Von Annett Kschieschan
Dresden. Neben einigen guten, gab es zuletzt vor allem schlechte Nachrichten aus der Wirtschaft: Stellenabbau, Kurzarbeit, Abwanderung und – die Zahl der Insolvenzen steigt. Vor diesem Hintergrund schauen viele Unternehmen pessimistisch auf die nächsten Monate. Das zeigt ein Blick auf das aktuelle Sachsenbarometer.
Tief im Verarbeitenden Gewerbe
Nach einer leichten Besserung ist die Stimmung hier wieder merklich gesunken. Das Gleiche gilt für die Zahl der Aufträge in der Branche. Besonders betroffen sind Investitionsgüterhersteller. Die schwache Nachfrage in der Automobilindustrie lässt auch die Erwartungen für die nächste Zeit auf niedrigem Niveau. Jeder dritte Euro wird in Sachsen im Fahrzeugbau verdient. Hier ist die Angst besonders groß. „Steigende Lohnkosten und sinkende Auftragseingänge führen bei einigen Betrieben bereits zu Entlassungen und Kurzarbeit“, so Thomas Schulz, Prokurist bei Creditreform in Dresden. Hoffnungsschimmer ist die Halbleiterbranche, in der bis 2030 über 90.000 Menschen Arbeit finden sollen. Derzeit sind es rund 76.000.
Dienstleister bleiben skeptisch
Auch die Dienstleistungsbranche bleibt skeptisch, schiebt vor allem im unternehmensnahen Bereich Investitionen auf und stoppt sie ganz. Die Erwartungen an die Zukunft sind eher pessimistisch. Auch hier wirken die steigende Zahl der Insolvenzen und die insgesamt schlechte Wirtschaftslage stark auf die Stimmung.
Etwas Hoffnung im Handel
Erstmals nach vielen Monaten blickt dagegen der Handel ein wenig optimistischer in die Zukunft. Der Geschäftsklimaindex steigt leicht – genau wie der Umsatz der Branche im Vergleich zum Vorjahr. Allerdings: Entgegen dem Bundestrend machen sich sächsische Händler weiter große Zukunftssorgen. „Bei einer unsicheren wirtschaftlichen Entwicklung sinkt traditionell das Konsumvertrauen und die Sparquote steigt an“, erklärt Thomas Schulz weiter.
Weniger Baugenehmigungen
Die Anzahl der Baugenehmigungen sank im 1. Halbjahr in den neuen Bundesländern um 31,5 Prozent, der Umsatz der Bauunternehmen im Freistaat um 4,5 Prozent. Der Geschäftsklimaindex auf dem Bau bleibt unverändert und wenig hoffnungsvoll. „Während die Baubranche bundesweit mit einem Plus von 28 Prozent sehr stark mit Unternehmensschließungen kämpft, verzeichnet das Baugewerbe in Sachsen lediglich einen Anstieg der Insolvenzen von rund drei Prozent“, so Thomas Schulz. Durch die „deutliche Reduzierung der Baugenehmigungen“ werde sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt insbesondere in Dresden und Leipzig infolge der steigenden Nachfrage bei geringerem Angebot weiter verschärfen. Die Kommunen könnten gegensteuern, indem sie preiswertes Bauland zur Verfügung stellen und mit schnellen Genehmigungsprozessen punkten.
Immer mehr Insolvenzen
Die Lage bleibt schwierig. Nach Auskunft der Creditreform Dresden meldeten allein in den ersten beiden Quartalen 2024 bundesweit insgesamt 11.000 Firmen Insolvenz an, ein Anstieg von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. „Die Insolvenzen in Deutschland haben den höchsten Stand seit fast zehn Jahren erreicht. Die Unternehmen kämpfen im ersten Halbjahr 2024 weiter gegen die Auswirkungen der Rezession von 2023, anhaltende Krisen und die kraftlose konjunkturelle Entwicklung in diesem Jahr“, so Thomas Schulz. Das wirke sich nicht nur negativ auf die Geschäftslage, sondern auch auf das Zahlungsverhalten aus. Kreditgeber versuchen demnach, Zahlungsausfälle zu vermeiden, indem sie großzügige Zahlungsfristen setzen. Diese Verlängerung der Fristen wiederum könne das auslösen, was es eigentlich verhindern soll: Zahlungsausfälle, da Außenstände eventuell nicht mehr beglichen werden können. Ein weiteres Problem in problembeladenen Zeiten.
Das Sachsenbarometer, der Wirtschaftsindikator der „Wirtschaft in Sachsen“, erscheint in Kooperation mit der Dresdner Niederlassung des Ifo Instituts-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. und der Wirtschaftsauskunftei Creditreform Dresden.