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Kommentar zum Finanzloch bei Sachsens Flughäfen: So sind die Airports noch zu retten

Dem landeseigenen Flughafenkonzern steht das Wasser finanziell bis zum Hals. Höchste Zeit für eine Bestandsaufnahme – und ein paar Gedankenspiele. Ein Kommentar von Michael Rothe.

Lesedauer: 3 Minuten

Man sieht die Anzeigentafel eines Flughafens.
Am Flughafen in Dresden starten und landen nur noch wenige Flieger. © Jürgen Lösel/SZ

Von Michael Rothe

Als Volkmar Stein 1990 erstmals zum maroden Flughafen Leipzig-Schkeuditz kam, war er überzeugt, dass dort mal die Post abgeht. Der Mann, wenig später Chef der Airports von Leipzig und Dresden sowie nach der Jahrtausendwende und bis 2006 auch von deren Mutter Mitteldeutsche Flughafen AG (MFAG), sollte recht behalten. Und er hatte selbst großen Anteil, dass die Posttochter DHL 2008 bei der Messestadt ihr Luftfrachtkreuz eröffnete.

Stein legte mit wegweisenden Konzeptionen das Fundament für den milliardenschweren Ausbau der Flughäfen. Dresden verdankt ihm ein schickes Terminal und die neue verlängerte Landebahn. Andere Träume blieben unerfüllt: die Kooperation mit Berlin, Leipzig als Standort für Interkontinentalflüge, Dresden als Drei-Länder-Airport Sachsen-Polen-Tschechien.
Am Montag jährt sich der Todestag des Visionärs und Bauingenieurs zum zweiten Mal. Ironie des Schicksals: Just am selben Tag entscheidet sich auch die Zukunft seiner MFAG-Erben, die ein Finanzloch von 145 Millionen Euro stopfen müssen. Bei der Aufsichtsratssitzung geht es zuerst um die Bilanz 2023, die weitere Finanzierung durch Sachsen und Sachsen-Anhalt und um neue Bankkredite – kurz: um nicht weniger als das Überleben des landeseigenen Flughafenkonzerns. Und es geht mal wieder um die Frage: Braucht Sachsen zwei Airports, und kann sie sich der Freistaat, mit gut 77 Prozent Hauptanteilseigner, überhaupt leisten?

Sachsen braucht seine beiden Flughäfen

Ja, Sachsen braucht seine Airports: Den in Leipzig als Europas viertgrößten Frachtflughafen ebenso, wie den in der Landeshauptstadt – Zentrum von Kultur und Wissenschaft und Heimat von Silicon Saxony, untermauert durch jüngste Investments von TSMC & Co. Beide Standorte sind wichtige Wirtschaftsmotoren, und in mehr als 220 dort ansässigen Firmen arbeiten über 17.200 Menschen. Kritiker monieren überdimensionierte, zu nahe Flughäfen in einer dünn besiedelten Region mit relativ geringer Kaufkraft und zu wenig Migranten, die dann und wann in ihre Heimat düsen.

Nachbarschaft taugt kaum als Gegenargument, denn anderswo funktioniert es auch. Die Entfernung Düsseldorf–Köln-Bonn ist kaum halb so groß wie die zwischen Sachsens Metropolen. Auch Stuttgart und Karlsruhe, Hamburg und Bremen sind sich näher und stehen nicht infrage. Ebenso wenig sind DRS und LEJ überdimensioniert. Schließlich wurden sie für ein Einzugsgebiet ausgebaut, dass drei Bundesländer und den grenznahen Raum Polens und Tschechiens umfasst.

Als Stein einst seine Pläne vorstellte, wurde der von Ex-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf in Bayern angeworbene Experte des „Münchner Größenwahns“ bezichtigt. Er erzählte später gern von den Anfängen – auch, dass die erste Wartehalle in Schkeuditz ein Bierzelt war.

Dresden hat nicht halb so viele Passagiere wie Leipzig

Die Zeit der Interimslösungen ist vorbei. Seit gut zwei Jahrzehnten sind zwei ebenso schöne wie teure Terminals Sachsens Tore zur Welt. Nur herrscht dort oft Tristesse – vor allem in Sachsens Hauptstadt. Dem Airport, der sich mit dem Beinamen „International“ schmückt, droht die Bedeutungslosigkeit. Er zählte bis Ende Mai nur noch 302.000 Reisende, weniger als in Münster-Osnabrück und nicht halb so viele wie in Leipzig und in Weeze am Niederrhein.

Zu lange waren Billigflieger für Dresden und Leipzig ein No-Go. Als die MFAG aufwachte, hatten Ryanair & Co den Kuchen aufgeteilt, blieben nur kurze Intermezzi mit unattraktiven Zeiten und wenig Anschlüssen. Nur einer der Managementfehler. Zudem sind die Flüge hierzulande deutlich teurer als im Westen.

Klar könnten beide Flughäfen überleben: mit abgespeckter Verwaltung, fähiger Führung, besserer Vermarktung von Dresden, ICEs, die an Leipzigs Terminal nicht vorbeifahren sondern halten, Mit- statt Gegeneinander – bis hin zu einem Shuttleservice, mit Transparenz und Ehrlichkeit der Entscheider. Ihre sechsstellige Jahresgage finanziert der Steuerzahler. Er erwartet Leistung für sein Geld und will wissen, wo es bleibt. Und man muss sich um lärmgeplagte Anwohner und ihre Sorgen kümmern. Dann fragt auch keiner mehr, ob es zwei Flugplätze braucht.

Optionen: DRS runterfahren oder in LEJ nur noch Fracht

Für eine nachhaltige Lösung sollte jedoch alles auf den Prüfstand. Ohne Denkverbote. Die Rollen sind verteilt: Dresden hat zu etwa 70 Prozent Linienverkehr, 30 Prozent sind Charterflüge. In Leipzig ist es umgekehrt. Die Einzugsbereiche teilen sich an der Linie Chemnitz–Riesa.

Ein Ansatz: Dresden, Ende 2025 ohnehin von Lotsen in Leipzig ferngesteuert, à la Hamburg-Finkenwerder auf ein Minimum runterfahren. Der Sonderlandeplatz auf dem Werksgelände von Airbus hat eine Piste, auf der zu Tests, Auslieferungen, Materialtransporten pro Tag bis zu 15 Maschinen starten und landen. Dresden ist analog Heimatbasis der Elbe Flugzeugwerke, die Airbusse wartet, zu Frachtern umrüstet, Bodenplatten und Komponenten herstellt. Im Terminal würde der Weg frei zum Umbau in eine Multifunktionshalle mit bis zu 9.000 Plätzen für Sport- und andere Events, womit einige liebäugeln.

Eine andere Alternative: In Leipzig nur noch Fracht. Womöglich übernimmt ja DHL den Airport? Dresden könnte seine Passagiere aufnehmen und so bei offensiver Vermarktung – auch jenseits der Grenze zu den Nachbarn – doch die einst prognostizierte Kapazität von drei Millionen Reisenden erreichen. Man wird ja wohl mal träumen dürfen, oder?

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