Sie brauchen kein Urlaubssemester, um zu sich selbst zu finden, schreiben nicht aller drei Minuten eine Whatsapp-Nachricht und können sich vorstellen, eine Woche zu arbeiten, ohne an Burnout zu erkranken?
Wer diese Vorgaben erfüllt, kann bereits einen von insgesamt elf Punkten auf einer Checkliste abhaken, die jetzt das Meißner Krematorium in Form einer Anzeige veröffentlicht hat.
Der Betrieb hat mit einem solchen Tonfall bereits sehr gute Erfahrungen gemacht. Anfang vergangenen Jahres ging eine ähnliche Annonce durch die Medien und sorgte deutschlandweit für Aufsehen sowie vor allem viel Belustigung.
Krematoriumschef Jörg Schaldach schrieb damals in seinem Text unter anderem: „Du kannst Dich mit Grundnahrungsmitteln selbst versorgen, weißt, wozu Dusche, Deo und Waschmaschine notwendig sind, und kannst ein Fahrzeug führen.“
Die Resonanz sei enorm gewesen, hunderttausendfach sei die Anzeige in den sozialen Medien geteilt worden, berichtete Schaldach im Anschluss an die Aktion und präsentierte eine Klarsichthülle mit Briefen und Postkarten: Schreiben von Menschen, welche sich gar nicht auf die Stelle bewarben, aber Schaldach für den offenen Ton der Anzeige dankten.
So gesellschaftskritisch hatte der Krematoriumschef ursprünglich gar nicht sein wollen. Effektiv gingen letztlich 154 Bewerbungsschreiben ein, ein 32-jähriger Coswiger machte das Rennen.
Allerdings werden diese Art der Öffentlichkeitsarbeit und die Geschäftsstrategie des Krematoriums nicht überall positiv gesehen. Der im hessischen Butzbach lebende gebürtige Meißner Gert Krockert meldet sich regelmäßig kritisch zu Wort.
Seiner Ansicht nach führt das aufgrund der hohen Effektivität niedrige Preisniveau des Städtischen Bestattungswesens Meißen zu, nach Meinung Krockerts, unethischen Sammeltransporten. Der mit Meißner Stadträten besetzte Aufsichtsrat des kommunalen Unternehmens sieht dies anders.
Von Peter Anderson
Foto: © Archiv/Claudia Hübschmann