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Künstliche Intelligenz „Made in Saxony“

Auf der 3. Digitalkonferenz des Freistaates reichte die Palette von Neurorobotern bis zu virtuellen Bergwerkrundgängen.

Lesedauer: 3 Minuten

Eine Reise in die digitale Zukunft, die Jahrhunderte zurück in der Vergangenheit endet. So ein Projekt ist auch für Dorothee Bär, Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, neu. So nahm sich die Staatsministerin im Bundeskanzleramt bei ihrem kurzen Rundgang über die Ausstellung auf dem „Forum Sachsen Digital“ am Montag dieser Woche in Chemnitz die meisten Minuten Zeit für die „Big Data Zeitmaschine“. Dahinter verbirgt sich ein europäisches Großforschungsvorhaben, in dem mithilfe von 4-D-Simulationen kilometerlange Archive und große Sammlungen von Museen in ein digitales Informationssystem umgewandelt werden sollen. Ziel ist es, 2000 Jahre europäische Geschichte abzubilden und durch den Zugriff auf die Daten aus der weit zurückliegenden Vergangenheit bessere Prognosen für die Zukunft ableiten zu können – etwa beim Thema Klimawandel. Koordiniert wird das Projekt für die deutschen Partner an der Technischen Universität (TU) Dresden. Insgesamt beteiligen sich europaweit 173 Einrichtungen und 20 Verbände.

Was Bär begeistert, ist „das Alleinstellungsmerkmal“. Europa mit seinem Schatz an jahrhundertealten Bibliotheken und Museen könnte hier bei der Digitalisierung endlich auch mal einen Vorsprung gegenüber den USA haben. In ihrem Grußwort an die rund 200 Teilnehmer der 3. Digitalkonferenz des Freistaates gab sie den Anschluss Deutschlands bei der Künstlichen Intelligenz nicht verloren. „Doch wir brauchen bei der Digitalisierung neue Bündnispartner, mit denen uns eine gemeinsame Wertebasis eint“, betonte Bär. Diese Partner sieht sie zum Beispiel in Japan und Kanada.

Entwicklung von Pflegerobotern

Das Bundeskabinett hat Mitte November eine Nationale Strategie für Künstliche Intelligenz beschlossen – mit dem Anspruch, das „Made in Germany“ auch bei der Entwicklung von Pflegerobotern, autonom fahrenden Autos und anderen Anwendungen zu einem digitalen Markenzeichen wird. Deutschland sei in der Grundlagenforschung spitze. Es müsse jedoch besser gelingen, dass aus den Forschungsergebnissen konkrete Lösungen werden, die den Alltag der Menschen erleichtern. „Dazu müssen wir den Gründergeist in Deutschland und die Zahl der Ausgründungen aus den Hochschulen stärken“, forderte Bär. Die Hochschulstandorte Dresden und Chemnitz seien da positive Beispiele, so die Staatsministerin gegenüber der SZ. Sie lobte auch den Freistaat dafür, sich eine eigene Digitalstrategie gegeben zu haben und sich auch an eGovernment-Projekten des Bundes zu beteiligen. Es habe keinen Sinn, dass jedes Bundesland einzeln seine eigene Plattform für die Beantragung von Wohngeld oder Elterngeld programmieren lasse, so Bär. Sachsen ist eines von zwei Pilotländern für die Einführung des digitalen Elterngeldes.

Aber auch die Teilnehmer hatten Wünsche an die Digitalministerin. „Wir brauchen schnelle Netze , sonst können wir bei der Künstlichen Intelligenz nicht mitspielen“, bat Jens Hertwig, Geschäftsführer der N+P Informationssysteme GmbH aus Meerane, Bär, sich für einen zügigen Glasfaserausbau in Ostdeutschland einzusetzen.

Das Digitalforum auf Einladung von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) diente zum Austausch, wie Künstliche Intelligenz zu einem sächsischen Wachstumsfaktor werden kann, der ethisch verantwortungsvoll und und am Gemeinwohl orientiert eingesetzt wird. „Wir begegnen diesem Zukunftsthema weder mit Angst noch mit blinder Technikgläubigkeit“, betonte Sachsens Wirtschaftsminister Dulig.

Fakultätsübergreifender Studiengang

Eine Ausstellung aktueller Projekte und interaktiver Anwendungen zeigte, wie vielfältig die sächsischen Hochschulen auf diesem Feld forschen. So wird zum Beispiel an der TU Chemnitz daran gearbeitet, eine enge Verbindung zwischen Robotik und Neurowissenschaften herzustellen, die die motorischen Fähigkeiten humanoider Roboter verbessern sollen. Die Universität bietet seit diesem Wintersemester den fakultätsübergreifenden Masterstudiengang „Human Factors“ an, der Kompetenzen in Psychologie, Arbeitswissenschaft und Mensch-Computer-Interaktion vermittelt, um das Zusammenwirken von Mensch und Technik zu verbessern. Ausgelegt sei der Studiengang bislang auf 50 bis 60 Studierende. Auf die Frage von Dorothee Bär, wie viele Frauen er erwarte, antwortete der Dekan für Informatik, Professor Wolfram Hardt, ausweichend: „Die Thematik ist natürlich für Frauen offen und international betrage die Frauenquote in solchen Fächern schon etwa 40 Prozent“. Aber nicht in Deutschland, da liegt sie unter zehn Prozent. Bär verabschiedete sich mit den Worten, sie werde nachfragen, wie viele Frauen ihren Master in Human Factors machen.

Zum Schluss besichtigte sie noch gemeinsam mit Dulig virtuell ein mittelalterliches Silberbergwerk unter der Stadt Dippoldiswalde, das 2002 entdeckt wurde. Das Landesamt für Archäologie Sachsen lässt eine frei verfügbare App entwickeln, mit der Bürger und Touristen mittels Künstlicher Intelligenz heute nicht mehr zugängliche Bergwerke befahren können. Auch das ist ein digitales Geschäftsmodell „Made in Saxony“.

 

Von Nora Miethke  

Foto: ©  Jürgen Lösel

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