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Produktion bei Kerateam in Leisnig ist wieder angelaufen

Wer wieder Licht in den Hallen des Fliesenproduzenten sieht, kann seinen Augen getrost trauen. Wie es nach rund einem Monat Stillstand bei Kerateam in Leisnig aussieht und wie es weitergehen soll.

Lesedauer: 3 Minuten

Man sieht eine große Produktionsanlage.
Seit 1997 werden in Leisnig Fliesen produziert. Einen Monat lang waren die Brennöfen aus und es gespenstisch still in den Produktionshallen. Damit ist es vorbei. Mit halber Kraft wird am Standort wieder produziert. © Kerateam

Von Heike Heisig

Leisnig. Die Republik hat in diesen Tagen nach Brandenburg geschaut. Auf Schloss Meseberg sollten Stellschrauben für die Zukunft in Deutschland gestellt werden.

Auch Alexander Graetz, Geschäftsführer beim Leisniger Fliesenproduzenten Kerateam, hat genau hingehört. Denn unter anderem ist es auch um sogenannten Industriestrom gegangen.

Fliesen herzustellen, ist mit viel Energie verbunden. Leicht vorstellbar, dass sich die Kosten dafür in den vergangenen Monaten erhöht haben.

Genaue Zahlen will Alexander Graetz nicht nennen. Aber er spricht davon, dass das Unternehmen inzwischen ein Mehrfaches der früheren Kosten für Energie ausgeben muss.

Hoffnungsschimmer für die Region

Eine Industriestrompreis-Subventionierung oder -reduzierung, wie im Gespräch ist, würde dem Leisniger Betrieb grundsätzlich helfen, international wettbewerbsfähig zu bleiben und in der gerade angespannten Situation, wieder in ruhigeres Fahrwasser zu kommen.

Anfang Juli musste die Steuler Gruppe für alle ihre Standorte – einer davon ist Kerateam Leisnig – Insolvenz anmelden (wir berichteten).

Ein Verfahren in sogenannter Eigenverwaltung soll ein möglichst umsichtiges Vorgehen gewährleisten: Die Geschäftsführer stehen weiterhin in der Verantwortung, Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner haben mit den bekannten Gesichtern zu tun, erklärte Jan Hendrik Groß von der Kanzlei Ebner Stolz.

Der Kölner Rechtsanwalt ist zum Generalbevollmächtigten im Insolvenzverfahren berufen worden.

„Wir sind mitten in dem Verfahren und intensiv auf der Suche nach Investoren und Unterstützern“, beschreibt Alexander Graetz die Gesamtsituation. Für Leisnig freut er sich sehr über die Wiederaufnahme der Produktion.

Die wurde am 8. und 9. Juli mit der Abschaltung des letzten der vier Brennöfen in Leisnig stillgelegt. „Am 5. und 6. August konnten wir den ersten Ofen wieder hochfahren. Seit vergangener Woche arbeiten wir mit dem zweiten – also der Hälfte unserer Produktionskapazität“, sagt der Geschäftsführer.

Hoffnungsschimmer für Mitarbeiter

Damit ist der sächsische Standort der erste, an dem wieder Fliesen vom Band laufen. Für Graetz ein wichtiges Zeichen – ein kleiner Hoffnungsschimmer für Mitarbeiter und die Region.

„Wir sind froh darüber, dass alle zur Stange halten und sich auch Außenstehende mit uns freuen.“ So bekomme er durchaus positive Rückmeldungen, weil Leute bemerkt haben, dass wieder Licht in den Produktionshallen brennt oder Maschinen laufen.

Das hören zum Beispiel auch Jogger, die an dem Betriebsgelände im Leisniger Gewerbegebiet vorbeilaufen.

Seitdem die Brennöfen wieder laufen, sind auch die Mitarbeiter wieder sieben Tage die Woche in zwei Schichten im Unternehmen.

Nicht alle rund 170, die bei voller Produktion an der Herstellung beteiligt sind. Es gebe noch einen Wechsel mit Kurzarbeit, erklärt Alexander Graetz. Außerdem sei die Urlaubszeit noch nicht abgeschlossen.

Das Ausschalten der Brennöfen sollte dazu beitragen, die Lagerbestände abzubauen. Das ist zu einem Teil gelungen, bestätigt der Geschäftsführer. In diesem Jahr hatten die Fliesenwerker in größerem Maße als in den Vorjahren „auf Halde“ produziert.

Über das bekannte Sommerloch hinaus hatte der Markt weniger Fliesen als gewöhnlich geordert. Das führte die Unternehmensgruppe nicht zuletzt auf die Stagnation in der Baubranche zurück.

Verständlich, dass die keramische Industrie nun auch großes Interesse daran zeigt, wie die Regierung im Wohnungsneubau gesteckt Ziele umsetzen und Bautätigkeit auch auf anderen Gebieten forcieren will.

Spannende Herausforderungen

„Insgesamt brauchen wir vernünftige Rahmenbedingungen und Forderungen in Hinblick auf Nachhaltigkeit, die umsetzbar und finanzierbar sind“, sagt Alexander Graetz.

Nach seinen Worten nutzt das Unternehmen die Zeit, in der nicht alle Brennöfen laufen, um nach Möglichkeiten zu suchen, energieeffizienter zu arbeiten. „Wir würden gern noch mehr grünen Strom einsetzen“, so der Geschäftsführer.

Auch mit Wasserstoff beschäftigte sich Kerateam intensiv. Photovoltaik ist ein Thema und eine Ressource, die auch schon genutzt wird. „Da stehen wir noch vor spannenden Herausforderungen“, ist er sich sicher.

Rechtsanwalt Groß will die Unternehmensgruppe in einen Neustart 2024 begleiten. Für ihn ist die Fliese ein Produkt, das Zukunft hat. Davon ist auch Alexander Graetz überzeugt.

Auf dem Weg zu seinem Büro geht er an einer Ausstellung vorbei. „Das sind tatsächlich keramische Fliesen, keine Steinprodukte“, versichert er dem staunenden Betrachter.

Fliesen aus Leisnig und der Steuler-Gruppe kommen nicht mehr nur in Bädern und Küchen an die Wände, sondern finden zunehmend auch als Bodenfliese auf Terrassen und anderswo im Außenbereich Verwendung. Wenn Kunden also Produkte aus Leisnig mit Füßen treten, ist das für alle an der Herstellung Beteiligten ein gutes Zeichen.

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