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Sachsens größtes Möbelwerk schließt

Überraschend kündigt Ikea alle Aufträge für das Maja-Möbelwerk in Wittichenau. Die Produktion wird Ende des Jahres eingestellt. 450 Mitarbeitende sind betroffen.

Lesedauer: 3 Minuten

Man sieht Menschen, die Kartons einpacken.
Seit 31 Jahren stellt man im Gewerbegebiet Brischko vor den Toren von Wittichenau Möbel her, zum Jahresende soll damit nun Schluss sein. © Archiv/Gernot Menzel

Von Mirko Kolodziej & Nora Miethke

WittichenauMaja-Möbel, bei weitem das größte Unternehmen in Wittichenau und von Mitarbeiterzahl sowie Umsatz her sogar Sachsens größtes Möbelwerk, wird zum Jahresende seine Produktion einstellen.

„Das kann man gar nicht so schnell verarbeiten, das ist wie ein Blitzschlag. Damit stirbt auch ein jahrzehntelanges Zusammenleben mit der Stadt“, sagt Wittichenaus stellvertretender Bürgermeister Georg Szczepanski (CDU). Nach 31 Jahren endet etwas, von dem Uwe Garbe von der IG Metall Ostsachsen meint: „Eigentlich war es eine Erfolgsgeschichte.“ Und von dieser Erfolgsgeschichte nahm man lange, eigentlich sogar bis vor ein paar Tagen an, dass sie kein Ende haben würde.

1992 startete die Produktion des Lausitzer Zweigwerkes der Firma aus dem bayerischen Kasendorf. Das Kürzel Maja steht nicht für die Zeichentrick-Biene, sondern für die Anfangsbuchstaben des Unternehmensgründers Manfred Jarosch. Schon kurz nach der Inbetriebnahme des Werkes im Wittichenauer Ortsteil Brischko begann 1993 die erste Erweiterung, der über die Jahre weitere folgten. Zu einer nächsten gab es schon Gespräche mit der Stadt. Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wuchs von 60 auf 750. Noch vor einem Jahr gab es eine Auszeichnung der Industrie- und Handelskammer, die Maja als vorbildlichen Ausbildungsbetrieb ehrte. Turbulenzen drangen überhaupt nur einmal nach außen, als es Unstimmigkeiten zur Gründung eines Betriebsrates gab.

Ikea hat Partnerschaft gekündigt

Am Donnerstag nun versammelte die Werksleitung die Angestellten in der großen Verpackungshalle und überbrachte die Botschaft von der bevorstehenden Betriebseinstellung zum Dezember. Der Grund: Der einzige Abnehmer von Regalen, Kommoden und Heim-Büro-Systemen hat den Auftrag gekündigt. Bei Maja ist es Politik, nur von „unserem langjährigen Kunden“ zu sprechen. Aber in Wittichenau weiß jedes Kind, dass es sich um Ikea handelt. Im Sortiment hat der Möbelriese die Erzeugnisse aus der Lausitz als Kommode Malm, als Regal Kallax sowie als Schreibtisch-Serie Alex – noch. Das Auftragsvolumen wurde zuletzt von rund sechs Millionen auf aktuell 1,5 Millionen Möbelstücke reduziert

„Ohne diesen Kunden würde es das Werk nicht geben, und die Zusammenarbeit war immer sehr gut“, sagt Geschäftsführer Uwe Gottschlich, selbst ein Mitarbeiter der ersten Stunde. Aber Energiepreise, Inflation, Ukrainekrieg und Heizungs-Debatte hätten dazu geführt, dass die Leute ihr Geld zusammenhalten würden. Die Nachfrage ist einfach gesunken. Schon im Januar hatte es bei Maja massive Stellenstreichungen gegeben, und es hieß, vor dem Hintergrund der gesamtwirtschaftlichen Situation, der Konsumzurückhaltung und dem dadurch bedingten Auftragsrückgang sei dies nötig.

450 Mitarbeiter von Schließung betroffen

Nunmehr besteht das Personal in Brischko noch aus 450 Personen, etwa 200 pendeln täglich aus Polen zum Möbelwerk. Nach der Ankündigung von Entlassungen zu Jahresbeginn war der Landrat des Kreises Bautzen, Udo Witschas (CDU), nach Wittichenau gefahren. Am Donnerstag zeigte er sich schockiert: „Ich hatte meine Hilfe angeboten, die Agentur für Arbeit eingeschaltet und gesagt, wenn es weitere Schwierigkeiten gibt, stehe ich bereit. Seitdem habe ich aber nichts mehr gehört.“

Uwe Gottschlich sagt, die Vertragskündigung sei tatsächlich erst vor wenigen Tagen eingegangen und man habe sich entschieden, so transparent wie möglich die Belegschaft rasch zu informieren. Er berichtete bei einer eilends vor dem Werkstor einberufenen Pressekonferenz auch über Versuche der letzten Monate, zusätzliche Kunden zu finden: „Was wir können, sind große Serien, was wir nicht können, sind kleine Stückzahlen.“ Denn so ist der Maschinenpark angelegt. Von den notwendigen Großabnehmern gebe es weltweit allerdings nur eine Handvoll. Und diese hätten abgewunken. „Das ist leider ohne Erfolg geblieben“, so Gottschlich.

Nun wolle man bis Ende September einen Plan dazu machen, wie der Betrieb möglichst reibungsarm einzustellen ist. „Es geht um Perspektive und Planungssicherheit für die Mitarbeiter“, sagt der Geschäftsführer. Er erzählt, nach seiner Kenntnis hätten die zu Jahresbeginn entlassenen Kolleginnen und Kollegen schnell anderswo Arbeit gefunden. Auch der Landrat ist zumindest diesbezüglich optimistisch: „Es ist gottlob nicht mehr wie vor zwanzig Jahren. Wir haben einen erheblichen Arbeitskräftemangel in allen Richtungen“, sagt Udo Witschas.

Die Geschäftsführung will zügig mit dem Betriebsrat Gespräche über die Details einer „geordneten“ Betriebsschließung beginnen. Für die 27 Auszubildenden im Werk will das Unternehmen Ausbildungsplätze in anderen Betrieben finden.

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