Aus Oppach ist die 60-Jährige nach Hoyerswerda gekommen. Ein bisschen aufgeregt ist sie schon. „Das ist ja eine neue Erfahrung für mich“, sagt die Frau. Gleich wird sie im Raum 1040 des Lausitzer Seenland-Klinikums auf einem Stuhl vor einem recht beeindruckenden Apparat Platz nehmen. Am Türschild steht zu lesen „Mammographie, Sonographie“.
Die Oppacherin hat sich bereits vor zehn Jahren einer Brustkrebs-Operation unterziehen müssen. Im Rahmen der üblichen Nachsorge wurde nun Mikrokalk im Gewebe gefunden. Mittels einer sogenannten Vakuumbiopsie (die erwähnte neue Erfahrung) soll jetzt festgestellt werden, ob die Ablagerung harmlos – oder aber, ob der Krebs zurückgekehrt ist. Besagter Apparat ist ein High-Tech-Hilfsmittel zur Feindiagnostik. „Das ist so etwas wie der Bentley unter den Mammografiegeräten“, sagt Radiologie-Chefarzt Dr. Matthias Schreiber.
Er kann mit dem Erzeugnis der US-Firma Hologic sehr präzise die auffällige Stelle lokalisieren und anschließend Gewebeproben entnehmen. Schreiber ist ein erfahrener Mann auf dem Gebiet. Er schätzt, dass er während seiner beruflichen Laufbahn mindestens 500 Biopsien angefertigt hat. Das nötige medizinische Handwerk, sagt er, habe er bei den von ihm hoch verehrten Lehrern Professor Klaus Köhler und Professor Heinrich Platzbecker an der Universitätsklinik in Dresden erlernt.
Das Mammografie-Tomosynthesegerät, das sich das Seenland-Klinikum angeschafft hat, arbeitet zur Bildgebung mit zwei Röntgenstrahlen – wie betont wird, mit äußerst geringer Strahlendosis. Die Röntgentechnik schwenkt während der Untersuchung in einem Winkel von 30 Grad über die betroffene Brust und erzeugt dabei Schichtaufnahmen. Aus diesem Datensatz wird dann ein 3-D-Bild errechnet. Das wiederum erleichtert die eigentliche Entnahme der Gewebeproben, also die Biopsie, die unter lokaler Betäubung abläuft.
Dazu bedient Dr. Schreiber sich einer Hohlnadel, die vereinfacht gesagt über einen langen Schlauch mit der Vakkumbiopsie-Einheit verbunden ist. Diese erzeugt einen Unterdruck. Die Nadel wird mithilfe der Röntgenaufnahmen an die betreffende Stelle geführt, wo das Gewebe dann hineingesogen und abgetrennt wird. Dass der ganze Prozess EDV-gestützt abläuft, verdeutlicht das zugehörige Bedienpult mit zwei großen Bildschirmen. Die gewonnenen Proben werden schließlich zur Untersuchung an einen Pathologen geschickt.
Dank des Selenia-Dimensions-Mammografie-Systems von Hologic und dank der Expertise von Chefarzt Schreiber ist das Klinikum inzwischen offizieller Teil der Screening-Einheit Ostsachsen innerhalb der Mammografie-Reihenuntersuchungen für Frauen zwischen 50 und 69. Koordiniert wird das Ganze in Pirna, und Frauen aus dem Raum Hoyerswerda, die sich am Früherkennungs-Programm beteiligen wollen, werden weiterhin in Kamenz untersucht. Dr. Schreiber sagt, der Sinn des Mammografie-Screenings sei recht simpel: „Je früher man einen Tumor entdeckt, umso besser sind die Heilungschancen.“
Das Klinikum kommt mit der Vakuumbiopsie in diesem Zusammenhang ins Spiel, wenn andere Diagnosemethoden wie die Tastuntersuchung, die herkömmliche Mammografie beziehungsweise Ultraschall keine präzisen Ergebnisse liefern können. Die Radiologie des Hoyerswerdaer Krankenhauses hilft mit ihren neuen Möglichkeiten des sogenannten stereotaktischen Röntgens zur Feindiagnostik also im sogenannten Abklärungsprozess. Früher hat man auch dazu ausschließlich Operationen angesetzt, erzählt der Hoyerswerdaer Radiologie-Chef: „Das macht man heutzutage nicht mehr.“
Mittlerweile ist er mit der Untersuchung der Frau aus Oppach fertig, die schon zu Anfang wenig Scheu gezeigt hatte: „Ich habe ja schon so viel über mich ergehen lassen müssen.“ Nun, vielleicht 25 Minuten später, wird die hinterbliebene 5-Millimeter-Wunde versorgt. „Ich hatte es mir vorher schlimmer vorgestellt“, sagt die 60-Jährige, „zwei kleine Pikser – ansonsten merkt man eigentlich gar nichts.“ Draußen wartet schon ihr Mann mit dem Auto, um sie wieder nach Hause zu bringen.
Von Mirko Kolodziej
Foto: © Gernot Menzel