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Trotz Trump-Zoll: Dresdner Fabrik Xenon hat Strategie für die USA

Der Anlagenhersteller Xenon aus Dresden hat einen Großauftrag aus Texas erhalten und eröffnet jetzt ein US-Büro. Warum ihn die Trump-Zölle nicht abschrecken.

Lesedauer: 3 Minuten

Georg Moeritz

In Haus E im Betriebsteil 8 der Dresdner Maschinenbaufabrik Xenon Automatisierungstechnik wächst eine Anlage in die Breite. Ein Aluminiumgestell mit Aufbauten, daran ein Roboterarm, Schläuche und ein schmales Förderband. Wenn diese komplizierte Anlage fertig ist, wird sie wieder abgebaut. Das Dresdner Erzeugnis wird nach Texas verschifft.

Die Produktionsanlage aus dem Gewerbegebiet Coschütz-Gittersee wird künftig in den USA in der Fabrik eines Autozulieferers laufen. Das Produkt von Xenon wird dort automatisch Teile zusammenbauen und prüfen, die in Autos die Fahrsicherheit erhöhen. Steuergeräte mit Leiterplatten und Steckverbindern aus verschiedenen Materialien kommen in der Anlage aus Dresden zusammen.

Xenon-Chef Reissmann fliegt häufig in die USA

Mehrere Millionen Dollar zahlt der Kunde für die Anlage aus Dresden. Lohnt sich dieses Geschäft noch für den Exporteur Xenon und den Importeur, wo doch US-Präsident Donald Trump mit hohen Zöllen Importe in sein Land bremsen und die einheimische Industrie mit „America first“ fördern will?

Xenon-Geschäftsführer Tobias Reissmann ist in den vergangenen Jahren immer wieder in die USA geflogen. Der Dresdner Chef der 470 Xenon-Beschäftigten hat mit Unternehmern, Wirtschaftsförderern und Anwälten gesprochen. Schließlich hat er mit den Mitbesitzern in der Gesellschafterversammlung entschieden, gerade jetzt auf den US-Markt zu setzen.

Vertriebsbüro im 27. Stock in Charlotte

Xenon eröffnet einen zusätzlichen Standort in den Staaten. In China und Mexiko haben die Dresdner bereits Tochterfirmen mit Produktion. Nun kommt ein Vertriebs- und Servicestandort in Charlotte im US-Staat North Carolina hinzu. Es ist zunächst ein Ein-Mann-Büro im 27. Stock eines Hochhauses, aber Reissmann verspricht sich davon großen Nutzen. Er rechnet mit Wachstum in den USA: „An der größten Volkswirtschaft der Welt kommt man nicht vorbei.“

Für Maschinen aus Deutschland muss der Käufer in den USA jetzt 15 Prozent Zoll zahlen. Vor Kurzem waren es noch rund zwei Prozent, sagt Reissmann. Die Erhöhung sei „schlimm und richtig heftig“. Aber zeitweise habe Trump mit 35 Prozent gedroht. Nun lasse sich zumindest planen. Wer in den USA aus der EU importieren wolle, müsse scharf kalkulieren – zumal der Euro im Vergleich zum Dollar teurer geworden sei.

Xenon Automatisierungstechnik hat 470 Beschäftigte, davon 325 im Dresdner Gewerbegebiet Coschütz-Gittersee.
Xenon Automatisierungstechnik hat 470 Beschäftigte, davon 325 im Dresdner Gewerbegebiet Coschütz-Gittersee.
Quelle: Matthias Rietschel

Reissmann hält Zölle für ein „fürchterliches Instrument“, weil sie den Handel behindern. Und doch zeigt der sächsische Sondermaschinenbauer Verständnis für Trumps Vorhaben – und will daraus Nutzen ziehen. Reissmann hat Industrieruinen in den USA gesehen. Er weiß, dass die USA viel Produktion nach Übersee ausgelagert haben. „Deswegen sind wir ja auch nach Mexiko und China gegangen.“

Jetzt planen die USA, wieder Industriebetriebe aufzubauen. Reissmann erinnert daran, dass schon Trumps Vorgänger damit begonnen hätten, und er rät, über Trumps Amtszeit hinaus zu denken. Die Re-Industrialisierung werde Automatisierungstechnik brauchen. Denn die USA seien „ein übel teures Hochlohnland“. Um Fabriken mit Hightech auszustatten, seien sie auf importierte Anlagen angewiesen. „Die brauchen uns!“, sagt der Dresdner Geschäftsführer.

Tradition der sächsischen Uhren- und Kamera-Industrie

Den USA fehlen Fachkräfte und Erfahrung im Sondermaschinenbau, sagt Reissmann. Dagegen stehe Xenon mit seiner Feinwerktechnik in der Tradition der sächsischen Uhren- und Kamera-Industrie. Der Anteil der USA am Export von Xenon betrage über zehn Prozent und solle deutlich steigen.

Dazu soll künftig Benjamin Borrusch beitragen. Der US-Bürger mit deutschen Vorfahren und Sprachkenntnissen dank einigen Jahren in Erlangen ist frisch als Leiter von Xenon Automation USA Inc. in Charlotte eingestellt worden. Auf seine Visitenkarten darf er „Vice President of Operations“ schreiben.

Deutschland hat hervorragende Technik, aber in den USA spricht man darüber am liebsten mit einem lokalen Amerikaner. – Benjamin Borrusch, Xenon-Standortleiter in Charlotte

Der Maschinenbauingenieur soll nicht nur neue Maschinenkäufer in den USA finden, sondern auch vorhandenen Kunden Nähe signalisieren – das ist ein wichtiger Wert, wenn es um Service an den Anlagen geht. Service sei für Xenon ein attraktives Geschäft, sagt Reissmann. Dank Partnerschaft mit einem Thüringer Automatisierungsunternehmen in den USA könne Xenon den Kunden Betreuung anbieten.

USA machen Ausnahmen bei Mexiko-Zöllen

Doch auch der Xenon-Werksstandort mit 55 Beschäftigten in Querétaro in Mexiko dürfte an Bedeutung gewinnen. Er liefert seit 2020 in die USA. „Von dort werde ich viel Unterstützung bekommen“, sagt Borrusch.

Zwar habe Trump formal auch Importe aus Mexiko mit 25 Prozent Zoll belegt, sagt Reissmann. Doch für den größten Teil gebe es Ausnahmen – dank eines Freihandelsabkommens, das Trump in seiner ersten Amtszeit persönlich verlängert habe.

Weder auf Maschinen noch auf Autos aus Mexiko würden daher die 25 Prozent fällig. „Ich glaube, dass es so bleiben wird“, sagt der Xenon-Chef. Die Dresdner dürfen allerdings nicht versuchen, Anlagen aus Deutschland über ihr mexikanisches Werk in die USA zu verkaufen. Mehr als 70 Prozent „local content“, also örtliche Fertigung, müssen nachgewiesen werden.

Reissmann ist zuversichtlich, dass sein „strategischer Schritt“ nach Nordamerika Ertrag bringt. Zugleich baut er in Dresden weiter aus: Der Bau der jüngsten Halle in Coschütz-Gittersee liegt im Zeitplan.

SZ

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