Von Georg Moeritz
Cottbus. 461 Ja-Stimmen und 15 Gegenstimmen: Der sächsische Bauernpräsident Torsten Krawczyk ist am Mittwoch zum Vizepräsidenten des Deutschen Bauernverbandes gewählt worden. Auf dem Deutschen Bauerntag in Cottbus erhielt der Diplom-Agraringenieur aus Westewitz bei Döbeln fast 97 Prozent der Stimmen aus der 92. Mitgliederversammlung. Er bekam mehr Zustimmung als die anderen drei Vizepräsidenten aus Bayern, Niedersachsen und Hessen, die wiedergewählt wurden.
Krawczyk kandidierte zum ersten Mal für das Amt. Vor seiner Wahl wurde zunächst der deutsche Bauernpräsident Joachim Rukwied wiedergewählt. Er bekam in Cottbus 409 Stimmen. Die Amtszeit beträgt vier Jahre. Der 62-jährige Rukwied aus Baden-Württemberg leitet den Verband seit 2012. Krawczyk ist nicht der erste Sachse, der einer der Vizepräsidenten auf Bundesebene wird. Sein Vorgänger Wolfgang Vogel aus Grimma war ebenfalls Vizepräsident im Deutschen Bauernverband.
Torsten Krawczyk wurde am 31. Januar 1975 geboren. Zusammen mit seinem Bruder leitet er als Geschäftsführer das Familienunternehmen Landgut Westewitz GbR, das sich auf Schweinehaltung mit eigener Schlachtung, Direktvermarktung und Biogasanlage spezialisiert hat. Krawczyk war seit 2015 Vizepräsident des Sächsischen Landesbauernverbandes und zudem Vorsitzender des Regionalbauernverbandes Döbeln-Oschatz. Detlef Kurreck, der seit 2020 Vize-Präsident des Deutschen Bauernverbandes und seit 2016 Präsident des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern war, ist nicht mehr zur Wahl angetreten.
Der 49-jährige Krawczyk war erst im November für seine zweite Amtszeit an der Spitze des Sächsischen Landesbauernverbands wiedergewählt worden, auf dem Bauerntag in Weinböhla. Er ist seit 2019 Präsident in Sachsen. Im Monatsmagazin des Verbandes, Agrar Aktuell, hatte Krawczyk seine Kandidatur für das Bundes-Amt angekündigt. Er sagte, er lege Wert auf eine starke, einheitliche Stimme der Landwirte.
Torsten Krawczyk scheut keinen Konflikt mit dem Minister
In den vergangenen Jahren hatten auch andere Vereine zu Demonstrationen für die Bauern aufgerufen, dem Bauernverband war es aber gelungen, daraus gemeinsame Aktionen zu machen. Auch Rukwied betonte in Cottbus, es sei gelungen, gemeinsam zu demonstrieren. Er habe schon Anfragen aus Indien, wie sich solche demokratischen Großdemonstrationen organisieren ließen. Krawczyk hatte in Weinböhla gesagt, dass „Lärm und Krawall nicht in erster Linie zu unserem Portfolio“ gehörten.
Der sächsische Verbandschef legt Wert auf „freies Unternehmertum“. Krawczyk will nach eigenen Worten „ein ausgewogenes Maß zwischen Subventionszuwendungen und Marktfreiheit“. Im Verband müsse jede Meinung gehört werden, auch Minderheiten müssten in einer solidarischen Vereinigung eine starke und klare Stimme haben.
Den Konflikt mit Politikern scheut Krawczyk nicht: Im Januar hatte er dem sächsischen Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (Grüne) ein Ultimatum gestellt. Er forderte damals, der Minister müsse zurücktreten, wenn die verzögerten Agrarsubventionen nicht bis Ende Januar auf den Konten der Bauern seien. Er sei menschlich enttäuscht von Günther. Dennoch blieb er mit dem Minister im Gespräch und zeigte sich mehrmals gemeinsam mit ihm, auch auf der Grünen Woche in Berlin.
Bauernpräsident startet an diesem Freitag bei Riesa Ernte
Im April schrieb Krawczyks Landesbauernverband gemeinsam mit drei anderen Vereinen einen Brief an Landtagsfraktionen der sächsischen Koalition, in dem er eine Einladung zum Gespräch über das geplante Agrarstrukturgesetz ausschlug. Die Einladung der Landespolitiker sei zu kurzfristig gekommen, zudem solle das Gespräch ausgerechnet „einen Tag vor der Agra, der wichtigsten Branchenmesse“ stattfinden. Das komme nicht infrage. Krawczyk stellte sich damit gegen einen Gesetzentwurf, der Günther wichtig war, aber auch vom größeren Koalitionspartner CDU abgelehnt wurde. Günther sagte damals, er befürchte einen Koalitionsbruch durch die CDU.
Am Freitag dieser Woche wird Krawcyzk auf einem Hof bei Riesa offiziell die Ernte eröffnen. Für das sächsische Landwirtschaftsministerium nimmt Staatssekretärin Gisela Reetz an der Veranstaltung teil und stellt den Agrarbericht Sachsen 2024 vor.
Im Landesbauernverband hat unterdessen Diana Henke das Amt der Hauptgeschäftsführerin übernommen. Sie war bisher Pressesprecherin des Verbandes in Dresden. Sie löst den Agraringenieur Stefan Seyfarth ab, der nur wenige Monate im Amt war. Der langjährige Hauptgeschäftsführer Manfred Uhlemann war zuvor in den Ruhestand gegangen. Uhlemann war seit 2014 im Amt und führt im Verband noch Projekte fort.