Von David Berndt
Bautzen. Nach jahrelangem Rechtsstreit zwischen der Verbraucherzentrale Sachsen und der Kreissparkasse Bautzen um Zinszahlungen hat das Oberlandesgericht (OLG) Dresden am 19. Juni 2024 sein Urteil verkündet. Demnach haben Inhaber von Prämiensparverträgen der Kreissparkasse Bautzen Anspruch auf Zinsanpassungen. Im Dezember 2021 hatte die Verbraucherzentrale Sachsen (VZS) dazu eine Musterfeststellungsklage eingereicht.
Doch damit ist der Rechtsstreit in dieser Angelegenheit noch nicht beendet. Gleiches gilt für ein Musterfeststellungsverfahren der VZS gegen die Sparkasse Meißen. Sächsische.de erklärt im Überblick, was das OLG entschieden hat, was das für Verbraucher bedeutet und wie es weitergeht.
Das bedeutet das OLG-Urteil zum Prämiensparen
Bei der Klage der VZS gegen die Kreissparkasse Bautzen geht es um Kunden, die in den 1990er- und 2000er-Jahren einen Vertrag des Modells „Prämiensparen flexibel“ abgeschlossen hatten. Geklagt hatte die VZS, weil ihrer Ansicht nach die Zinsen nicht so angepasst worden waren, wie es hätte passieren müssen. Kunden hätten also nicht das Geld erhalten, was ihnen zusteht, und sollten daher Nachzahlungen bekommen, forderte die VZS. Nach Berechnungen der VZS hat die Sparkasse Bautzen im Durchschnitt rund 3.000 Euro zu wenig Zinsen pro Prämiensparvertrag gezahlt.
Das OLG Dresden hat nun festgestellt, „dass in den Prämiensparverträgen keine wirksamen Zinsanpassungsregelungen verwendet wurden“. Betroffene Kunden haben demnach Anspruch auf Zinsanpassungen.
So geht aus der Entscheidung des OLG hervor, „dass die Sparkasse verpflichtet ist, die Zinsanpassung für Prämiensparverträge auf der Grundlage der langfristigen Zinsreihe der Deutschen Bundesbank für börsennotierte Bundeswertpapiere mit 8- bis 15-jähriger Restlaufzeit vorzunehmen“.
Im Musterfeststellungsverfahren der VZS gegen die Sparkasse Meißen ging es laut OLG Dresden um „die Auswahl der bei der Zinsanpassung anzuwendenden Zinsreihe“. Hier hat das OLG festgestellt, dass dieselbe Zinsreihe wie im Fall der Kreissparkasse Bautzen heranzuziehen sei. Andere Streitpunkte zwischen VZS und der Sparkasse Meißen waren bereits im April 2023 durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes geklärt worden.
So reagiert die Bautzener Kreissparkasse auf das Urteil
Die Kreissparkasse Bautzen habe für die betroffenen Kunden mehrfach einen Vergleich angeboten, zuletzt im Mai 2024. „Dieser wurde von der Verbraucherzentrale wiederum nicht akzeptiert“, sagt Sparkassen-Sprecherin Elke Bauch. Seitens der Sparkasse freue man sich über das OLG-Urteil, da es „nach langen juristischen Auseinandersetzungen wieder für mehr Rechtssicherheit für die Kunden, welche sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben, sorgt“, sagt Elke Bauch.
Mit dem vom OLG festgelegten Referenzzins sei die Auffassung der VZS verworfen worden. Das OLG habe einen niedrigeren Zinssatz festgelegt. „Die von der VZS berechneten durchschnittlichen Nachzahlungen basierten nicht auf dem zu verwendenden Zinssatz.“ Damit würden die Berechnungen zu überhöhten durchschnittlichen Nachzahlungen und somit auch zu Erwartungshaltungen der Sparer, die sich am Musterfeststellungsverfahren angeschlossen haben, führen, „die nicht realistisch sind“, erklärt die Sprecherin der Kreissparkasse Bautzen.
Mit dem Urteil habe die VZS nicht mehr zugesprochen bekommen, als die Sparkasse bereits vor Erhebung der Musterfeststellungsklage anerkannt habe. Mit vielen Kunden seien bereits außergerichtlich einvernehmliche Regelungen gefunden worden, so Elke Bauch. Nachdem die Kreissparkasse das schriftliche, rechtskräftige Urteil erhalten habe, werde sie entscheiden, welche nächsten Schritte sie unternehme.
So reagiert die Verbraucherzentrale auf das Urteil
Laut Michael Hummel, Referatsleiter Recht, habe die VZS einen Referenzzins gefordert, der „teilweise bessere Ergebnisse liefert. Zum Verhältnis der beiden Zinssätze sind keine pauschalen Aussagen möglich, weil die Ergebnisse sehr stark von der individuellen Vertragsgestaltung abhängen.“
Das Urteil reihe sich demnach in die bisherige Rechtsprechung des OLG Dresden zu diesem Thema ein. „Wir werden gegen beide Urteile in Revision zum Bundesgerichtshof gehen. Dort wird am 9. Juli das Leitverfahren gegen die Ostsächsische Sparkasse Dresden entschieden, welches entscheidende Wirkung auch für die Verfahren gegen die Sparkassen Bautzen und Meißen haben wird“, sagt Michael Hummel.
Das bedeutet das OLG-Urteil für betroffene Kunden
Etwa 3.800 Kunden der Kreissparkasse Bautzen hatten einst solche Sparverträge abgeschlossen, um deren Verzinsung es in dem Rechtsstreit geht. Laut der Kreissparkasse Bautzen haben sich 328 Sparer der Musterfeststellungsklage angeschlossen.
Für diese angemeldeten Verbraucher besteht laut Michael Hummel „aktuell kein Handlungsbedarf. Nicht angemeldete Verbraucher sollten sich zu ihrem Vertrag rechtlich beraten lassen.“ Unabhängig von der Entscheidung seien Sparkassen nach Ansicht der Aufsichtsbehörde BaFin verpflichtet, mit ihren Kunden eine einvernehmliche Regelung zu treffen. „Spätestens nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs wird das sehr akut, denn dann sind Individualklagen praktisch ohne Prozessrisiko möglich“, sagt der Referatsleiter Recht der VZS.