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Nicht gut genug für Sachsens Polizei?

Der Freistaat vergibt einen Großauftrag für Schutzwesten. Eine Firma aus Bretnig geht leer aus - und protestiert.

Lesedauer: 2 Minuten

Ein Arbeitgeber in der Region, ein Steuerzahler, seit Jahren ein zuverlässiger Partner. Horst Bräuer wiederholt diese drei Punkte. Einmal – noch einmal. Der Chef der Textilfirma Batex in Bretnig bemüht sich, beherrscht zu sprechen. Doch ab und an gewinnt die Wut überhand. Dann rutscht ihm ein Schimpfwort über die Lippen. Der 78-Jährige ist sauer – auf den Freistaat, auf den Innenminister, auf die Konkurrenz.

Der Grund für die schlechte Laune, steht auf einem Blatt Papier. In einem Schreiben wird Bräuer mitgeteilt, dass seine Firma bei einem Auftrag des Freistaates leer ausgegangen ist. Schon aus unternehmerischer Sicht muss ihn das ärgern. Immerhin geht es um einen Zweijahresvertrag, um mehr als 4 000 Schutzwesten für die sächsische Polizei, um einen Wert von etwa zweieinhalb Millionen Euro. Eine große Nummer für seinen Textilbetrieb, der jährlich etwa drei Millionen Euro Umsatz macht. Doch Bräuer trauert nicht in erster Linie dem entgangenen Gewinn hinterher. Auch ohne den Auftrag wird seine Firma um die Runden kommen. Er hat genug Arbeit für seine 25 Angestellten. Doch ihn stört, wer den Zuschlag erhielt. Der Freistaat entschied sich für einen Konkurrenten, der einen Firmensitz in den Niederlanden unterhält. "Wir sind viel näher dran und werden nicht berücksichtigt. Das verstehe ich nicht", sagt er.

Dabei sah anfangs alles so gut aus. Einen Ordner dick ist das Angebot, das seine Firma beim Freistaat einreichte. Als man Bräuer dann noch mitteilte, sein Unternehmen habe es in die zweite Runde geschafft, stieg seine Zuversicht. In Leipzig nahmen seine Mitarbeiter die Maße von insgesamt 19 Polizisten. Sie nähten die Schutzwesten für einen Tragetest – und warteten. Mit einer Absage rechnete zu diesem Zeitpunkt niemand.

Warum es nicht geklappt hat, weiß Patricia Vernhold. "Den Zuschlag erhielt das wirtschaftlichste Angebot", sagt die Sprecherin vom sächsischen Innenministerium. Bei der Vergabe habe man nicht nur den Preis, sondern auch den Tragekomfort und den Schutzfaktor berücksichtigt, erklärt sie. Vernhold verweist auf eine bestimmte EU-Richtlinie, die in diesem Fall greift und betont: "Das Vergaberecht lässt keine Bevorzugung ortsansässiger Unternehmen zu."

Firmenchef Horst Bräuer kennt die Agrumente. Doch sie überzeugen ihn nicht. "Wenn die einen bestimmten Hersteller wollen, dann bekommen sie ihn auch", sagt er und zuckt mit den Schultern. Dann beginnt er erneut mit seiner Aufzählung – Arbeitgeber, Steuerzahler … Seit 1996 arbeitet seine Firma mit der Polizei in Sachsen eng zusammen. Man sei all die Jahre ein zuverlässiger Lieferant gewesen, betont der Chef. Waren seine Westen einfach zu teuer? Bräuer blättert in seinem Ordner, bis er die richtige Zahl gefunden hat. Für dieses Angebot habe er extra den Preis so weit gesenkt, wie es nur möglich war. "Viel günstiger können die anderen ihre Schutzwesten auch nicht produzieren", erklärt er. Also lag es an der Qualität? Von einem schlechten Tragekomfort will der Chef des Textilbetriebes erst recht nichts wissen. Gerade erst bekam er einen Auftrag von der Brandenburger Polizei. Auch das Oberlandesgericht in Thüringen habe er überzeugen können. "Die wären doch blöd, wenn die sich schlechte Westen kaufen", sagt er.

Weil ihm die Sache keine Ruhe lässt, schrieb er Mitte Dezember einen Brief an Sachsens Innenminister. Als Bräuer keine Antwort bekam, verschickte er das Schreiben noch einmal. Wieder geschah nichts. Bräuer sagt, er wisse, dass seine Kritik nichts an der Vergabe ändern wird. Doch er will verstehen – und verstanden werden.

 

Von Marleen Hollenbach

Foto: Matthias Schumann

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