Wieder einmal Rotec, wieder einmal ein Insolvenzverfahren. Das mittelständische Unternehmen an der Friedrich-List-Straße im Westen Radebeuls liefert seit über zwei Jahrzehnten Farbspritzkabinen für renommierte Autohersteller wie Audi, Porsche und selbst Rolls Royce.
Doch mit ihren Beteiligungen und Besitzern haben die Rotec-Mitarbeiter offenbar wenig Glück. Die Radebeuler haben sich als Partner, vor allem des Automobilzulieferers Dürr Systems, einen guten Namen gemacht. Ein Name, der bis vor vier Jahren mächtig gelitten hatte und zum Weglaufen gut qualifizierter Mitarbeiter führte, weil ein Schaumschläger erst die Lömma in Lommatzsch und dann beinahe auch Rotec in die Insolvenz trieb.
Seit Ende 2017 ging es wieder richtig aufwärts. Anlagen von der Größe eines Einfamilienhauses und mit bis zu 70 Metern Länge wurden bestellt. Doch Besitzverhältnisse und Bankschulden, die auf der Immobilie an der Friedrich-List-Straße lasten, haben jüngst dazu beigetragen, dass die Radebeuler Liquiditätsprobleme ohne eigenes Verschulden bekamen, sagt René Kühnöhl, der sich in der Firma um Verwaltung, Personal und Einkauf kümmert.
Am 17. April hat die Rotec Anlagenbau GmbH wie auch das baden-württembergische Schwesterunternehmen SFI Stotz Fredenhagen Industries GmbH in Kornwestheim Insolvenz beantragt. Zuständig ist das Amtsgericht in Ludwigsburg. Zum Sachwalter wurde vom Gericht Rüdiger Bauch von der Kanzlei Schultze & Braun bestimmt.
Das Besondere an dem Verfahren – es ist eine Insolvenz in Eigenverwaltung. Die Radebeuler können in ihren Werkhallen ganz normal weiterproduzieren. Aktuell sind es Spritzkabinen für Audi, um die Dächer der Fahrzeuge mit Lack zu versehen. Zwei weitere Kabinenaufträge stehen kurz vor der Unterzeichnung.
Mit dem Insolvenzverfahren schaffen sich die Monteure, Ingenieure und technischen Zeichner etwas Luft. Für drei Monate wird Insolvenzausfallgeld gezahlt. Die Mitarbeiter bekommen pünktlich ihren Nettolohn gezahlt.
Allerdings muss in diesen drei Monaten die Firmenleitung gemeinsam mit dem Insolvenzverwalter und dem Sachwalter jeden Auftrag extra bearbeiten. Alle Kosten – etwa für Material und Personal – müssen genau mit den Bestellungen und dem Planumsatz und möglichen Gewinn verglichen werden.
Viel zusätzliche Arbeit, aber mit der Chance, wieder auf eigenen Füßen stehen zu können. In einer Mitteilung hieß es, dass Sachwalter Bauch, der den Radebeuler Betrieb mehrmals in der Woche besucht, mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young ein Sanierungskonzept erarbeitet.
Das lohnt sich auch, denn die Mitarbeiter in Radebeul sind Spezialisten, die in den letzten Jahren nicht nur viel durchgemacht und durchgestanden haben, sondern vor allem in ihrer Branche absolute Spezialisten sind. Bislang, so René Kühnöhl, halten auch alle 20 Belegschaftsmitglieder zur Stange. In der Werkhalle wird an den Maschinen mit großen Blechen hantiert, gebogen und zusammengepasst.
Im Sommer sollen die nächsten Anlagen ausgeliefert werden. Aufträge mit sechsstelligem Euro-Umsatzvolumen sind das. René Kühnöhl: „Unsere Kunden und Auftraggeber – allen voran Automobilzulieferer Dürr Systems – halten zu uns.“
Die Mannschaft von Rotec Radebeul ist jedenfalls zuversichtlich, dass der Betrieb bis zum Stichtag 15. Juli wieder auf sicheren Beinen stehen kann.
In einem ähnlichen Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung hatte das zuletzt in Radebeul die Sächsische und Dresdner Back- und Süßwaren GmbH & Co. KG, bekannt durch Nudossi, geschafft.
Von Peter Redlich
Foto: © Rotec