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Sachsens Wein braucht Schutz vor Marken-Piraten

Eine Rede des deutschen Weinbau-Chefs alarmiert die Winzer im Elbtal.

Lesedauer: 2 Minuten

Das Lachen bleibt den Besuchern des Sächsischen Weinbautages in Pillnitz im Halse stecken. Der Präsident des Deutschen Weinbauverbandes Klaus Schneider reißt keine Witze: In China hätten sich Einheimische den Begriff Eiswein schützen lassen, berichtet er. Ein Amerikaner mit deutschen Wurzeln habe Gleiches für Pfälzer Riesling in den Vereinigten Staaten erreicht. Die Winzer in Sachsen und den anderen zwölf deutschen Anbaugebieten stehen unter Druck. Sie brauchen einen besseren Schutz für ihre Weine, um Marken-Piraten keine Angriffsfläche zu bieten.

Geschützte Herkunft ist entscheidend

Den Anlass für den Pillnitzer Appell von Verbandspräsident Klaus Schneider liefert die länger zurückliegende europäische Weinmarkreform. Einer ihrer Grundpfeiler: Auch in Deutschland soll künftig die regionale Herkunft des Weines das tragende Qualitätsmerkmal bilden. Bislang waren dies Stufen wie Kabinett, Spätlese und Auslese. Um das traditionelle System abzulösen, soll – ähnlich wie beim Altenburger Ziegenkäse oder der Lüneburger Heidschnucke – eine sogenannte geschützte Ursprungsbezeichnung als EU-Gütesiegel eingeführt werden. Verantwortlich sind nicht länger Landesbehörden, sondern die Winzer selbst. Sie müssen sich in Schutzgemeinschaften organisieren. Diese legen Kriterien wie das Anbaugebiet, den Sortenspiegel, Hektarerträge und Mostgewicht fest. Nur Produkte, welche diese Vorgaben erfüllen, dürfen sich anschließend noch sächsischer Wein nennen. Während die Winzer an Saale und Unstrut ihre Schutzgemeinschaft bereits Anfang Februar gründeten, ist Sachsen davon weit entfernt. Ein Problem hierbei: Der größte Weinerzeuger im Freistaat, die Winzergenossenschaft Meißen, ist nicht Mitglied im Weinbauverband. Genau dieser sollte den Prozess zum Aufbau der Schutzgemeinschaft allerdings koordinieren. Präsident Klaus Schneider findet vielleicht auch deshalb erneut eindringliche Worte: "Gehen Sie diesen Prozess gemeinsam an, fällen Sie Entscheidungen möglichst einstimmig."

Rebstöcke mitunter überaltert

Fachmann Frieder Tränkner vom Landwirtschaftsamt des Freistaats präsentiert beim Weinbautag stolze Zahlen. Rund 25 500 Hektoliter konnten die Winzer vergangenes Jahr lesen. Das hilft, die nach den schlechten Jahren 2012 bis 2014 leeren Keller zu füllen. Gleichzeitig empfiehlt Tränkner den Weingütern, diese vorteilhafte Situation zu nutzen, und überalterte Rebstöcke durch Jungpflanzen zu ersetzen. Längerfristiges Denken ist unerlässlich. Drei Jahre dauert es, bis eine neue Anlage verwertbare Trauben abwirft. Nach Sorten aufgeschlüsselt hat Weißburgunder im vergangenen Jahr den höchsten Zuwachs erzielt. Müller-Thurgau bleibt trotzdem an der Spitze, dicht gefolgt vom Riesling.

Mit Augenmaß bewässern

Die Klimaerwärmung lässt sich im Elbtal kaum noch leugnen. Ein Vergleich der monatlichen Mittelwerte der Lufttemperatur zwischen 1961 und 1991 mit den Werten im Zeitraum von 1991 bis 2017 zeigt nahezu für jeden Monat eine deutliche Zunahme an. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Trockenheit 2018 wird unter Winzern vermehrt darüber diskutiert, die Anlagen künftig zu bewässern. Wissenschaftler Wilfried Hartl vom Bio-Forschungsinstitut in Wien mahnt jedoch zur Vorsicht. Wer Junganlagen zu stark bewässere, verziehe die Pflanzen, so der Forscher. Sie bildeten dann nur ein oberflächliches Wurzelgeflecht. Hartl rät stattdessen, bei der Arbeit im Weinberg stärker auf die individuellen Eigenschaften des Bodens einzugehen. Die Winzer sollten analysieren, wie tief die Wurzeln der Stöcke reichten und wo es Wasser in welchen Mengen gebe. Je nach Ergebnis sollten die Zwischenflächen individuell begrünt und bearbeitet werden, um Trocken- oder Nässestress zu vermeiden.

Gefahr von Radon nicht unterschätzen

Vor allem historische Gewölbe könnten betroffen sein. Geologin Stephanie Hurst vom Landwirtschaftsministerium weist in Pillnitz darauf hin, dass bis Ende 2020 in Sachsen sogenannte Radonvorsorgegebiete ausgewiesen werden müssten. Es handele sich um Flächen, wo das gesundheitsschädliche Edelgas in größeren Konzentrationen zu erwarten sei. Tieferliegende Weinkeller könnten Problemzonen bilden. Die Verantwortlichen sollten vorbeugen. Mit Lüften und Abdichten lasse sich viel erreichen.

 

Von Peter Anderson

Foto: Claudia Hübschmann

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