Suche
Suche

Sie gestalten den Wandel

Wie Männer und Frauen mit Ideen, Engagement und dem Mut zu ungewöhnlichen Lösungen die Zukunft greifbar machen.

Lesedauer: 5 Minuten

Wer hat die zündende Idee? In der Lausitz sorgen viele kreative Köpfe dafür, dass der Strukturwandel gelingen kann. Foto: Adobestock

Wie Männer und Frauen mit Ideen, Engagement und dem Mut zu ungewöhnlichen Lösungen die Zukunft greifbar machen.

Der Optimistische

Torsten Ruban- Zeh, Bürgermeister von Hoyerswerda, will über das sprechen, was gelingt, nicht über das, was fehlt wie Fachkräfte. „Ich will ja den Leuten einen Grund geben, nach Hoyerswerda zu kommen und sie nicht abschrecken“, sagt er selbst. Ruban-Zeh hat im Rathaus eine ganze Abteilung mit sechs Mitarbeitern aufgebaut zur Projektentwicklung. Die positive Außenkommunikation sei beispielhaft, heißt es lobend in der Sächsischen Agentur für Strukturwandel.
Das für ihn wichtigste Projekte ist der Forschungscampus mit der TU Dresden für autonomes Fahren, Fliegen und autonome Landwirtschaft. Für 90 Millionen sind Investitionen geplant, im Stadtrat ist der Bebauungsplan genehmigt worden.

Torsten Ruban-Zeh. Foto: Gernot Menzel

Die Netzwerkerin

Katharina Hentjes-Kunst ist die Frau, die das Deutsche Zentrum für Astrophysik in der Lausitz administrativ auf die Spur bringen wird. Sie hat das Geld, um Labore und Räumlichkeiten anzumieten, Personal einzustellen und die Ausrüstung für die geplanten Bohrungen im Lausitzer Granit anzuschaffen. Sie hält den Kontakt zu den Bürgermeistern und Landräten in der Region. Es fällt auf, wie gut sie schon nach so kurzer Zeit vernetzt ist. Hentjes-Kunst hält den DZA-Chefs Hasinger und Stegmann den Rücken frei. Mitte März bezogen sie und ihr Team Büroräume im Rathaus in Hoyerswerda, von wo aus sie vorerst den Aufbau des Großforschungszentrums vorbereiten.

Katharina Hentjes-Kunst. Foto: PR

Der Bioökonomie-Pionier

Romann Glowacki, 45, gebürtiger Ostwestfale und Diplom-Holzwirt, bringt junge Firmen für neue Produkte und Verfahren der Bioökonomie ins Kohlerevier: Der umtriebige Manager war Innovationskoordinator am Deutschen Biomasseforschungszentrum in Leipzig, heute ist er Geschäftsführer und Inhaber der Agentur „PiC Innovation Culture“ für Innovationsmanagement und Produktentwicklung. Er berät das BioZ, ein Bündnis für biobasierte Innovationen aus Zeitz und Mitteldeutschland. Es treibt neue Wertschöpfungsketten mit biobasierten Rohstoffen und neue Bündnisse voran, baut Forschungsprojekte auf, wirbt Fördermittel ein und bereitet industrielle Produktionen vor. Dem Projekt gehören über 70 Partner an.

Romann Glowacki. Foto: PR

Die Wirtschaftsförderin

Wie spart man mit Stroh Kunststoffe ein in der Autoindustrie? Das untersucht in den nächsten drei Jahren ein Konsortium aus 100 Unternehmen aus der Lausitz. Unter Federführung von Kunststoff-Professor Sebastian Scholz von der Hochschule Zittau/Görlitz. Mit dabei sind auch der VW-Konzern und Siemens Mobility in Wien. Der Impuls für dieses Projekt kam u.a. von Heike Schleussner von der Wirtschaftsfördergesellschaft Eno in Görlitz. Sie war auf das RUBIN-Bundesprogramm aufmerksam geworden, womit regionale unternehmerische Bündnisse für Innovation gefördert werden. Für die 32-Jährige ist es ihr erster großer Erfolg. Der Zuschlag aus Berlin kam wenige Tage nach ihrem Start bei der Eno.

Heike Schleussner. Foto: PR

Die Stimme der Lausitz

Christine Herntier, seit 2014 parteilose Bürgermeisterin von Spremberg, war in der Kohle-Kommission die Stimme der Städte und Gemeinden im Lausitzer Revier. Sie gilt als entschlossen, kämpferisch und durchsetzungsstark, ist aber weniger „poltrig“ als mancher Amtskollege. Sie ist Mitinitiatorin, Mitbegründerin und eine von zwei Sprechern der Lausitzrunde, einem Zusammenschluss von 23 Landkreisen, Städten und Gemeinden. Herntier stellt sich nicht gegen Veränderungen, den Strukturwandel hat sie akzeptiert. Sie ist aber gegen einen Kohleausstieg vor 2038. Es gibt Stimmen, die sagen, ihr ist es entscheidend mit zu verdanken, dass es viel Geld zur Abmilderung des Kohleausstiegs gibt.

