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Sie ist die neue Chefin in den Dresdner Watzke-Häusern

Nicole Rothländer führt seit Jahresbeginn die Geschäfte in den vier Watzke-Restaurants. In der Dresdner Gastronomie ist sie keine Unbekannte. Was sie nun verändern will.

Lesedauer: 4 Minuten

Nicole Rothländer, die neue Chefin der Watzke-Häuser Dresden steht an einer Bar und lacht freundlich in die Kamera. Ihr linker Arm lehnt auf dem Tresen.
Nicole Rothländer ist nicht nur die neue Chefin im Brauhaus Watzke in Mickten, sondern auch von den anderen drei Watzke-Standorten in Dresden.

Von Nora Domschke

Dresden. Die Gastronomie ist ihre Branche. Ob im Service direkt am Gast oder abseits des Trubels im Büro – Nicole Rothländer liebt ihren Beruf. „Ich habe noch nie etwas anderes gemacht – und wollte auch nie etwas anderes.“ Seit Anfang 2023 hat sie nun eine neue Aufgabe, eine neue Herausforderung in der Dresdner Gastronomielandschaft angenommen: Sie ist Geschäftsführerin der vier Watzke-Standorte in der Stadt.

Ihr Vorgänger Mirko Unger war bereits im September vergangenen Jahres aus dem Unternehmen ausgeschieden. Auf eigenen Wunsch, wie es hieß. Dass Unger nun die Lindenschänke in Altpieschen – also ganz in der Nähe zum Ballhaus – übernimmt, hat Nicole Rothländer aus der Zeitung erfahren. Dass viele Watzke-Stammgäste in die Lindenschänke abwandern könnten, befürchtet sie allerdings nicht. „Sicher wird es einige Gäste geben, die auch mal dort vorbeischauen.“ Letztendlich vertraut die Gastronomin aber auf die gute Lage und die gute Küche – vor allem aber auf das hausgebraute Bier im Watzke.

Hausbrauerei bekannter machen

Auf das will die 38-Jährige stärker den Fokus legen. „Ich habe das Gefühl, dass immer noch viele Dresdner gar nicht wissen, dass im Watzke Bier gebraut wird.“ Das soll sich ändern, indem die Hausbrauerei stärker beworben wird. „Wir wollen mit Fass-Anstichen, Brauereiführungen und Verkostungen richtige Bier-Erlebnisse schaffen.“ Und da gibt es geschmacklich durchaus einiges zu entdecken: Jeden Monat kommt neben dem Pils und dem Altpieschener Spezial ein neues Bier auf den Tisch. Schon für ein ganzes Jahr im Voraus entwickelt der Braumeister einen Bierkalender. So gab es im Januar ein Baltic Porter und im Februar ein Hopfenweisse. Im März kredenzt der Braumeister ein Rotbier. Was alle Biere gemeinsam haben: Sie sind naturtrüb.

Wie wichtig gutes Bier für die Dresdner Gäste ist, weiß Nicole Rothländer nur zu gut. In den vergangenen elf Jahren ist sie im Augustiner an der Frauenkirche angestellt gewesen, zunächst im Service, später im Büro. Als zweifache Mutter mit Wohnsitz in Pirna wollte sie spät abends nicht mehr kellnern. Da kam ihr zugute, dass sie nach ihrer Ausbildung zur Restaurantfachfrau eine zweijährige Ausbildung zur Betriebswirtin und Finanzbuchhalterin absolvierte hatte. „Zahlen liegen mir einfach.“ Im Augustiner wurde sie die rechte Hand des Betreiberpaars Mary und Herbert Berger, übernahm schließlich sogar den Posten als Prokuristin.

Gäste stellen eigene Bratwurst her

Das Augustiner zu verlassen, sei ihr sehr schwer gefallen. „Als ich die Stellenausschreibung vom Watzke sah, musste ich erst einmal zwei Nächte drüber schlafen“, erzählt Nicole Rothländer. Doch letztlich ergriff sie die Chance und wurde mit der neuen Aufgabe bei Watzke selbst zur Chefin.

Der Empfang sei sowohl von den Mitarbeitern als auch von den Gästen sehr herzlich gewesen. „Damit habe ich gar nicht gerechnet.“ Und doch erleichtert es den Einstieg ungemein. „Ich hatte das Gefühl, dass alle dankbar waren, wieder einen Ansprechpartner vor Ort zu haben.“

Noch sei sie in der Findungsphase, lerne alle vier Häuser nach und nach richtig kennen und sehe dabei, wo bei den einzelnen Standorten der Schuh drückt. Bei der „Wurstküche“ etwa – 2015 am Dr.-Külz-Ring direkt neben dem „Watzke am Ring“ eröffnet – sei noch Luft nach oben, sagt sie. Auch hier wüssten viele Dresdner nicht, dass am Standort selbst produziert wird. Die Idee: Die Gäste stellen ihre eigene Bratwurstkreation her. Und auch hier gibt es inzwischen einen Jahres-Wurst-Kalender: Im Februar war es die Chili-Cheddar-Bratwurst, im März wird die Altpieschener Bierwurst gereicht.

