Meißen/Dresden. Die Güteverhandlung zwischen Imker Rico Heinzig und dem Anwalt von Jan Böhmermann am Landgericht endete ohne eine Einigung. Danach war der Imker wie vom Erdboden verschluckt.
Herr Heinzig, Sie waren nach der Verhandlung einfach nicht mehr auffindbar. Was war denn los?
Der mediale Druck, ausgelöst durch Jan Böhmermann und das ZDF, war und ist nur schwer auszuhalten. Ich bin weder Politiker noch Medienprofi, sondern ein einfacher Imker, der sich in Ruhe um seine Bienen kümmern möchte und Honig verkauft, um seine Rechnungen bezahlen zu können. Der Medienrummel der letzten Tage war dann einfach zu viel. Jetzt brauchen wir erst mal alle etwas Abstand und Ruhe. Ich bitte vor allem Pressevertreter, nicht persönlich mit mir in Kontakt zu treten oder gar bei uns in der Imkerei vorbeizukommen. Der Kontakt erfolgt ausschließlich über unsere Anwaltskanzlei.
Wie empfanden Sie die Verhandlung?
Mir war zugegebenermaßen schon etwas mulmig, als mir mein Anwalt mitteilte, dass die Verhandlung aufgrund des außergewöhnlich großen Interesses kurzfristig in den großen Schwurgerichtssaal des Landgerichts verlegt worden ist. Jan Böhmermann ließ sich von der Kanzlei Preu Bohlig vertreten. Man muss wissen, dass diese Juristen zu den absoluten Vollprofis in dem Bereich gehören. Wer sich deren Internetseite anschaut, wird feststellen, dass es sich vielmehr um eine „Armee“ aus Juristen handelt. Vor Ort war einer ihrer besten Männer, Herr Dr. Torben Düsing.
Wie ich erfahren habe, hat er im letzten Jahr Twitter, einen Konzern mit über 40 Milliarden Euro Bilanzsumme, verklagt. Da muss man schon Format haben. Ich selber stand noch nie vor Gericht, da ich kein Streithansel bin und mir bisher auch nichts zuschulden kommen lassen habe. Da ist man dann schon ein wenig aufgeregt. Mit meinem Anwalt Herrn Dr. Hoffmann habe ich aber ebenfalls einen Top-Mann an der Seite gehabt.
Die Richterin Frau Krems war außerordentlich gut informiert und hatte sich sehr tief in den Stoff eingearbeitet. Da war ich offen gestanden, sehr beeindruckt. Die Verhandlung selbst war nach meinem Geschmack ein reiner Stellungskrieg. Fast belustigend war der Umstand, dass die Anklage in dem immer gleichen Argumentationskreisel festhing, der für mein Verständnis nicht plausibel war.
Was meinen Sie damit?
Na, dass Herr Böhmermann mich straflos in den Blickpunkt der Öffentlichkeit ziehen konnte, und auch weiterziehen kann, da er ja Satiriker wäre und er kein kommerzielles Interesse an der Verletzung meiner Persönlichkeitsrechte verfolgen würde. Aber jeder, der einen Fernseher oder Computer zu Hause stehen hat, weiß, dass es in dem Bereich um Einschaltquote geht und die ist meines Erachtens indirekte Kommerzialisierung.
Meine offensichtliche satirische Gegendarstellung wiederum wäre reine Geschäftemacherei und ich würde den guten Ruf von Herrn Böhmermann kommerziell ausnutzen. Eine (Gegen-)Satire wäre auch schon deshalb unangebracht, da die sich ja auf einen journalistischen Beitrag beziehen würde, da er ja Journalist wäre. Das verstehe, wer will.
Wie geht es jetzt weiter?
Der Termin für die Urteilsverkündung ist jetzt für den 8. Februar anberaumt und so wie es aussieht, geht es dann in die nächste Instanz.
Warum?
Beide Seiten haben klar zum Ausdruck gebracht, dass sie auf ihrer Position und Rechtsauffassung beharren und eine gütliche Einigung bereits bei der Verhandlung am 16. Januar 2024 ausgeschlossen worden ist.
Warum beharren Sie auf Ihrer Position? Ein Herausschneiden Ihrer Passagen aus der Originalsendung am 3.11. wäre doch der einfachste und für alle Seiten kostengünstigste Weg gewesen.
Es geht ja hier gar nicht allein um mein persönliches Interesse. Vielmehr sind ja in der Sendung pauschal alle Imker angegriffen worden, die gezeigten Anbieter waren ja nur Stellvertreter. Mit dem einseitigen Herausnehmen meiner Passagen wäre ich zwar aus dem Fokus, andere wären es aber nicht, und das ist genauso wenig akzeptabel.