Christine Herntier. Foto: Thomas Kretschel/kairospress

Der Innovative

Bei der Sächsischen Landesausstellung in Zwickau 2020 gehörte Christoph Scholze zu den 20 Zukunftsmachern von Sachsen. Da hatte der damals 40-jährige studierte Maschinenbauingenieur gerade mitgeholfen, das Siemens-Werk in Görlitz mit rund 750 Mitarbeitern zu erhalten. Als Vize-Betriebsratschef entwarf er die Strategie eines Innovationscampus im Siemens-Gelände mit. Mittlerweile baut Fraunhofer ein Wasserstoff-Labor hier auf und Deloitte hat sich niedergelassen. Der heute 43-Jährige ist einer der gefragtesten Ideengeber und Netzwerker im Landkreis Görlitz. Er ist für Energy Saxony unterwegs und demnächst auch für das Start-up-Förderprogramm der Leipziger Handelshochschule tätig.

Christoph Scholze. Foto: Martin Schneider

Der Unnachgiebige

Torsten Pötzsch, Oberbürgermeister von Weißwasser, ist der andere Sprecher der Lausitzrunde. Er tickt eher etwas links, auf jeden Fall weltoffen, bedingt grün, weil er um die Bedeutung der Kohle für Weißwasser weiß. Ihm ist aber wichtig, die Welt „enkeltauglich“ zu hinterlassen. Er ist ein Macher, packt ganz viel selbst an. Pötzsch ist stimmberechtigtes Mitglied im Regionalen Begleitausschuss Lausitzer Revier, der die Kohlemillionen mitverteilt. Er hatte zwischenzeitlich schon mal gedroht, den Posten hinzuwerfen, weil er die Vergabe der Gelder scharf kritisiert. Er beharrt mit Nachdruck darauf, dass vor allem die Kohle-Kernregionen beim Strukturwandel unterstützt werden sollten.

Torsten Pötzsch. Foto: Wolfgang Wittchen

Die Wissenschaftlerin

Für die Rektorin der Technischen Universität (TU) Dresden, Professrin Ursula Staudinger, ist die Gestaltung des Strukturwandels ein strategisch wichtiges Thema. Denn dabei lassen sich wissenschaftliche Exzellenz und die damit verbundene Innovationskraft durch Forschungszentren wie das Deutsche Zentrum für Astrophysik oder das Smart Mobility Lab in Hoyerswerda auch in der Region verankern. Zugleich sieht sie die Universität in der Verantwortung, den Transformationsprozess in der Lausitz aktiv als gesellschaftliche und wissenschaftliche Akteurin mit zu begleiten. Sie ist auch oft Gast bei den Sitzungen des Innovationsbeirats, den Ministerpräsident Michael Kretschmer zur Begleitung des Strukturwandels ins Leben gerufen hat.

Ursula M. Staudinger. Foto: M. Rietschel

Die Genießerin

Christine Klauder, 50, Thüringerin und gelernte Porzellandesignerin, bringt kulinarischen und kulturellen Genuss ins Kohlerevier: Die Herausgeberin des Mitteldeutschen Genussführers leitet den vom Bundesprogramm „Unternehmen Revier“ geförderten Verein Heimatgenuss Mitteldeutschland. Das Team vernetzt lokal und länderübergreifend Erzeuger, Gastronomen, Köche, Produzenten, Lebensmittelhandwerker, Winzer und Händler und organisiert Heimatmenü-Festivals, Picknick-Safaris, kulinarische Spaziergänge und andere regionale Aktionen. Klauder will Einheimischen und Touristen Lust machen, die alten Braunkohlegebiete neu und anders zu entdecken und zu genießen.

Christine Klauder. Foto: privat

Der Werber

Drei Buchstaben stehen in Bischofswerda für die Zukunft: LUA, meist in einem Wort gesprochen. Das geht schneller als Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen. Noch ist die Behörde in Dresden zuhause, doch ab 2025 beginnen am Stadtrand von Bischofswerda die Arbeiten für neue Labore und Büros. Kosten: 165 Millionen Euro. Verbunden ist das mit einem Namen: Holm Große (57). Der parteilose Oberbürgermeister ist überzeugt: Die LUA bringt Jobs, vor allem für Frauen, außerdem Kaufkraft und Zuzug für die Stadt. Deshalb kämpft er für das Projekt – und gegen Vorurteile unter den 300 LUA-Mitarbeitern, von denen nicht alle begeistert sind. Bei Stadtrundfahrten speziell für sie wirbt der OB mit Kitas, Schulen und Bauplätzen für Eigenheime.

Holm Große. Foto: Uwe Soeder

Das könnte Sie auch interessieren: