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Nach Frostnächten drei Viertel Ernteausfall beim Elbland-Wein

2024 wird kein gutes Weinjahr. Bei minus fünf Grad sind die meisten Reben erfroren. Das bedeutet Ernteeinbußen bis 2025. Die Obstbauern hoffen noch.

Lesedauer: 4 Minuten

Man sieht die Frost am Baum
Die nächtlichen Weinbergsfeuer zum Schutz der Rebstöcke im Weinberg von Schloss Wackerbarth vor dem Frost brachten bei bis zu Minus fünf Grad nicht viel: die Ernteausfälle werden dramatisch sein. © Arvid Müller

Von Ulf Mallek & Ines Mallek-Klein

Landkreis. Die Stimmung bei den sächsischen Winzern ist nach der dritten und schlimmsten April-Frostnacht sehr gedrückt. Im sächsischen Elbland fiel das Thermometer auf minus fünf bis vereinzelt minus sieben Grad. Zu viel für die zarten Weintriebe. Die großen Anstrengungen der Winzer mit Wärmefeuern, Wärmekerzen oder biologischen Mitteln waren weitgehend umsonst. „Da ist richtig viel kaputtgegangen“, sagt der Vorsitzende des sächsischen Weinbauverbandes Felix Hößelbarth am Dienstag. „Die diesjährige Ernte ist zum Großteil dahin.“

Hößelbarth schätzt die Verluste auf 75 Prozent. Sie könnten noch höher ausfallen. Erste Winzer wie Anja Fritz aus Meißen melden einen Totalverlust. Die meisten Pflanzen, so Hößelbarth, werden zwar wieder austreiben, aber in diesem Jahr wird nicht mehr viel passieren. Vielleicht sind bestimmte Lagen besser weggekommen als andere, sagt Hößelbarth.

Die dramatischen Folgen sind vor allem deshalb eingetreten, weil es nach Ostern plötzlich so warm wurde. Die Natur war fast einen Monat ihrer Zeit voraus. Deshalb sind jetzt komplette Triebe mit den Blüten zerfroren. Die erste Frostnacht vom vergangenen Mittwoch auf Donnerstag überstanden die meisten Pflanzen noch gut. Die zweite von Sonntag auf Montag schon weniger und den Rest bekamen die Reben in der dritten Frostnacht auf Dienstag.

Alle diese Maßnahmen mit Feuern und Kerzen sind sehr teuer und haben am Ende nur Geld verbrannt, so Hößelbarth. Aber die dramatischen Frostfolgen sind wohl nicht nur ein sächsisches Problem, sondern deutschlandweit zu spüren. Auch der Obstbau werde einiges abbekommen haben.

Dienstagmorgen: Die Reben von Schloss Wackerbarth lassen die Schäden der letzten Frostnächte schon erahnen. Grüne Triebe sind nicht mehr zu sehen.
© Arvid Müller

Die Frostversicherung wird greifen

Finanziell werden die Spätfrostversicherungen wohl greifen und die monetären Verluste in Grenzen halten. Doch 2025 fehlt es dann an neuem Wein. Das könnte dazu führen, dass die Preise doch wieder steigen.

Weingutsleiter Björn Probst vom Weingut Schloss Proschwitz Prinz zur Lippe ist über 30 Jahre im Job. Doch das hat er noch nie erlebt. Mehrere April-Frosttage hintereinander vernichten einen Großteil der Ernte. „Bei uns sind besonders die Randlagen betroffen“, sagt Probst. Auf den Einsatz von Wärmekerzen und Feuern hatten die Prinzen-Winzer verzichtet. 70 Hektar sind dafür einfach zu viel Fläche. Dafür brachten sie Baldrianblütenextrakt zum Einsatz. Das Mittel wird kurz vor der Frostnacht auf die Reben gesprüht und soll so ihre Widerstandskraft gegen die Kälte erhöhen. „Ob das etwas gebracht hat, wissen wir noch nicht“, so Probst. Sie waren in der Nacht zum Dienstag mit 30 Leuten im Einsatz.

Die genaue Schadenshöhe wird sich erst in den nächsten Tagen ermitteln lassen. Probst ist aber pessimistisch. Alle neuen Triebe sind komplett zerstört. Er hofft jetzt, dass nicht ganze Weinberge weggerodet werden müssen. Das Problem wird die Belieferung vor allem der Kunden außerhalb Sachsens werden. „Wenn wir nicht liefern können, kann es passieren, dass wir ganz schnell die Listung verlieren“, so Probst. „Da müssen wir uns etwas einfallen lassen.“ Zum Glück waren die letzten Weinlesen sehr ertragreich. Die negativen finanziellen Folgen der Ernteausfälle werden erst einmal durch die Frostversicherung weitgehend kompensiert.

Ernteverluste bis hin zu Totalausfall

In den Weinbergen von Wackerbarth waren in den vergangenen Nächten ebenfalls bis zu 30 Mitarbeiter unterwegs. Mit Frostschutzkerzen, die eine Brenndauer von bis zu acht Stunden haben, und kleinen Holzfeuern haben sie versucht, die kalte Luft aus den Weinbergen „abfließen zu lassen“, dazu wurden die Feuer außen um die Reben platziert. Vereinzelt, so der Sprecher des staatlichen Weingutes, Martin Junge, feuerte man auch zwischen den Spalieren.

Der Frost, so Junge, sei in diesem Jahr besonders gefährlich. „In dieser Phase ist der Nachtfrost eine Bedrohung für alles, was an unseren Reben grün ist – sowohl für die zarten Triebe als auch für das Gescheine“, so Junge. Schon geringe Minusgrade reichen, um zur Erfrierungen zu führen, was zu Ernteverlusten bis hin zu Totalausfall führen kann. Es sei mit deutlichen Ertragsausfällen zu rechen, sagt der Wackerbarth-Sprecher, ohne sich auf eine konkrete Zahl festlegen zu wollen.

Auf den Rebflächen herrschten in der Nacht von Montag auf Dienstag Mindesttemperaturen von minus fünf Grad, vereinzelt war es noch kälter. Betroffen sind vor allem ebene, talnahe Flächen.

Dort hat auch Michael Görnitz vom gleichnamigen Obstanbau seine Weinflächen. Ihn am Dienstagfrüh im Büro zu erreichen, ist nicht möglich. „Er war die ganze Nacht draußen in den Plantagen“, sagt seine Mitarbeiterin. Mit kleinen Holzfeuern versuchte man unter den Birnen- und Apfelbäumen den Frost zu vertreiben. Scheit um Scheit musste nachgelegt werden, um die kleinen Wärmequellen zwischen den Spalieren nicht versiegen zu lassen. Ob sich der Einsatz gelohnt hat, wird sich erst in den kommenden Tagen zeigen.

Der Frost hat auch den Kirschblüten arg zugesetzt.
© SZ/Ulf Mallek

Die Kirschen sind durchgefroren

Auch beim Meissner Obstgarten in Klipphausen kann man die Folgen der Frostnächte noch nicht abschätzen. Das Unternehmen baut auf über 30 Hektar Äpfel, Süß- und Sauerkirschen, aber auch Pflaumen, Birnen und Aprikosen an. Letztere lieben zwar die Wärme, könnten aber mit der Frostnacht noch am besten klargekommen sein. „Die Vegetation ist gut vier Wochen voraus, an den Bäumen haben sich schon schöne Früchte gebildet, gut möglich, dass sie die Kälte gut überstanden haben“, so Sebastian Müller.

Anders sieht es bei den Kirschen aus. Die sind durchgefroren, teilweise bis auf den Kern, was auch an den enormen Minustemperaturen lag. Die Thermometer zeigten minus sieben Grad in der vergangenen Nacht an. Gefeuert hat man auf den Plantagen rund um Klipphausen aber nicht. Dafür sei die Fläche einfach zu groß. Und auch im Obstbau Ibisch, der im Priestewitzer Ortsteil Blatterleben zu Hause ist, übt man sich in Gelassenheit. Auf den Höhen sei es weniger kalt gewesen und man werde erst in ein paar Tagen sehen, was die Fröste angerichtet haben.

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