichtig sein kann, den tatsächlichen Eigentümer zu kennen, zeigt das Beispiel Schillergalerie. Der Eigentümer beendete den Mietvertrag mit der Kinokette Cinemaxx, Ladenbesitzer und Kunden fragen sich seit Monaten: Wie geht es weiter? Die Verwaltungsfirma scheint es auch nicht zu wissen – und der Eigentümer? Schwer zu finden.
Schillergalerie: Alle Spuren führen nach Katar
Die Suche nach dem Eigentümer führt durch ein Dickicht aus Briefkastenfirmen und Gesellschaften, die in Ländern mit niedrigen Unternehmenssteuern sitzen. Im Grundbuch der Stadt steht nach Angaben der Verwaltung die Bader Amar SAS in Paris als Eigentümer. Wem diese gehört, darüber schweigt sich unter anderem die für die Schillergalerie zuständige Immobilienverwaltung aus.
Dabei handelt es sich um die Estama Gesellschaft für Real Estate Management GmbH. Ihr Sitz ist in Berlin, der Gesellschafterliste im Handelsregister zufolge gehört sie mehrheitlich einem 68 Jahren alten Geschäftsmann aus Südengland. Die Estama-Repräsentantin in Dresden verweist lediglich auf die französische Bader Amar. Auch seitens der Stadt Dresden heißt es: „Wir haben tatsächlich keinen direkten Ansprechpartner beim Eigentümer, sondern nur die Adresse in Paris.“
Diese Adresse, das ist die Avenue Hoche 8 in Paris, gut einen Kilometer entfernt vom Arc de Triomphe. Ein repräsentatives Bürgerhaus aus der Gründerzeit mit kleinen schmiedeeisernen Balkonen vor den Fenstern. Die Firma hat keine Angestellten und keinen Internetauftritt.
Als Präsident der Gesellschaft fungiert ein Pakistani mit britischer Staatsangehörigkeit, der in Katar lebt. Ihr Geschäft macht die Bader Amar mit dem „Erwerb und/oder der Vermietung von Grundstücken, Gebäuden, Immobilien und Immobilienrechten“.
Mehrheitseigentümerin der Bader Amar ist demnach eine Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in Luxemburg: die 2011 gegründete Aquarelle Germany S.A. In dieser Firma, die ebenfalls ohne Beschäftigte agiert, ist der 50 Jahre alte Simar Jamak Khan der Dreh- und Angelpunkt. Er lebt ebenfalls in Katar und hat allein an der bekannten Adresse in Paris 26 Firmen registriert.
Als Direktor der Luxemburger Firma arbeitet jedoch ein Italiener, ein Anwalt, in einem Büro auf der Steuerparadies-Insel Jersey im Ärmelkanal. Dort endet die Spurensuche. Handels- und Firmenregister sind dort nicht zugänglich.
Kaufpark Nickern und Elbepark: In der Hand der Krieger-Familie
Sie sind wirklich für die Massenkundschaft nahe der A17 und der A4 gebaut: der unlängst neu gebaute Kaufpark Nickern sowie der Elbepark. Die CMC Center Management GmbH – mit der übrigens recht außergewöhnlichen Homepage www.kuddeldaddeldu.de – hat hier das Sagen. Benannt ist sie nach den Kinderbetreuungsbereichen in den Einkaufszentren. Bis vor einem Jahr noch gehörte die Gesellschaft CMC dem Berliner Milliardär Kurt Krieger.
Dann übertrug der inzwischen 76-Jährige seine Gesellschafteranteile an seine 43-jährige Tochter Stephanie. Krieger hatte 1967 sein erstes Geschäft in Berlin-Wedding eröffnet: durch den Kauf des Möbelhauses Höffner. Heute gehören neben Möbel-Höffner auch Möbel-Kraft, Skonto und Möbel-Krieger zu seiner Unternehmensgruppe, deren Umsatz auf mehr als zwei Milliarden Euro geschätzt wird.
Das Vermögen Kriegers belief sich nach Angaben des Manager-Magazins im vorigen Jahr auf 1,4 Milliarden Euro; das ist Platz 174 unter den reichsten Deutschen.
Altmarktgalerie: Eine Immobilie des Hamburger Otto-Konzerns
Dresdens wohl bekanntestes Einkaufsmeile gehört einer Firma namens ECE Marketplaces GmbH & Co. KG. Die wiederum ist eine Tochterfirma der in Hamburg ansässigen Euroshop AG, die ausschließlich in Einkaufszentren investiert. Das sind derzeit 21 an der Zahl: 17 in Deutschland und jeweils eines in Polen, Österreich, Tschechien und Ungarn.
Größter Aktionär dieser Gesellschaft ist eine Beteiligungsfirma, bei der die Suche nach den Besitzverhältnissen schließlich bei der Hamburger Kaufmanns- und Milliardärs-Familie Otto sowie der US-Investmentgesellschaft Oaktree Capital mit Sitz in Los Angeles endet.
Centrum-Galerie: Franzosen und Amerikaner mischen mit
Die Suche nach den Eigentümern des Shoppingcenters Centrum-Galerie in der Fußgängerzone Prager Straße führt zunächst nach Duisburg. Dort residiert die Klépierre Management Deutschland GmbH. Mutterkonzern ist die börsennotierte Immobiliengesellschaft Kléppiere mit Sitz in Paris.
Die Franzosen managen 70 Einkaufszentren in zehn europäischen Ländern, darunter vier in Deutschland. Der Konzern erlöste in den ersten neun Monaten dieses Jahres gut 1,2 Milliarden Euro; davon blieben 784 Millionen Euro Gewinn übrig. Und wem gehört Kléppiere?
Das sind vor allem international tätige Investmentgesellschaften von Banken wie der norwegischen Zentralbank. Größte Klépierre-Aktionärin ist das US-Immobilienunternehmen Simon Property aus Indianapolis, dem größten Betreiber von Shopping-Malls in den USA.
QF-Passage: Über Frankreich nach Kanada und China
Die vornehme QF-Passage am Neumarkt zählt zum Portfolio der R&M Immobilienmanagement GmbH. Diese Gesellschaft wiederum gehört seit September 2021 zum Reanovo-Konzern in Essen, der allein in Deutschland rund 130.000 Wohnungen und Gewerbeeinheiten verwaltet. Doch damit ist nicht Schluss. Reanovo ist mehrheitlich im Besitz der Immobilienfirma Emeria Europe aus Antony bei Paris. Deren Hauptinvestoren stammen aus der Schweiz, aus Kanada sowie aus China.
Seidnitz-Center: Wenn’s ums Geld geht – Sparkasse
Gut elf Jahre ist es her, als das Seidnitz-Center pleiteging. Vier Jahre hatte dann ein Insolvenzverwalter das Sagen, bevor er es 2017 an die in der Schweiz ansässige Partners Group Holding AG sowie an die in London beheimatete Arax Properties Ltd. verkaufte. Die Investmentgesellschaften hielten das Center zwei Jahre, dann trennten sie sich davon wieder.
Neuer Eigentümer ist seitdem die Deka, die Immobiliengesellschaft der deutschen Sparkassen. In deren Fonds der Untergesellschaft Westinvest schlummert seitdem das Seidnitz-Center. Eine weitere, darin enthaltene Dresden-Immobilie ist das World Trade Center. Insgesamt verwaltet Westinvest 55 Objekte, 47 davon in Deutschland.