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Sachsen fehlen bald 207 000 Arbeitnehmer

Im Freistaat gehen mehr Menschen in Rente, als Berufseinsteiger nachrücken. Arbeitsmarktexperten sehen Möglichkeiten, diesen Trend aufzuhalten.

Lesedauer: 3 Minuten

Dresden. Der sächsische Arbeitsmarkt entwickelt sich sehr positiv. So gibt es in Sachsen zurzeit mit einer Arbeitslosenquote von 5,8 Prozent so wenig Arbeitslose wie nie zuvor. Gleichzeitig ist die Zahl der sozialversicherungs-
pflichtigen Beschäftigten mit 1,6 Millionen auf einen Höchststand gestiegen. Dieser Trend wird sich fortsetzen. Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit sagt auch für dieses Jahr in Sachsen einen Rückgang der Arbeitslosigkeit und einen Anstieg der Beschäftigung voraus. In den Arbeitsagenturen und Jobcentern sind 40 000 freie Stellen gemeldet. Standen 2005 noch 44 arbeitslose Menschen einer freien Stelle gegenüber, sind es heute nur noch drei pro Stelle. Und diese 40 000 Stellen sind nur ein Teil der Nachfrage nach Arbeitskräften, die sächsische Firmen haben.

Tausende Fachkräfte gehen verloren

Sie aus dem eigenen Potenzial zu stillen, wird sehr schwer. Schon heute hat der Freistaat den höchsten Altenquotient in Deutschland. Seit 2011 rücken jedes Jahr weniger Berufseinsteiger nach, als Arbeitnehmer aus dem Berufsleben aussteigen. Im Zeitraum 2016 bis 2025 wird die Zahl der arbeitsfähigen Bevölkerung im Alter von 15 bis 65 Jahre um 207 000 Menschen sinken. Das entspricht einem Rückgang um 8,3 Prozent. In zehn Jahren werden dem Arbeitsmarkt nach Angaben des Wirtschaftsministeriums sogar schon 300 000 Erwerbspersonen fehlen. Besonders dramatisch trifft es den Erzgebirgskreis, Görlitz und den Vogtlandkreis. Dort geht fast jeder 5. im arbeitsfähigen Alter dem Arbeitsmarkt verloren.

Fachkräftesicherung ist Hauptaufgabe

Es ist höchste Zeit, zu handeln. Denn Fakt ist: Damit die Betriebe im internationalen Konkurrenzkampf mithalten und dem Wandel der Arbeitswelt durch die Digitalisierung richtig begegnen können, braucht es Fachkräfte. Wie sie diese gewinnen können, darum ging es am Donnerstag im Strategieforum „Fachkräftestrategie 2030 für den Freistaat Sachsen“, zu dem das Wirtschaftsministerium eingeladen hatte. Diskutiert wurde die Analyse der Prognos AG zu den Erfolgen der bisherigen Fachkräftestrategie 2020 und wie diese weiterentwickelt werden kann. Die Studie macht deutlich, dass die Sicherung des Fachkräftebedarfs eine gemeinsame Aufgabe aller Akteure ist – von den Unternehmen, Kammern, Gewerkschaften, über die Arbeitsagenturen bis zu den Städten und Gemeinden. Die Prognos-Wissenschaftler schlagen eine praxisnähere Berufsorientierung vor. Die duale Ausbildung müsse attraktiver und bei den Eltern wieder ins Bewusstsein gerückt werden. Weiterhin gilt es, die Bedingungen von Arbeit zu verbessern, wie Löhne, Weiterbildung und neue Formen des Personalmanagements.

Mehr Teilhabe und mehr Zuwanderung

Damit Sachsen ein attraktiver Wirtschaftsstandort bleibt, müssen alle Fachkräftereserven aktiviert werden. Deshalb verfolgt die Landesarbeitsagentur in Chemnitz eine Sowohl-als-auch-Strategie. Inländische Arbeitsuchende werden gezielt gefördert, heißt es. Dazu gehören Langzeitarbeitslose, Geringqualifizierte und Menschen mit Handicap. 49 Prozent der Arbeitslosen wollen im Helferbereich arbeiten, aber nur 17 der Stellen sind im Helferbereich zu besetzen. Bei Facharbeitern sind es zwei Bewerber pro freie Stelle. Die Lösung des Problems ist berufliche Qualifizierung, für die die Bundesagentur für Arbeit jährlich 100 Millionen Euro bereitstellt. Andererseits „braucht Sachsen Zuwanderung“, betont Klaus-Peter Hansen, Chef der Landesarbeitsagentur in Chemnitz. Deshalb müssten rückkehrwillige Menschen und Auspendler für Sachsen zurückgewonnen werden“, so Hansen. Die Zahl der Auspendler beträgt 138 000. Aber auch die gezielte Zuwanderung von ausländischen Fachkräften sei Teil der Lösung. Hansen appelliert an die Arbeitgeber: „Arbeitslose Menschen, Auspendler und auch Jobwechsler wünschen sich eine gute Arbeit – von der man Leben kann und die Freude bereitet“. Dazu gehörten faire Arbeitsbedingungen, angemessene Löhne, flexible Arbeitszeiten und Aufstiegschancen, so Hansen.

Die Fachkräftestrategie kann unter Bürgerbeteiligung Sachsen diskutiert werden.

 

Von Nora Miethke

Bildquelle: dpa

 

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