Von Luisa Zenker
Ein einziges leistungsstarkes Windrad ist im ersten Halbjahr 2024 in Sachsen installiert worden. Im Juli sind zwei weitere Windräder hinzugekommen. Das zeigen die Daten des Marktstammdatenregisters. Es ist offensichtlich, dass der Freistaat damit das Schlusslicht unter den Bundesländern bildet.
Dabei hatte die Koalition aus CDU,SPD, Grüne angekündigt, bis 2024 vier Terawattstunden aus Erneuerbaren Energien zu beziehen, der Hauptteil sollte durch Windenergie erzeugt werden. Das Ziel hat die Regierung verfehlt. Saechsische.de hat deshalb Energieparkentwickler und Verbände gefragt, was die Gründe für den schleppenden Ausbau sind.
Politische Bremsen
„Die politische Landschaft in Sachsen ist traditionell eher zurückhaltend gegenüber Erneuerbaren Energien“, schreibt Sandy Richter vom Energieplaner VSB mit Sitz in Dresden. Auch der aktuelle Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nehme eine reservierte Haltung ein. „Zudem zeigen sich lokale Entscheidungsträger, die fast ausschließlich der CDU angehören, ebenfalls bremsend.“
Genehmigungsverfahren würden verzögert und die Wirtschaftlichkeit der Windräder durch strenge Auflagen beeinträchtigt. Als Beispiel nennt der Meißner Energieparkentwickler UKA den Landrat des Vogtlandkreise Thomas Hennig (CDU). Er sagte, wenn es Bauanträge für Windräder gebe, wolle er sie so lange hinziehen, wie es rechtlich möglich sei. Wenn eine Gemeinde Windräder ablehne, stelle er sich auf ihre Seite, erklärte Hennig in einem Interview mit dem MDR. Die Haltung führe dazu, dass die Projektentwickler auf eine skeptische Grundhaltung in den Gemeinden und bei den Flächeneigentümern stoßen. Diese gehe häufig mit „emotional geladenen und unsachlichen Diskussionen“ einher, sagt Sandy Richter von VSB.
Fehlende Flächen
Es gibt zudem nicht genug ausgewiesene Flächen für Windräder in Sachsen. „Bislang stehen in den vier sächsischen Regionalplänen 0,2 Prozent zur Verfügung“, schreibt der Windparkentwickler UKA aus Meißen. Zwar könne man davon abweichen, doch dafür braucht es dann die Mehrheit des Gemeinderats, die oftmals nicht erreicht wird. Es gibt aber einen Lichtblick: Bis 2027 sollen zwei Prozent der sächsischen Landesfläche für Windräder gekennzeichnet werden.
Vögel, Schall und Schatten
Um ein Windrad aufzustellen, gibt es viele Auflagen: Dazu zählen Naturschutzuntersuchungen, Schallanalysen und Schattenwurfgutachten. All das braucht seine Zeit. Im Idealfall dauert das zwei bis drei Jahre, erklärt Severin Senge vom Meißner Energieparkentwickler UKA. „In der Realität wird diese Zeitspanne meist überschritten.“ So würde allein die Beteiligung der Öffentlichkeit statt sieben schnell mal 36 Monate dauern.
Starker Wind
Die Ursache für den schleppenden Windkraftausbau liegt aber nicht nur an Bürokratie und Politik: So gab es im April sehr starke Winde, weshalb Kräne zum Bau der Anlagen nicht aufgebaut werden konnten. „Zudem behindert eine Sperrung auf der Autobahn A27 bei Cuxhaven den Transport von Rotorblättern erheblich“, erklärt der Dresdner Energieparkentwickler VSB. Häufig fehlen Transport-Genehmigungen für die Großbauteile, fügt Hans-Jürgen Schlegel vom Energieverband VEE Sachsen hinzu. Ist doch ein Rotorblatt zwischen 60 und 100 Meter lang. Dazukommen Lieferengpässe bei diversen Komponenten.
Ein Blick in die Zukunft
Trotz der wenig gebauten Windräder scheint sich der Wind zu drehen. Laut dem sächsischen Energieminister Wolfram Günther (Grüne) befinden sich aktuell 139 Anlagen im Genehmigungsverfahren. Würden sie in Betrieb gehen, könnten damit rund 800.000 bis eine Million private Haushalte versorgt werden. Auch der Energieparkentwickler VSB blickt optimistisch in die Zukunft. Diverse Gesetzesänderungen im vergangenen Jahr, wie die Änderung des Landesplanungsgesetzes, das neue Sächsische Energie-Ertrags-Beteiligungsgesetz sowie die Novelle im Bundes-Immissionsschutzgesetz, können für mehr Tempo beim Ausbau sorgen. „Sofern der Ausgang der Landtagswahlen keine Trendänderung bewirkt“, sagt Severin Senge von UKA.
Es bleibt also offen, wie viele Windräder den Strom für den Freistaat in den nächsten Jahren produzieren. Laut Windexperten Hans-Jürgen Schlegel befinden sich aktuell elf Windenergieanlagen im Bau. Sie sollen bis Jahresende an das öffentliche Stromnetz gebracht werden. „Nach den Erfahrungen der letzten zwei Jahre zu urteilen, gibt es keine Garantie“, prognostiziert Schlegel.