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Multimöbel verliert Seniorchef

Nach dem plötzlichen Tod von Gerd Fietze führen zwei seiner Söhne das Unternehmen, das unter anderem Filialen in Bautzen, Görlitz und Zittau hat.

Lesedauer: 3 Minuten

Er wollte etwas kürzer treten, jetzt, an der Schwelle zum siebenten Lebensjahrzehnt. Wollte etwas mehr Zeit haben für seine Hobbys, die Jagd, sein eigenes Wildgehege in Cannewitz bei Bischofswerda. Aus seinem Unternehmen wollte sich Gerd Fietze zwar noch nicht ganz, aber doch immer mehr zurückziehen. Er wusste seine Handelskette Multi-Möbel ja schließlich bei seinen Söhnen Tommy und Maik in besten Händen. Schritt für Schritt hatte er beide seit Jahren in die Unternehmensführung einbezogen und ihnen immer mehr Verantwortung übertragen. Aber sollten die Juniorchefs Rat und Hilfe brauchen, wäre er, der Senior, weiter in der Nähe.

Ein tragisches Unglück

Gerd Fietze kann seine Pläne nicht mehr verwirklichen. Ein tragischer Unglücksfall riss ihn Mitte März aus dem Leben. Eine Familie trauert, Mitarbeiter verloren ihren vertrauten Ansprechpartner und die Oberlausitz einen engagierten Unternehmer mit Visionen.

1990 gehörte der Kfz-Meister und gelernte Schlosser zu den Gründern der heutigen Handelskette Multi-Möbel. In einer ehemaligen LPG-Halle in Teichnitz bei Bautzen fing alles an. Da waren die Söhne Tommy und Maik gerade erst zwölf und acht Jahre alt. 1992 kam die erste Filiale in Zittau dazu. Sechs Jahre später zog das Unternehmen in den heutigen Firmensitz an der Bautzener Edisonstraße. Heute gibt es den Namen Multi-Möbel in zehn ostdeutschen Orten – Bautzen, Bischofswerda, Dippoldiswalde, Görlitz, Heidenau, Kirchhasel (Thüringen), Markersdorf bei Görlitz, Neuruppin, Radeberg und Zittau.

Nachfolge geregelt

Das Unternehmen wuchs nach und nach. Nie den zweiten Schritt vor dem ersten tun, das war immer Gerd Fietzes Maxime. Aber auch: Beim ersten Schritt schon an den zweiten denken. Das galt auch für die Nachfolge an der Unternehmensspitze. Als er sich vor drei Jahren mit seinen Söhnen Tommy und Maik zum Fototermin stellte, sagte der damals 57-Jährige: „Man muss schließlich an die Nachfolge denken.“ Der Vater habe weitsichtig gehandelt, sagt heute Tommy Fietze dankbar. Er habe beide Söhne nicht gedrängt, ins Unternehmen einzusteigen. Aber sich natürlich gefreut, als sie es taten. Wie er auch akzeptierte, dass der jüngste Sohn Steven andere berufliche Wege geht.

Bevor die beiden älteren Jungs Juniorpartner ihres Vaters wurden, lernten sie andere Berufe – Tommy Elektroinstallateur, Maik wurde Müller. Nachdem sie sich entschieden hatten, beim Vater mitzuarbeiten, setzte der sie nicht gleich auf einen Bürostuhl. Sondern sie fuhren auf dem Lkw mit zu Kunden und bauten dort Möbel auf, lernten das Geschäft kennen mit allem, was dazu gehört.

140 Beschäftigte

Beide sehen das heute, mit 40 und 36 Jahren, als wertvolle Erfahrung. Sie kennen das Unternehmen von der Pike auf. Als sie später mit in die Führung einstiegen, ließ sie der Senior mehr und mehr selbst entscheiden. „Er ließ uns auch Fehler machen“, schaut Tommy Fietze zurück. Danach wurden die Fehler gemeinsam ausgewertet – und kamen nicht wieder vor. „Er war immer im Hintergrund mit seiner Lebenserfahrung. Dabei hat er nie gesagt: Das haben wir schon immer so gemacht und das muss für alle Ewigkeiten so bleiben.“

Die Söhne werden die gemeinsame Arbeit mit ihrem Vater als „schöne, wahnsinnig tolle Zeit“ in Erinnerung behalten, ist sich Tommy Fietze sicher. Sie hätten von ihm viel gelernt, auch Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit. Dabei soll es bleiben – diese Botschaft an die Kunden ist den beiden Geschäftsführern wichtig. „Für die Kunden bleibt alles wie gehabt“, versichert der Ältere. „Wir haben ein tolles Team, und wir haben seine Visionen.“ In den zehn Filialen arbeiten heute insgesamt etwa 140 Beschäftigte, die zusammen einen Jahresumsatz von rund 20 Millionen Euro erwirtschaften. Dabei wird jedes Jahr eine Filiale modernisiert. 2019 ist Zittau an der Reihe.

Gaststätte bleibt geöffnet 

Das Unternehmen werde weiter nur qualitativ hochwertige Möbel zu fairen Preisen verkaufen, versichert der 40-Jährige: „Sie finden bei uns nur Möbel, die unseren hohen Qualitätsansprüchen entsprechen.“ Das gelte auch für die hauseigenen Küchenfachmärkte. Wer sich für eine Küche entscheide, bekomme bei Multi-Möbel gleich einen Kochkurs dazu geschenkt.

Die Zukunft von Multi-Möbel sei ebenso gesichert wie die der Jagdhütte am Butterberg bei Bischofswerda und des Wildgeheges in Cannewitz. „Wir sind gerade dabei, das innerhalb der Familie zu klären“, sagt Tommy Fietze. Bruder Maik sei, wie sein Vater, auch Hobby-Jäger. Und die Gaststätte Jagdhütte, die Gerd Fietze seit 2012 gehörte, wird von einem eingespielten Team weiter bewirtschaftet. Dort stehen Wildspezialitäten das ganze Jahr über auf der Karte.

Ein einziges Mal im Mittelpunkt

Seit der Nachricht vom Tod des Vaters seien viele Beileidsbekundungen eingegangen, berichtet Sohn Tommy. Vater Gerd mochte nie im Mittelpunkt stehen. Aber das wird er nun am heutigen Montag, am Tag der Beerdigung,  zum ersten, einzigen und letzten Mal. 

 

Von Tilo Berger  

Foto: © Archiv/Uwe Soeder
 

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