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Hoffnungsschimmer für das Volkswagenwerk Zwickau – bleibt der Cupra?

Bei VW im Stammwerk Wolfsburg werden Sonderschichten gefahren. Grund ist die starke Nachfrage nach dem Tiguan. Warum das in Zwickau aufhorchen lässt – und was das mit dem in Sachsen gebauten Cupra Born zu tun hat.

Lesedauer: 4 Minuten

Andreas Dunte

Leipzig. Im VW-Werk in Zwickau verfolgt man genau, was am Konzernsitz im niedersächsischen Wolfsburg vor sich geht. Eine Äußerung von Konzernbetriebsrats-Chefin Daniela Cavallo hat die Belegschaft in Sachsen jetzt aufhorchen lassen. Dabei geht es um die Auslastung des Werks in Niedersachsen. Warum das zugleich wichtig ist für die Auslastung in Zwickau.

Zurzeit läuft es für Volkswagen besser als erwartet. Die Zukunft, da sind sich zahlreiche Experten sicher, sei zwar elektrisch – und im Mai wurden in Deutschland auch rund 18 Prozent mehr E-Autos zugelassen als im Vorjahresmonat. Doch noch immer fahren die meisten Kunden auf Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren ab. Nur etwas mehr als jedes sechste neue Auto ist ein elektrisches.

Sonderschichten in Wolfsburg

Am Beispiel des Tiguan mit herkömmlichem Antrieb bekommt das Volkswagen exemplarisch zu spüren. Weil die Nachfrage nach dem SUV so groß ist, sind im Stammwerk in Niedersachsen Sonderschichten nötig.

Vor diesem Hintergrund gibt es das Gerücht, dass VW nicht wie vorgesehen das Elektromodell Cupra Born von Zwickau nach Wolfsburg abzieht. Die im vergangenen Dezember heftig kritisierte Tarifeinigung sah genau das vor: Um in Wolfsburg für mehr Auslastung der Bänder zu sorgen, weil der Golf nach Mexiko verlagert werden soll, verliert Zwickau neben dem Elektromodell der spanischen VW-Tochter Seat auch das E-Auto ID.3. Zudem geht der ID.4 ins Werk nach Emden (ebenfalls Niedersachsen).

Der Verbleib des Cupra Born in Zwickau würde dem sächsischen Standort durchaus helfen. – Dirk Vogel, Zuliefernetzwerk AMZ

Daniela Cavallo ging jetzt auf einer Betriebsversammlung in Wolfsburg auf das besagte Gerücht um den Cupra Born ein. „Dazu sage ich Euch:“, ist im Intranet von Volkswagen zu lesen. „Die neue starke Nachfrage nach dem Tiguan reicht zusammen mit dem ID.3 nach derzeitigem Stand aus, zukünftig die Montagelinie 1 wieder voll auszulasten. Jeder Cupra Born, den wir hier in Wolfsburg an der Montagelinie 1 bauen würden, wäre also ein Tiguan weniger. Also gilt: Der Cupra Born kommt nur dann nicht nach Wolfsburg, wenn das Tiguan-Volumen das zulässt.“

Bei VW Sachsen heißt es dazu, dass noch nichts entschieden sei. Ein Sprecher des Unternehmens verweist auf die nächste Planungsrunde im November. Traditionell wird in solchen Runden die Werksbelegung und die Verteilung der Investitionen für die nächsten Jahre festgelegt.

Verbleib in Zwickau wäre wichtiges Signal

Für das Zwickauer Werk wäre der Verbleib des Spaniers ein wichtiges Signal, heißt es aus dem Betriebsrat des noch größten sächsischen Autoproduzenten. Nach der Standortvereinbarung vom Dezember soll in Zwickau zwar nicht mehr auf zwei, sondern nur noch auf einer Linie produziert werden – und zwar nur noch der Audi Q4 e-tron in zwei Varianten. Ob das reicht, um das Werk wirtschaftlich zu betreiben, ist unklar, sagt ein Betriebsratsmitglied im Gespräch mit dieser Zeitung.

