Döbeln. Der Stadtwerbering Döbeln und vor allem seine Vorsitzende Grit Neumann gehören zu den Kräften, die den sächsischen Protest gegen die Rückzahlung der Corona-Soforthilfen aus dem Jahr 2020 anführen. Im Mai hatte es eine erste Veranstaltung mit der Bautzener Rechtsanwältin Ursula Röder in Döbeln gegeben.
Seitdem hat sich einiges getan. Der Freistaat hatte die Rückzahlung der Soforthilfen ausgesetzt und neue Richtlinien für Härtefälle herausgegeben. „Am 25. September ist dafür das Onlineportal freigeschaltet worden. Da ging das Tamtam erst richtig los“, so Grit Neumann. Auch Angaben zum Einkommen von Ehepartnern, zu Schmuck und Wertgegenständen habe die SAB haben wollen.
90 Unternehmer aus ganz Sachsen im WelWel
„Das Corona-Chaos ist perfekt. Sachsen spielt mit den Unternehmern. Wir haben Rechtschaos statt Rechtssicherheit“, so Neumann. Für Montag hatte der Stadtwerbering Brigitte Röder zum zweiten Mal eingeladen. Um die 90 Unternehmer aus ganz Sachsen reisten dafür ins WelWel an, um sich zu informieren.
Ein Lichtblick sei der Fall eines Friseurmeisters aus Heidenheim, der sich vor Gericht erfolgreich gegen die Rückzahlung gewehrt hatte. „Das ist eine Musterklage und ein großartiger Erfolg. Es zeigt, dass man eine Chance hat. Holen wir uns unsere Chance“, sagte Grit Neumann.
Rückforderungen aus 2024 und 2025 sind praktiziertes Unrecht. Es liegt noch ein Stück Weg vor uns, aber da muss man kämpfen.
Friseurmeister Holger Schier aus Heidenheim sollte mehr als 10.000 Euro der Soforthilfe im ersten Lockdown zurückzahlen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschied jedoch, dass er das nicht muss. Der Handwerker hatte laut eines Berichts der Zeitung Die Reinpfalz argumentiert, dass er in dieser Zeit keine Einnahmen hatte. Die Corona-Soforthilfe von 15.000 Euro sei innerhalb von zwei Wochen aufgebraucht gewesen.
Noch keine Klagen gegen Bescheide möglich
In Sachsen gibt es noch keine einschlägigen Urteile. Rechtsanwältin Ursula Röder machte klar, dass sie gern vor Gericht ziehen würde. Aber bisher gibt dafür noch keine Grundlage, nämlich einen Widerspruchsbescheid der SAB, gegen den sie vorgehen könnte. „Ich kann erst klagen, wenn ich einen Bescheid habe. Die scheuen das wie der Teufel das Weihwasser“, sagte sie bei der Veranstaltung des Stadtwerberings.
Die Bautzner Rechtsanwältin ist davon überzeugt, dass die Rückforderungen grundsätzlich rechtswidrig sind. Der Anspruch ist nach ihrer Meinung verjährt. Sie zieht dafür ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig heran. „Ende 2023 war Schluss. Rückforderungen aus 2024 und 2025 sind praktiziertes Unrecht. Es liegt noch ein Stück Weg vor uns, aber da muss man kämpfen.“
Anwältin: Keine Zuarbeit leisten
Die Anwältin rät, der Sächsischen Aufbaubank keine Zuarbeit zu leisten. Sie gibt sich kämpferisch: „Wenn die Drohung kommt, dass Sie dann alles zurückzahlen müssen: Sollen die doch kommen. Sie brauchen ein gesundes Selbstbewusstsein, um den Drohungen nicht zu erliegen.“ Für den Fall, dass die SAB einen Bescheid für eine Rückzahlung erstellt, hat die Anwältin einen eindeutigen Rat: „Legen Sie dagegen Widerspruch ein. Dann sind die Bescheide nicht rechtskräftig.“
Friseurmeisterin Grit Neumann gehört zu den Händlern, die schon gezahlt haben. Sie hatte 15.000 Euro erhalten und schon vor drei Jahren 12.000 Euro zurückgezahlt. Sie fordert Gleichbehandlung. Rechtsanwältin Röder ist bei diesen Fällen nicht so optimistisch. „Das muss auf politischer Ebene geklärt werden“, sagte sie. Der AfD- Landtagsabgeordnete Lars Kuppi erklärte, dass AfD-Politiker sowohl im Landtag als auch im Bundestag Kleine Anfragen zu dem Thema gestellt hätten. Eine Antwort gebe es noch nicht.
Schadensersatzanspruch gegen Steuerberater?
Die Rolle der Handwerkskammern und der IHK sieht die Anwältin kritisch. „Das Bedenkliche ist, dass die Handwerkskammern und die IHK in diesem Fall nicht ihre Partner sind.“ Kritisch sieht sie auch die Rolle der Steuerberater, die die Unternehmen auch bei späteren Überbrückungshilfen in der Coronakrise betreut hatten. „Die kennen sich mit Steuerrecht, aber nicht mit Verwaltungsrecht aus.“ Denkbar sei, dass die Unternehmen einen Schadensersatzanspruch gegen Steuerberater haben.
Der Dresdner Unternehmer Thomas Pauland kündigte in der Veranstaltung an, eine zentrale Anlaufstelle für betroffene Unternehmer in Sachsen einrichten zu wollen. „Wir brauchen eure Masse, wir brauchen eure Namen, damit wir im Großen zurückschlagen können.“
SZ