Watzke beschäftigt in der Wurstküche einen Fleischermeister und mehrere Fleischer, die Wurst, Schinken und Bratwürste nicht nur für den Verkauf in der Altstadt herstellen, sondern auch für die anderen drei Watzke-Restaurants. Ältester „Außenstandort“ ist das „Watzke am Goldenen Reiter“, das 2005 in der Hauptstraße eröffnet wurde.

Gaststätte, Ballsaal, Militärunterkunft, Sportartikellager

Den Namen Watzke übernahm übrigens einer der beiden Gesellschafter der Hausbräu im Ballhaus Watzke GmbH, als er das Ballhaus 1996 nach dreijähriger Sanierung in Mickten eröffnete. Rudi Vogel betrieb damals bereits eine Hausbrauerei in Karlsruhe. Nach der Grenzöffnung schaute er sich in Dresden um und entdeckte den heruntergekommenen Ballsaal.

1898 eröffnet, erlebte das Ballhaus in den folgenden Jahrzehnten eine wechselvolle Geschichte. Paul Watzke, Enkel des ersten Watzke-Wirtes, hatte sich mit 770 Plätzen und einem der größten Ballsäle in Dresden ein Denkmal gesetzt. In den beiden Weltkriegen wurde das Gebäude als Militärunterkunft genutzt, zwischendurch und nach dem Krieg bewirtschaftete Watzkes Witwe Alma Gaststätte und Ballsaal.

In DDR-Zeiten machte das Gasthaus aus wirtschaftlichen Gründen zu und wurde von den 1950er-Jahren bis zur Wende als Lager für Sportartikel genutzt. Erst 2016 kauften die Gesellschafter das Gebäude samt Biergarten von den Vorbesitzern ab. Von Mickten aus expandierte das Unternehmen nach und nach in die Dresdner Innenstadt.

2017 sorgte ein Auftritt des AfD-Politikers Björn Höcke im Ballsaal in ganz Deutschland für Aufsehen, den politische Gegner mit Farbbeutelanschlägen quittierten. Die Geschäftsführung drückte damals ihr Bedauern aus und entschuldigte sich damit, im Vorfeld ihre Gäste nicht entsprechend überprüft zu haben.

„Ballsaal hat in Corona-Jahren gelitten“

Anstatt für politische Veranstaltungen soll der Ballsaal künftig wieder mehr für seinen eigentlichen Zweck genutzt werden: zum Feiern. Musik und Tanz sollen das historische Gemäuer beleben. „Der Ballsaal hat in den Coronajahren gelitten“, sagt Nicole Rothländer und meint damit die Buchungen. Nach der Zwangspause, als die Gastronomie über Monate hinweg geschlossen blieb und Großveranstaltungen schon gar nicht möglich waren, habe sich das Geschäft mit den Ballsaalbuchungen noch nicht wieder erholt. Die Eigentümer haben in einen neuen Brandschutz investiert, nun soll die Decke des Saals gedämmt werden. Auch, um Heizkosten zu sparen.

Denn der hohe Energieverbrauch des großen Hauses ist ein Problem. Deshalb wurden bereits eine neue Heizung und eine Kälteanlage eingebaut, die weniger Energie benötigen. Auch wird geprüft, so Nicole Rothländer, ob die Wärme, die beim Bierbrauen entsteht, fürs Heizen genutzt werden kann. „Diese Investitionen sind nötig, um das Haus am Laufen zu halten.“ Dennoch komme man nicht umhin, ab April die Preise zu erhöhen. „Das planen wir aber noch im Detail.“

Ein Vorteil sei, dass das Bier selbst gebraut wird, dort also der Preis nicht ganz so sehr nach oben geschraubt werden muss. Doch allein die 140 Mitarbeiter ordentlich zu bezahlen, sei eine Herausforderung angesichts gestiegener Preise bei Lebensmitteln und Energie. Auch Watzke hat mit dem Personalmangel zu kämpfen, der den Gastronomen schon länger Kopfzerbrechen bereitet. „Ohne Schüler und Studenten, vor allem im Sommer, geht es nicht.“

Ganz schwierig sei es, Köche zu finden – auch damit steht Nicole Rothländer nicht allein da. Übertariflicher Lohn, Zuschläge für Nacht- und Feiertagsdienste, kostenloses Essen und Getränke – da müssen sich die Arbeitgeber in der Branche bewegen. „Es muss sich lohnen, in der Gastronomie zu arbeiten.“

Dass ihr die Arbeit an der Basis nicht fremd ist und sie alle Facetten des Berufs kennengelernt hat, helfe ihr in ihrem neuen Job, sagt Nicole Rothländer. „Ich merke, dass alle mitziehen. Auch, wenn ich neue Ideen habe.“

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