Von Heiko Weckbrodt
Pulsnitz. Wenn Sie demnächst per Internet einen Zuschuss für eine Solaranlage in Afrika spendieren, digital in neue Lieder investieren, die ihre Lieblingsband noch gar nicht eingespielt hat, oder einfach nur einen Urlaub über das Reiseportal ihres Vertrauens buchen, kann es gut sein, dass im Hintergrund ein außerhalb der Branche kaum bekannter Champion aus Sachsen dafür sorgt, dass ihr Geld den richtigen Adressaten erreicht: Von einer ehemaligen Weberei in Pulsnitz aus kümmert sich nämlich „Secupay“ um Zahlungsströme im Onlinehandel, vermittelt Spenden und Kleininvestitionen vom Internetschwarm an Innovatoren oder Philanthropen und vertreibt Karten-Lesegeräte für das bargeldlose Bezahlen im Laden. Mittlerweile hilft der innovative Zahlungsdienstleister auch, zukunftsweisende token-basierte Geschäftsmodelle mit digital verknüpften Ketten („Blockchain“) aufzubauen. „Für die nächsten zehn Jahre ist mir überhaupt nicht bange, dass uns die Ideen oder die Luft ausgehen“, sagt Secupay-Gründer Hans-Peter Weber angesichts dieses breiten Portefeuilles.
Eigene Software entwickelt
Angefangen hat diese Erfolgsgeschichte mit einer kleinen Nachwende-Gründung: Im Sommer 1990 machte sich der gelernte Maschinenbauer Weber mit einem Computer-Großhandel selbstständig. Dort verkaufte er neben PCs und anderer Hardware auch betriebswirtschaftliche Software für Unternehmen – jahrelang ein Wachstumsmarkt. Doch nachdem der erste große Nachholebedarf gedeckt war, fokussierte sich Weber auf ein neues Geschäftsfeld, das gerade im Kommen war: 1998 kaufte er eine ehemalige Weberei in Pulsnitz, richtete dort ein Callcenter ein und sanierte das alte Fabrikgebäude.
Die neue Unternehmung wuchs rasch und brachte Weber Vermittlungsaufträge für das nächste große Thema ein: Damals wuchs das Interesse am bargeldlosen Zahlen an der Supermarktkasse deutlich. Immer mehr Läden brauchten EC-Terminals für die Kartenzahlungen ihrer Kunden. Daraus entwickelte sich dann ein eigenes neues Geschäftsfeld. Das expandierte so rasch, dass Weber 2003 sein Callcenter verkaufte und stattdessen ab 2005 unter der Firmierung „Post Cash“ einen Online-Laden für EC-Terminals einrichtete. Dann fing das Unternehmen an,eigene Zusatz-Software für die Geräte zu entwickeln, zudem sorgte jeder neue Terminal-Standard in der Branche für eine neue Austausch-Welle. Kurz: Das Unternehmen wuchs weiter. Derweil war Onlinehandel in aller Munde. Im Internetladen zu bezahlen war damals aber oft noch recht umständlich. Finanzdienstleistungen für den „eCommerce“ war daher die nächste Karte, auf die Weber setzte: 2008 bündelte er Zahlungsabwicklung, Bezahlwege per Karte, Lastschrift & Co., Kartenzahlung, Risikoabsicherung und andere eCommerce-Dienste für seine Kunden unter dem Markennamen „Secupay“.
Damit steuerte das Unternehmen dann auch in anspruchsvolle Fahrwasser, umgeben zu beiden Ufern von einem bürokratischen Regulierungs-Dschungel aus Gesetzen, Verordnungen und Ausführungsbestimmungen. „Bis 2010 war das noch genehmigungsfrei“, erinnert sich Weber. „Da konnte jeder Konten aufmachen und darüber Zahlungen für andere abwickeln.“ Doch dann zogen Bundesfinanzministerium, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und die EU-Kommission die Daumenschrauben an: Für Zahlungsdienste wie die von Secupay waren fortan Lizenzen nötig. Hinzu kamen neue Bestimmungen gegen Geldwäsche und für den Verbraucherschutz, Berichts- und Wirtschaftsprüfer-Pflichten und immer strengere Kriterien bei der Auswahl von Vorständen. „Für ein eher kleines Unternehmen waren und sind das ziemliche Herausforderungen“, räumt der Chef ein und sinniert über die Frage, ob er diese dicken Bretter als regional gewachsener Akteur heute überhaupt noch bohren könnte.
Zeitweise experimentierte Weber sogar mit einer Art eigenem „Lokalgeld“: Mit dem digitalen „Vierteldollar“ sollten die Einwohner und Besucher der Dresdner Neustadt in ihren Lieblingskneipen und -läden einkaufen. Die beteiligten Inhaber und Wirte versprachen sich davon eine engere Kundenbindung. Doch angesichts der immer strengeren Auflagen selbst an solche strikt lokale Geldschöpfung stampfte Secupay den „Vierteldollar“ schließlich wieder ein.
Trotz solcher Rückschläge wuchs die Firma weiter – auch dank neuer internetgestützter Finanzierungskonzepte wie Crowdfunding und Crowdinvesting, für die Dresden als Pionierregion galt. Plattformen wie „99 Funken“ oder „Engel & Völkers“ vertrauen seither den Pulsnitzern die Zahlungsabwicklung an, wenn jemand den Internetschwarm um Spenden oder Anschubfinanzierung für gemeinnützige, riskante oder besonders innovative Projekte bittet.
Rechnet man alle Geschäftsfelder zusammen, bewegt das 75-köpfige Team aus Pulsnitz mittlerweile ein Volumen von rund 2,7 Milliarden Euro pro Jahr, wickelt jährlich über 30 Millionen Transaktionen ab und hat über 100.000 Händler sowie Projektkunden. Angesichts vieler neuer Projekte soll die Belegschaft in den nächsten zwei bis drei Jahren auf 120 Menschen wachsen.
So komfortabel wie möglich
Möglich war und ist dieser steile Aufstieg von der kleinen Computerfirma bis zum überregionalen Zahlungsdienstleister nur mit guten Leuten, Diversifizierung und viel Automatisierung, sagt Weber, nach seinem Erfolgsrezept gefragt. „Unsere Kompetenzen sehen wir vor allem darin, es den Unternehmen so komfortabel wie möglich zu machen, Gelder zu bewegen und all ihre verschiedenen Kanäle zu bündeln.“ Ganz oben auf der Erfolgsrezeptliste stehen Flexibilität, Innovationsgeist und Aufgeschlossenheit für neue Fintech-Ideen. Das jüngste „Baby“ von Secupay beispielsweise sind durchgängig digitale Zahlungs- und Verwaltungsmodelle für blockchain-basierte virtuelle Werte beziehungsweise Artefakte („Token“). Ein Beispiel: Vermittelt durch Secupay können innovationsfreudige Musikliebhaber in noch zu produzierende Songs verschiedener Bands investieren und werden im Gegenzug an den weltweiten Vertriebserlösen dieser Lieder beteiligt. Über solche Token können aber auch Belegschaften in „ihr“ Start-up investieren oder Privatanleger virtuelle Kunstwerke erwerben. „Auch hier sehen wir noch viel Wachstumspotenzial“, meint Weber.