Von Kathrin Witsch
Chemnitz. Die drei Solarspezialisten Heckert Solar aus Chemnitz, Wattkraft und Interfloat wollen eine eigene Fotovoltaikproduktion in Deutschland aufbauen – von der Zellfertigung bis zum Solarmodul. Dafür habe man sich um eine Förderung beim Bundeswirtschaftsministerium beworben, teilten die Unternehmen mit.
„Wir produzieren seit 20 Jahren ausschließlich in Deutschland und können das und auch gut. Aber wir können nicht zu den Preisen der chinesischen Hersteller verkaufen“, sagte Markus Träger, Technikchef des Chemnitzer Modulherstellers Heckert Solar mit 300 Beschäftigten, dem Handelsblatt.
Die europäische Solarindustrie ist abhängig von den Marktführern aus China. Nur wenige Firmen produzieren noch hierzulande – darunter in Sachsen die Hersteller Meyer-Burger in Freiberg und Solarwatt in Dresden. Heckert Solar stellt seine Module zwar in Chemnitz her, die einzelnen Zellen dafür kommen jedoch aus China. Das soll sich ändern.
Einer alleine schaffe es nicht, in der Industrie gegen ausländische Marktanbieter zu bestehen, sagte Träger. Deswegen habe sich das Konsortium zusammengeschlossen und hoffe auf die Förderung vom Bundeswirtschaftsministerium. Fast zwei Milliarden Euro würden die Pläne nach Angaben der drei Solarkonzerne kosten. Den Großteil davon müsste der Bund übernehmen. Dann würde man laut Träger aber auch 90 Prozent der Wertschöpfungskette in Deutschland abbilden können.
2026 könnten die Produktionen laufen. Standorte sind auch schon ausgemacht. Heckert Solar will seine vorhandene Produktionshalle im thüringischen Langenwetzendorf ausbauen, auf insgesamt 2,8 Gigawatt pro Jahr. Damit ist die Stromleistung gemeint, die mit den Solaranlagen aus der Produktion eines Jahres bei guter Witterung erbracht werden kann. In Chemnitz stößt Heckert laut Tageszeitung Freie Presse an räumliche Grenzen: Dort sei nur noch „technologisches Wachstum“ möglich, daran halte Heckert auch fest.
In Frankfurt (Oder) möchte der Wechselrichterhersteller Wattkraft eine Zellproduktion, inklusive Polysiliziumherstellung und Waferfertigung, mit einem Umfang von jeweils fünf Gigawatt pro Jahr aufbauen. Interfloat, der letzte Solarglashersteller Europas, will seinen Standort in Brandenburg ausbauen. Das deutsche Unternehmen wurde Ende vergangenen Jahres mehrheitlich von dem indischen Wettbewerber Borosil übernommen.
Vor zwei Monaten hat Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Förderungen für den Bau von Solarfabriken in Deutschland angekündigt. „Deutschland und Europa brauchen bei zentralen Transformationstechnologien eigene substanzielle Fertigungskapazitäten, zum Beispiel für Windturbinen, Solaranlagen, Elektrolyseure und Batterien“, hatte Habeck erklärt. Das sei nicht nur eine ökonomische Frage, sondern auch der sicherheitspolitischen Vernunft und Notwendigkeit.
In einem ersten Schritt hat das Ministerium Interessenbekundungsverfahren eingeleitet, um auszuloten, welche Unternehmen Produktionskapazitäten auf- oder ausbauen wollen. Zuschüsse sollen dann in Auktionsverfahren verteilt werden. Erst einmal solle sich die Größe der Auktionen auf 10- bis 20-Gigawatt-Projekte und drei bis vier Konsortien beschränken. Laut Handelsblatt-Informationen dürften die Bewerberzahlen im zweistelligen Bereich liegen. Auch das chinesische Unternehmen Longi hat sich laut Branchenkreisen beworben.
„Zu den Preisen, zu denen chinesische Wettbewerber aktuell verkaufen, können wir noch nicht mal das Material beschaffen“, sagte Heckert-Technikchef Träger. Es brauche das Bekenntnis der Regierung zum Standort Deutschland. „Europa sollte ein Interesse daran haben, unabhängig zu sein. Aktuell liegt der Technologievorsprung in China“, erklärte der Manager.
Damit sich das ändere, brauche es eine geeignete Förderung. Diese gebe es immerhin auch in China und den USA, sagte Träger. Am Dienstag hat Heckert Solar seinen Förderantrag eingereicht. Eine Eingangsbestätigung habe man erhalten, bis zum Herbst soll es eine erste inhaltliche Rückmeldung geben.
Der Konkurrent Meyer-Burger mit Modulfabrik in Freiberg sowie Zellproduktion in Bitterfeld-Thalheim in Sachsen-Anhalt beklagte am Mittwoch ebenfalls den Preisdruck aus China. Das Unternehmen war demnach „gezwungen, die Preise zu senken“. Weil die Produktion ausgebaut wurde, stieg aber der Umsatz im ersten Halbjahr um 71 Prozent auf rund 100 Millionen Euro. Meyer-Burger investiert gerade in den USA, hat aber am Dienstag auch ein Projekt für das deutsche Interessenbekundungsverfahren eingereicht: Meyer-Burger will Solarzellen und -Module mit bis zu fünf Gigawatt Leistung zusätzlich herstellen. Schon zuvor hatte das Unternehmen ein Projekt „Hope“ mit 3,5 Gigawatt für ein europäisches Förderprogramm angemeldet. Beide sollen nun möglichst kombiniert werden. (mit SZ/mz)