Von Nora Miethke & Verena Belzer
Das sächsische Kabinett hat in seiner letzten Sitzung vor der Landtagswahl am Dienstag grünes Licht für das Ausbildungscluster Mikroelektronik (SAM) gegeben. Das gemeinsame Ziel ist die Absicherung des entstehenden Bedarfs an Fachkräften in der Halbleiterbranche. Dafür sollen ab dem Ausbildungsjahr 2028/29 bis zu 1.000 Ausbildungsplätze bereitstehen.
Das Branchennetzwerk Silicon Saxony e.V. prognostiziert, dass die Zahl der Beschäftigten in der Mikroelektronik von derzeit rund 80.000 bis zum Jahr 2030 auf über 100.000 steigen wird. Das bedeutet einen jährlichen zusätzlichen Bedarf von 3.000 Arbeitskräften.
Ein Drittel des Bedarfs soll durch eine stärkere Ausbildung gedeckt werden. Um das zu erreichen, will der Freistaat bestehende Ausbildungseinrichtungen modernisieren und erweitern. Das allein reicht nicht, denn Chiphersteller lassen in der Regel keine Lehrlinge in ihre Reinräume, das Herzstück der hochsensiblen Produktion. Deshalb besteht zusätzlich Bedarf an neuen Schulungsräumen, Laboren und einem Reinraum, die auch zur Weiterbildung genutzt werden können. Dieser neue Ausbildungscampus für Mikrotechnologen soll in Radeberg entstehen.
75 Millionen Euro sollen in den Neubau direkt am Bahnhof Radeberg investiert werden. Der Freistaat will dafür Fördermittel aus dem Europäischen Fonds für Regionalentwicklung nutzen. Zusätzlich wird geprüft, ob auch Strukturstärkungsmittel für den Kohleausstieg genutzt werden können. „Die Finanzierung ist gesichert“, betonte Wirtschaftsminister Martin Dulig.
Man habe sich ganz bewusst für den Standort Radeberg entschieden. „Damit sorgen wir dafür, dass die positiven Auswirkungen der Halbleiterentwicklung ganz direkt im Umland von Dresden ankommen“, fuhr der SPD-Politiker fort. Handwerk und Mittelstand als elementarer Bestandteil des Silicon Saxony sollen von den Investitionen der Weltkonzerne profitieren.
Stadt Radeberg muss Grundstück erwerben
Für die Stadt Radeberg bedeutet die Ansiedlung des Ausbildungszentrums vor allem eines: das bisher brachliegende Eschebach-Gelände, der große Schandfleck der Stadt, wird weiter aufgewertet. Das SAM wird in etwa 8.000 bis 10.000 Quadratmeter Fläche benötigen – und damit etwas weniger als der Neubau der Außenstelle des Humboldt-Gymnasiums, das in direkter Nachbarschaft entsteht.
Die Stadt muss noch mit den Eigentümern der Flächen, dem Weimarer Unternehmer Josef Saller und der Radeberger Exportbierbrauerei, über den Erwerb verhandeln. Beide Eigentümer hätten signalisiert, dass sie das Projekt unterstützen, hieß es. Der Stadtrat ist in das Vorgehen eingebunden. „Das ist ein Gewinn für unsere Stadt“, sagt Oberbürgermeister Frank Höhme.
„Von der Ansiedlung erwarte ich mir eine Attraktivitätssteigerung der Innenstadt und auch der gesamten Stadt.“ Die Ansiedlung sei „zum jetzigen Zeitpunkt die richtige Botschaft für die gesamte Region. Wir machen uns fit für die Zukunft“.
Ausbildung von Mechatronikern in Kesselsdorf
Zu den Ausbildungseinrichtungen, die modernisiert und erweitert werden soll, gehört die Mechatronikerausbildung bei der Metall- und Elektroausbildungs GmbH (MEA) in Kesselsdorf. Dafür sind Investitionen von 48 Millionen veranschlagt, die Sachsen über ein Bundesprogramm finanzieren will.
Das bereits am Montag verkündete neue Berufsschulzentrum für Mikrotechnologen wird den theoretischen Teil der Ausbildung abdecken, die Ausbildungseinrichtungen in Radeberg und Kesselsdorf den praktischen Teil. Träger wird die Chipakademie Dresden sein, ein Bildungsdienstleister für die Chipindustrie.
Um die 1.000 Ausbildungsplätze jährlich zu besetzen, muss im In- und Ausland geworben werden. Dafür soll in enger Zusammenarbeit zwischen Industrie, Wirtschaftskammern- und Verbänden sowie Bildungsdienstleistern eine neue Dachstruktur entstehen. Sie wird für die gezielte Rekrutierung und die Außenvermarktung zuständig sein, organisiert über Silicon Saxony.