Ralf Machur steht an einer der Testanlagen. Der Betriebsleiter der Firma Steinert Unisort am Hirschfelder Ring in Zittau prüft, ob die zu recycelnden Kunststoffe richtig sortiert werden. Die laufen dazu über ein Band, das vier Meter die Sekunde schnell ist. Ein mit Computer und Kamera gesteuertes Nah-Infrarot-System scannt die Teile in einer Brücke, um sie per Druckluft in einen der Behälter zu stoßen. „Wir müssen den Kunden bestimmte Garantien geben, die werden hier dokumentiert“, erklärt der 54-Jährige. Zuletzt taten das er und seine Mitarbeiter für einen kommunalen Kunden aus Polen, der zehn Stück dieser Anlage zum Aufbereiten leichter Verpackungen benötigt. Einer der aktuellen Aufträge, den sie derzeit abarbeiten.
Am Standort Zittau werden seit 25 Jahren Sortiergeräte für die Abfallwirtschaft entwickelt und gebaut. Zunächst unter der Firma RTT Systemtechnik, die 2000 einen Neubau im Gewerbegebiet Weinau bezog und sich 2004 unter der Dachmarke Unisort erweiterte. Fünf Jahre später kaufte die Firma Steinert aus Köln – die zur Metalloxyd der Familie Buchholz gehört – Anteile am Unternehmen, die eines der führenden Hersteller im Bereich Recycling und mit ihrem Vertrieb sowie Service in 50 Ländern vertreten ist. Etwas, das RTT fehlte. „Und eine logische Ergänzung“, sagt Peter Funke, Geschäftsführer von Steinert. Vor vier Jahren verschwand RTT aus dem Firmennamen, seit 2022 ist das Kölner Unternehmen alleiniger Gesellschafter. Geblieben ist Bert Handschick als Gründer und Geschäftsführer. Für die Zittauer Tochtergesellschaft arbeiten mittlerweile rund 50 Mitarbeiter, die einen jährlichen Umsatz von 18 Millionen Euro generieren – Tendenz steigend.
Das Problem: Im Gebäude am Hirschfelder Ring fehlt der Platz, um weiter wachsen zu können. „Wir haben auch keine Erweiterungsmöglichkeiten mehr“, sagt Peter Funke mit Blick auf die bebauten Nachbargrundstücke. Also musste ein neuer Standort gefunden werden. Ein Wegzug aus dem Dreiländereck kam für den Geschäftsführer jedoch nicht infrage. Zum einen sollen die Mitarbeiter kurze Anfahrtswege haben, die aus Deutschland, Tschechien und Polen stammen. Zum anderen helfen Hochschule und Forschungsinstitute dem Unternehmen bei der Suche nach Fachkräften, laufen auch immer wieder gemeinsame Projekte.
Auf der Suche nach einem neuen Grundstück stießen Peter Funke und Bert Handschick auf die Immobilie des ehemaligen Automobilzulieferers Ibex, der ebenfalls im Gewerbegebiet Weinau ansässig war. Das Presswerk Krefeld als Mutterkonzern musste wegen der weltweiten Chipkrise im Herbst 2021 Insolvenz anmelden. Ibex war davon ebenfalls betroffen, ohne Rettung. Die Winning Group übernahm das insolvente Unternehmen, schloss aber 2022 den Standort in Zittau. Seither war die sechs Hektar große Fläche an der Ostritzer Allee ungenutzt. Peter Funke spricht angesichts der Größe von einem Filetstück und Perspektivgrundstück. Eines, das nun Steinert gehört. Das Gebäude darauf misst fasst einen Hektar und ist damit viermal so groß wie das am Hirschfelder Ring.
Der Geschäftsführer erinnert der Zustand der Immobilie „ein bisschen an Flucht“. So stehen noch einige Maschinen von Ibex darin, liegt der Geruch von Kühlmittel in der Luft. Deshalb muss das Gebäude in den nächsten Monaten erst einmal beräumt werden. Danach beginnen Umbau und Sanierung. Peter Funke rechnet mit einigen Millionen Euro, die sein Unternehmen investiert. Auf dem Dach ist eine Solaranlage geplant. „Im Sinne der Nachhaltigkeit“, erklärt er. Das Thema beschäftigt ihn schon deshalb, weil die Produkte der Firma dazu einen Beitrag leisten. Und so hat der Geschäftsführer auch ein starkes Interesse daran, den Bau einer Windkraftanlage im Gewerbegebiet voranzutreiben. Die Stadt prüft dazu mehrere Standorte, unter anderem das neue Steinert-Grundstück.
Peter Funke schätzt, dass der Betrieb an der Ostritzer Allee ab Mitte, spätestens Ende 2024 starten kann. Das bedeutet auch den Auszug aus der Immobilie am Hirschfelder Ring, in der das Unternehmen nur eingemietet ist. „Wir wollen künftig mehr produzieren und forschen“, sagt er. Dazu werden neue Mitarbeiter benötigt. Der Geschäftsführer kann sich vorstellen, dass sich deren Zahl an der Ostritzer Allee einmal verdoppelt und der Umsatz auf über 30 Millionen Euro pro Jahr wächst. Bei den Arbeitskräften setzt Peter Funke weiter auf die hiesige Bevölkerung, die er als bodenständig und heimatverbunden beschreibt. Das verspricht treue Kollegen, in einer Branche mit Zukunft. Schon jetzt sind viele von Beginn an dabei.