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Landkreis Bautzen: Biobauern wollen für mehr regionale Vermarktung werben

Die Zahl der Ökolandbaubetriebe nimmt stetig zu. Doch zu viele ihrer Erzeugnisse werden noch außerhalb der Region verarbeitet. Das soll sich ändern.

Lesedauer: 3 Minuten

Man sieht Bio-Bauern in einem Feld stehen.
Marko Schmole (r.) hat seine Biobauern-Kollegen für einen ersten Stammtisch nach Nucknitz eingeladen. 13 Betriebe wollen bis jetzt am regelmäßigen Austausch teilnehmen. © Steffen Unger

Von Miriam Schönbach

Nucknitz. Sven Müller ist der Jüngste unter ihnen. Vom Alter eher nicht, aber der Landwirt aus Wiesa darf sich nach einer zweijährigen Umstellungszeit seit dem Mai 2023 offiziell Biolandwirt nennen. Clemens Bulang vom Walsnusshof dagegen sammelt seine Erfahrungen in der ökologischen Landwirtschaft schon seit 2008. „Mein Anfang war eine Sau mit 18 Ferkeln, die ein Biobauer kaufen wollte. Ich hatte gerade aus meinem Hobby den Beruf gemacht“, sagt der Muschelwitzer.

Sven Müller und Clemens Bulang stehen für zwei Generationen Ökolandbau im Landkreis Bautzen. Seit gut zehn Jahren steigt deren Zahl kontinuierlich. Deutschlandweit wirtschafteten Ende 2022 fast 37.000 Betriebe auf über 1,8 Millionen Hektar Fläche ökologisch laut Landwirtschaftsbundesministerium. Seit 2010 hat sich die ökologisch bewirtschaftete Fläche von 5,9 Prozent auf 11,2 Prozent im Jahre 2022 fast verdoppelt. Spitzenreiter sind die Länder Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg, wo ein Viertel der Landwirtschaftsbetriebe auf das Öko-Siegel setzen.

Dem ersten Juli-Treffen sollen weitere Stammtische folgen

Der Freistaat Sachsen liegt im Deutschlandschnitt mit einem knappen Anteil von 15 Prozent, Tendenz steigend, wie der Nachmittag auf dem Bauernhof Schmole in Nucknitz zeigt. Marko Schmole nennt sich seit zehn Jahren Biobauer, hinter der Scheune steht Bio-Braugerste auf dem Feld. Dazwischen schaukeln weiße Kamille und andere Beikräuter im Sommerwind. „Wenn der Proteingehalt stimmt, geht’s in Bier. Ansonsten verfüttere ich das Getreide. Ein Traum wäre es, in der Region ein eigenes Bier mit dem Bio-Siegel zu brauen“, sagt der Landwirt, der auch Schweine und Rinder züchtet.

Durch seine Initiative sind mitten in der Ernte zwischen abgemähter Wintergerste und noch nicht ganz reifem Roggen und Weizen acht Ökolandwirte und ein Müller an einen Tisch gekommen. Einige fehlen in der Runde, weil doch die Arbeit ruft. „Wir wollen sichtbarer werden. Durch unsere Arbeit leisten wir einen Beitrag für Naturschutz und Artenvielfalt. Auf unseren Feldern gibt es unter anderem zehn verschiedene Schmetterlingsarten und viele Insekten mehr“, sagt Ronny Rebisch aus Cannewitz. Ihn hat der Kollege aus dem sechs Kilometer entfernten Nucknitz zuerst angerufen und gefragt, was er von der Idee hält, einen regelmäßigen Stammtisch für die Ökolandwirte zu organisieren.

Ein paar Anrufe später treibt die Idee die ersten zarten Triebe. Normalerweise ackert der Landwirte auf der eigenen Scholle und neigt nicht zu großen Worten. „Bis jetzt hat jeder für sich gekämpft, oft unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Wir brauchen diese Treffen, um uns auszutauschen und den Zusammenhalt zu zeigen“, sagt Marko Schmole. 13 Betriebe wollen dabei sein, wenn noch weitere Ökolandwirte am Austausch teilnehmen wollen, sind die herzlich willkommen. Ihr großes gemeinsames Ziel eint sie: Sie wollen unbelastete Lebensmittel produzieren und am liebsten vor Ort weiterverarbeiten und vermarkten – eine regionale Wertschöpfungskette durch gesunde Kreisläufe schaffen.

Die Weiterverarbeitung in der Region bleibt aber das Problem. Während so kleine Biolandwirte wie Marko Schmole oder Biobauer Ignac Wjesela aus Crostwitz mit dem Spezialgebiet Kartoffel auf Ab-Hof-Verkauf und kleine Kooperationen setzen, muss Patrick Rückert, Geschäftsführer der Großdrebnitzer Agrarbetriebsgesellschaft in anderen Dimensionen denken. Seit 2018 produziert der Betrieb bei Bischofswerda unter anderem Biomilch, Biofleisch und Biogetreide. „Wir sind ein Big-Player. Unsere Bioerzeugnisse gehen raus aus der Region, weil es an sich fast keine regionale Vermarktung vor Ort gibt. Wir würden unsere Erzeugnisse gern vor Ort vertreiben“, sagt der Landwirt.

Bio-Mehl aus der Rätze-Mühle geht bis in den Norden

Einer, der in der Region schon Bio-Getreide verarbeitet, ist Müller Johannes Unger von der Rätze Mühle in Spittwitz. „Wir wollten vor zehn Jahren mit Bio wegen fehlender Abnehmer aufhören, da kam Dr. Quendt aus Dresden und wollte unsere Biomehle. Ein zweiter großer Abnehmer sind heute die Mecklenburger Backstuben, eine Großbäckerei aus dem Norden, auch nach Berlin und zur Bio-Bäckerei Spiegelhauer aus Pirna geht relativ viel“, sagt er. In Landkreis selbst gebe es keine Handvoll Bäcker, die Biomehl verarbeiten würden.

Auch dieses Beispiel zeigt, das Bio-Getreide geht zu großen Teilen aus der Region heraus. „Wir wollen die Menschen aufrütteln, wie schade das ist“, sagt Marko Schmole. Der Zusammenschluss der Biolandwirte im Landkreis Bautzen soll so helfen, neue Wege und Ideen zu finden. „Wir wollen es zum Beispiel schaffen, dass die Kunden nach unseren Produkten fragen. Würde der Bäcker Bio-regionales Mehl verwenden, macht das beim Brötchen ein Cent Unterschied“, sagt Ignac Wjesela. Deshalb wünschen sich Landwirte, dass sich Bäckereien mehr für die ihre Bio-Mehle interessieren würden.

Neben jenen Schwierigkeiten sorgt die Landwirte am Scheunentisch in Nucknitz aber noch viel mehr: Fachkräftemangel, Bürokratie, neue EU-Regelungen, Kostendruck und natürlich die viel zu heißen Sommer. All jene Herausforderungen sollen nun regelmäßig besprochen werden. „Wir müssen uns zuerst selbst finden, miteinander Ideen diskutieren“, sagt Marko Schmole – und vielleicht wird ja dann sogar ein Traum wahr. Dass diese Runde den Anstoß gibt für ein Bio-Bier aus Bio-Braugerste der Region.

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