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Länderbahn unter Zugzwang

Theoretisch müsste das Unternehmen bis Dezember 24 Triebwagen aufhübschen. Praktisch ist das nicht zu schaffen.

Lesedauer: 3 Minuten

Von Tilo Berger

Bautzen. Jetzt ist es offiziell: Die Länderbahn wird bis 2031 die Strecken Dresden – Görlitz, Dresden – Zittau und Liberec – Zittau – Seifhennersdorf betreiben. Dafür stellte am Dienstagnachmittag der Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien (Zvon) die Signale auf Grün. Der Beschluss der Verbandsversammlung in Bautzen erfolgte einstimmig. In den vergangenen Tagen hatten bereits der benachbarte Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) sowie die tschechischen Landkreise Liberec und Ústí nad Labem ihr Jawort zur Länderbahn gegeben. Das Unternehmen fährt bereits seit 2014 zwischen Dresden, Görlitz und Zittau; durch das Dreiländereck schon seit 2010.

Mehrmonatiges Tauziehen

Der Entscheidung pro Länderbahn war ein mehrmonatiges Tauziehen vorangegangen, das letztlich vor Gericht endete. Die beiden sächsischen Verkehrsverbünde und ihre tschechischen Partner hatten die drei Strecken europaweit ausgeschrieben. Am Ende waren zwei Unternehmen im Rennen: der bisherige Betreiber Länderbahn und Start Ostsachsen als neue Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn. Im April 2018 entschieden sich die vier Auftraggeber für Start Ostsachsen, weil sie das günstigste Angebot vorgelegt haben soll. Dagegen legte wiederum die Länderbahn Einspruch ein, dem die Vergabekammer des Freistaates Sachsen im Herbst 2018 folgte: Start Ostsachsen sei nicht geeignet, die ausgeschriebenen Bahnstrecken zu bedienen. Gegen diese Entscheidung beschwerte sich Start Ostsachsen beim Oberlandesgericht Dresden. Das Gericht wies vor wenigen Wochen die Beschwerde der Bahn-Tochter zurück. Damit war der Weg frei für die Länderbahn.

Der Zvon-Vorsitzende, Bautzens Landrat Michael Harig (CDU), erläuterte am Dienstag erstmals öffentlich die Hintergründe. Demnach hatte Start Ostsachsen in seiner Bewerbung nur eine Personalstärke von Drei angegeben: zwei Geschäftsführer, ein Fahrdienstleiter. Die Verkehrsverbünde und ihre tschechischen Partner waren mit der größten Selbstverständlichkeit davon ausgegangen, dass eine Tochterfirma der Deutschen Bahn natürlich das nötige Personal für die Züge zur Verfügung hätte – auch wenn sie das so nicht in die Bewerbung schrieb. Doch genau an diesem Lapsus störten sich erst die dreiköpfige Vergabekammer in Leipzig und dann das Oberlandesgericht. Die Konsequenz für den Zvon-Vorsitzenden: „Wir werden bei künftigen Ausschreibungen mehr Wert auf solche Formalien legen, wenn wir die eingehenden Angebote prüfen.“

Geld für einen Stundentakt

Die nächste Ausschreibung betrifft die Schmalspurbahn ins Zittauer Gebirge. Der jetzige Vertrag mit dem Betreiber, der Sächsisch-Oberlausitzer Eisenbahngesellschaft (Soeg), endet 2023. Der Zvon möchte ihn gern zunächst bis 2027 verlängern. Bis 2030 läuft der Vertrag mit der Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft (Odeg), die in der Region die Strecken Cottbus – Görlitz – Zittau und Görlitz – Hoyerswerda betreibt. Bis zum Fahrplanwechsel im Dezember dieses Jahres rollen Züge der Odeg auch noch im Verdichtungsverkehr zwischen Görlitz und Bischofswerda, dann übernimmt diesen Part die Länderbahn. Diese Züge fahren derzeit montags bis sonnabends im Zwei-Stunden-Takt. Michael Harig hofft aber, dass der Zvon bis zum Fahrplanwechsel zusätzliches Geld für einen Stundentakt bekommt. Diese Finanzspritze könnte aus dem Topf für den Strukturwandel in den Kohlerevieren kommen.

Mobiles Internet im Trilex

Die Länderbahn muss nun alle 24 Trilex-Triebwagen für die beiden Hauptstrecken durch die Oberlausitz mit kostenlosem mobilem Internet sowie Monitoren für die Information der Fahrgäste ausrüsten. Außerdem fordern die vier Auftraggeber, dass alle eingesetzten Fahrzeuge wie neu aussehen sollen. Sitz- und Lehnenpolster dürfen weder Flecken noch Löcher oder Abschabungen aufweisen, ebenso die Fußböden. Wand- und Deckenverkleidungen müssen frei von Beulen oder Schmutz sein. Ebenso akzeptieren die Auftraggeber keine kaputten oder zerkratzten Fensterscheiben. Theoretisch müsste die Länderbahn diese und noch einige Anforderungen mehr bis Dezember dieses Jahres in die Tat umsetzen. Praktisch ist das gar nicht mehr zu schaffen, weshalb der Zvon eine Übergangszeit von 18 Monaten nennt. Aber wenigstens einen Triebwagen soll die Länderbahn bis zum Fahrplanwechsel umrüsten.

Zwei Annehmlichkeiten, die Reisende aus einigen Odeg-Zügen kennen, soll es bei der Länderbahn nicht oder zumindest nicht gleich geben: umklappbare Babywickeltische in den Toiletten sowie Haltewunschtasten in Sitzhöhe. „Das war nicht Bestandteil dieser Ausschreibung“, stellt Zvon-Vizegeschäftsführer Christoph Mehnert klar.

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