Sie wurden oft mit der Aussage zitiert, dass Sie sich geringe Chancen vor Gericht ausmalen. Warum dann diese kämpferische Haltung, die den Streit ja nur unnötig in die Länge zieht (und teuer macht)?
Erstens möchte ich betonen, dass sich diese Aussage ausschließlich auf die rechtliche Würdigung bezieht. Also ich persönlich sehe mich eindeutig im Recht, da ich quasi aus Notwehr gehandelt habe und die gewählten Mittel noch weit unter der Absicht und den Folgen des Angriffs waren. Aber recht haben und recht bekommen, sind zwei Paar Schuhe, das wird Ihnen jeder Rechtsanwalt genauso wiedergeben. Und zweitens: Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.
Was werden Sie bis zur Urteilsverkündung tun?
Bis zur Urteilsverkündung heißt es jetzt erst mal abwarten. Beide Parteien haben ihre Positionen dargelegt und jetzt ist es an der Richterin, eine Entscheidung zu fällen. Rein praktisch bzw. betrieblich muss ich allerdings schon eher aktiv werden. Die Urteilsverkündung ist noch über zwei Wochen hin, und jetzt habe ich ein neues Problem.
Was für eins?
Der Ausgang des Verfahrens ist aktuell offen. Wenn Jan Böhmermann gewinnen sollte, ob nun vor dem OLG oder dem BGH, stehen ihm neben den Prozess- auch Schadensersatzkosten in Form von Lizenzgebühren zu. Er ist dann quasi an meinen Mehrumsätzen, die ich mit seiner Persönlichkeit gemacht haben soll, beteiligt. Im schlimmsten Fall fließt ihm das Geld, was uns die Menschen mit dem Kauf des Böhmermann-Honigs zukommen lassen, um uns in dem Prozess zu unterstützen, hintenherum wieder in seine Taschen. Das kann ich wirklich keinen von unseren Unterstützern antun.
Was wollen Sie da tun?
Wir haben heute, nach Rücksprache mit unserem Anwalt, den Böhmermann-Honig aus dem Shop genommen. Aber wohlgemerkt nicht, weil er ausverkauft wäre oder schlecht laufen würde, ganz im Gegenteil. Aber wir wollen einfach nicht, dass sich Herr Böhmermann abermals seine Taschen füllt. Jetzt tüfteln wir fieberhaft über einem neuen Etikett, was juristisch einwandfrei ist, und dann können unsere Kunden und Unterstützer wieder Honig bei uns kaufen. Alle aufgelaufenen Bestellungen werden wir aber noch abarbeiten.
Ich möchte mich noch bei allen Honigbestellern bedanken und mich gleichzeitig entschuldigen, dass es teilweise zu Verzögerungen beim Versand kommen kann, aber die Mehrfachbelastung ist aktuell nur schwer von unserem kleinen Team zu stemmen. Wir geben uns aber alle Mühe. Für die großartige Unterstützung sind wir dankbar.
Gibt es denn viele Unterstützer?
Ja. Ich habe sehr viele Zuschriften erhalten, in denen sich Menschen ihren Frust gegenüber Herrn Böhmermann Luft gemacht haben, was ich gut verstehen kann. Auch weiß ich von einigen bitterbösen, an ihn gerichteten, Kommentaren. Ich möchte jeden bitten, sich nicht dazu hinreißen zu lassen. Ich selbst empfinde das allgemeine Klima im Meinungsaustausch teilweise sehr vergiftet. Man konzentriert sich zu sehr auf die Dinge, die man an einem Menschen nicht mag, als auf das, was er gut kann oder worin er gut ist. Und damit stößt man dann zwangsläufig eine Abwärtsspirale an.
Der Frust muss aber irgendwo abgeladen werden …
Tun Sie lieber etwas Gutes für sich oder für andere, als stundenlang in Kommentarspalten ihren Ärger abzulassen. Das bringt wirklich nichts, zumindest weder mir noch, dass es der Gegenseite spürbar schaden würde. Manchmal habe ich den Eindruck, Herr Böhmermann würde sich förmlich von Hate und negativen Kommentaren „ernähren“.
Ein Onlinemarketing-Profi hat mir mal erklärt, dass Vollprofis gezielt provozieren, um möglichst viele Interaktionen zu erzielen. Damit rutscht man dann durch den Algorithmus immer weiter nach oben, heißt, man bekommt mehr Reichweite. Deshalb nützt das „Dampf-Ablassen“ am meisten dem „Hassobjekt“ selbst. Einen Fakt, den viele nicht auf dem Schirm haben.
Herr Böhmermann ist in Ihren Augen kein richtiger Journalist. Gibt es überhaupt etwas, mit dem er Sie überzeugen kann?
Ich finde, er kann gut singen.
Es fragte: André Schramm