Rund 120.000 Fahrzeuge müssen mindestens auf einer Linie pro Jahr gefertigt werden, um das Werk wirtschaftlich zu betreiben. Wie viele Audis im Vorjahr in Sachsen vom Band gelaufen sind, dazu will sich die Geschäftsführung nicht äußern. Man bitte um Verständnis, dass man die Produktionszahlen einzelner Modelle nicht kommunizieren könne.

Blick in eine der Montagehallen der Volkswagen Sachsen GmbH in Zwickau. In dem Werk werden verschiedene Elektroautos der Konzernmarken Volkswagen, Audi und Seat produziert.
Blick in eine der Montagehallen der Volkswagen Sachsen GmbH in Zwickau. In dem Werk werden verschiedene Elektroautos der Konzernmarken Volkswagen, Audi und Seat produziert.
Quelle: IMAGO/Uwe Meinhold

Ein Blick in den Audi-Geschäftsbericht bringt allerdings Aufschluss: Dort steht, dass im vergangenen Jahr 86.507 Audi Q4 e-tron gebaut wurden, nach 101.145 im Jahr zuvor.

Ein Teil der Fahrzeuge ist für den Markt in Übersee bestimmt. Angesichts des Zollstreits mit den USA ist offen, wie sich der Absatz künftig gestaltet.

Betriebsrat sieht Vorstand in der Pflicht

Auch vor diesem Hintergrund sieht der Zwickauer Betriebsratschef Uwe Kunstmann den Konzernvorstand bei der Auslastung des sächsischen Standortes in der Pflicht: „Im Tarifergebnis haben wir eine Mindestabsicherung der Fabrikfahrweise für unseren Standort ab 2027 festgehalten. Sollte in diesem Zusammenhang der Verbleib des Cupra Born in Zwickau möglich sein, wäre das eine Variante, um den Standort wie vereinbart auszulasten“, sagte Kunstmann der in Chemnitz erscheinenden Freien Presse.

Von Seat ist bekannt, dass der Cupra Born im Vorjahr in einer Auflage von rund 40.000 produziert wurde.

„Der Verbleib des Cupra Born in Zwickau würde dem sächsischen Standort durchaus helfen“, sagt auch Dirk Vogel vom Automobilzuliefernetzwerk AMZ. Sofern die Auslastung in Wolfsburg auch ohne den Spanier gegeben ist, sei Umzug ohnehin wenig sinnvoll. „Man darf nicht vergessen, dass die Neueinrüstung der Bänder für den Bau des Cupra Born in Wolfsburg ordentlich Geld kostet. So etwas will gut überlegt sein.“

AMZ-Chef: Zwickau braucht neue Modelle

Der AMZ-Experte lenkt den Blick aber auf eine nach seiner Meinung viel größere Baustelle: Audi. Nach Aussagen von Audi-Chef Gernot Döllner sieht es ganz danach aus, dass die Ingolstädter bereits in Kürze über eine eigene Produktion von Fahrzeugen in Nordamerika entscheiden, eben wegen der hohen Einfuhrzölle. „Verbunden damit ist die Frage, was bedeutet das langfristig für die Auslastung der deutschen Werke, wenn Audi in den USA fertigt?“, so der AMZ-Geschäftsführer.

„Der Vorstand von VW hat 120.000 Fahrzeuge für Zwickau zugesagt und bisher schon mehrfach bestätigt. Wenn also Cupra zusätzlich zu den Audi-Fahrzeugen in Zwickau gefertigt werden können, ist dies auf jeden Fall positiv“, so Dirk Vogel weiter.

Wichtig ist vor allem, dass Zwickau neue Modelle bekommt und dass das Werk auf die neue Elektroplattform SSP umgerüstet wird. Die aktuelle Plattform, auf der im Werk die Modelle von Audi, VW und Seat vom Band laufen, ist der Modulare Elektrobaukasten (MEB). Der Konzern ist dabei, diese Plattform durch den Nachfolger SSP zu ersetzen. Ab 2028 soll der Umstieg erfolgen.

Geschäftsführung, Betriebsrat und Gewerkschaft sollten auf die Umrüstung drängen, denn das ist die Voraussetzung, bei künftigen Planungsrunden für neue Modelle überhaupt mitspielen zu können.

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