Es war etwa 20 Uhr, als es Monika Conrad am Donnerstag zu viel wurde. Da habe sie mit der Hand auf den Tisch geschlagen. „Irgendwann musste ich einfach emotional werden“, erzählt die 62-Jährige. Seit dem Vormittag hatte die Gewerkschaftssekretärin zu diesem Zeitpunkt schon mit den Arbeitgebern der Altenpfleger aus den Bautzener und Riesaer Vitanas-Seniorenheimen an einem Tisch gesessen. Streitpunkt waren die Löhne und Arbeitsbedingungen der Fach- und Hilfskräfte sowie der Auszubildenden. Es war nicht der erste Verhandlungstermin, und eine Lösung ist noch immer nicht in Sicht.
Die Pfleger fordern eine Bezahlung, wie im schleswig-holsteinischen Koog-Haus, einer Vitanas-Einrichtung für psychisch kranke Erwachsene. Je nach Posten und Berufsjahren verdienen die Pfleger dort im Schnitt etwa 500 Euro mehr als die Bautzener Altenpfleger. Trotz allem liegen die Löhne auch dort unter dem Niveau des Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst.
Von dem Ergebnis des Verhandlungstermins am Donnerstag zeigt sich Gewerkschaftssekretärin Conrad sichtlich enttäuscht. Alle Entgeltbestandteile und alle Zuschläge, kurzum: Alle Forderungen, die Vitanas Geld kosten würden, seien gestrichen worden.
Aus der geforderten 38,5-Stunden-Woche habe die Gruppe eine 40-Stunden-Woche gemacht. Die Wechselschichtzulagen und die zwei Tage mehr Urlaub, die die Arbeitnehmer sich wünschen, bietet Vitanas demnach nur im Austausch gegen niedrigere Löhne an. Wie hoch diese am Ende liegen könnten, ist noch unklar.
Vitanas äußert sich nicht
Als Alternativvorschlag brachte Verdi eine Bezahlung nach dem Modell der Awo ein, doch auch dem Lohnniveau des Wohlfahrtsverbands möchte sich Vitanas wohl nicht annähern. Zudem wolle der Pflegekonzern, dessen Mehrheit der Unternehmensanteile im Januar an den amerikanischen Investor Oak Tree verkauft wurden, keine Lohnvergleiche zwischen den Bundesländern ziehen.
Vitanas selbst wollte sich noch immer nicht zu dem Thema äußern. Man habe sich konstruktiv unterhalten, heißt es vonseiten der Vitanas Gruppe. Anfang Januar setzen Verdi und Vitanas die Verhandlungen fort. Dann entscheidet sich auch, ob es einen Streik geben wird.
Die Mitarbeiter selbst zeigen sich seit Längerem kämpferisch. Das ist untypisch in der Branche: Lange Zeit galt der Pflegeberuf als einer mit geringem Organisationsgrad. Nun haben sich über 60 Prozent der Pflegerinnen und Pfleger der Vitanas-Häuser in Riesa und Bautzen der Gewerkschaft Verdi angeschlossen.
Von Theresa Hellwig
Foto: © Uwe Soeder