Leipzig. Eine kurze Zeit lang sah es so aus, als könnte es schon bald losgehen. Die Landesdirektion Sachsen hatte den Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle erst genehmigt, da wagte man bei der Mitteldeutschen Flughafen AG eine optimistische Prognose. „Im günstigsten Fall“, hieß es in einem Beitrag des Flughafenbetreibers, könnten die Vorbereitungen für die Arbeiten an der Vorfelderweiterung schon Ende dieses Jahres beginnen, „die Bagger bald anrollen“. Doch dieser „günstigste Fall“, das weiß man inzwischen, ist nicht eingetreten. Zu einem Baustart dürfte es so schnell nicht kommen. Denn die Auseinandersetzung rund um das wohl umstrittenste Infrastrukturprojekt im Raum Leipzig geht weiter – der Ausgang: offen.
Gegner und Kritiker des Ausbaus, dessen Ziel in erster Linie eine Erweiterung des Frachtbereichs ist, geben ihren Widerstand nicht auf – und ziehen nun vor Gericht. Bis zum Ablauf der Frist Anfang Dezember sind am Sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen gleich mehrere Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss eingegangen. „Es handelt sich um Klagen von vier Gewerbetreibenden, des BUND Landesverband Sachsen, des BUND Landesverband Sachsen-Anhalt, drei Privatpersonen sowie der Stadt Schkeuditz“, bestätigt Peter Kober, Richter und Sprecher am OVG.
Naturschutzbund klagt gegen den Flughafenausbau
Der BUND hatte das bereits angekündigt. Die Landesverbände beklagen im Ausbau Verstöße gegen Klimaschutzgesetze und gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit der Anwohner aufgrund einer erwarteten Lärmzunahme.
Das Vorgehen wird auch von Bürgerinitiativen unterstützt. Die Landesverbände des BUND hätten ihre Klagen „in enger Abstimmung“ mit dem „Aktionsbündnis gegen den Ausbau des Frachtflughafens LEJ“ eingereicht, sagt Matthias Zimmermann, Sprecher der Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“.

Quelle: Uwe Schossig
Klagen noch ohne Begründung
Die Initiative selbst will den Rechtsweg jedoch nicht bestreiten. „Unsere Bürgerinitiative – wie auch andere Vereinigungen rund um das breit gefächerte Thema Fluglärm – wird nicht in eigenem Namen klagen.“ Alleine stoße man an die Grenze des Machbaren, sagt Zimmermann. Zuvor hatte auch der Schkeuditzer Stadtrat eine Klage beschlossen, allerdings noch keine Begründung vorgelegt.
Tatsächlich ist derzeit noch unklar, auf welche Argumentation die Klagen gestützt werden. Begründungen lägen noch nicht vor, sagt OVG-Sprecher Kober. „Für eine Klagebegründung läuft noch eine mehrwöchige Frist.“ Danach erhalte der Klagegegner die Gelegenheit, sich zu äußern, gefolgt vom Austausch der Argumente. Wie lange das gerichtliche Verfahren dauert, wagt der Gerichtssprecher nicht zu prognostizieren.
Zwei bis vier Jahre Verzögerung drohen
Doch vieles deutet darauf hin: Das juristische Tauziehen wird wohl eher Jahre dauern. Der Flughafen Leipzig/Halle als Antragssteller teilt zwar mit, der Zeitraum bis zur Verhandlung und einem Urteilsspruch sei derzeit nicht abschätzbar. Doch nach Informationen dieser Zeitung wird in Unternehmenskreisen mit einer Dauer des Klageverfahrens von zwei bis vier Jahren gerechnet. Erwartet wird, dass das Gericht etwa prüft, ob die Öffentlichkeit ordnungsgemäß beteiligt wurde, und ob die Interessen im Zuge des Verfahrens richtig abgewägt wurden.
Grundsätzlich könnte der Airport aber schon loslegen. Der Planfeststellungsbeschluss sei sofort vollziehbar, teilt die Landesdirektion Sachsen auf Anfrage mit. „Die erhobenen Klagen haben keine sogenannte aufschiebende Wirkung.“ Anträge im vorläufigen Rechtsschutz seien von den Klägern nicht gestellt worden. Die Flughafen Leipzig/Halle GmbH könne daher von ihrem erteilten Baurecht Gebrauch machen.
Flughafen will 300 Millionen Euro investieren
Allerdings will der Flughafen abwarten und keine voreiligen Fakten schaffen. Bis zum Abschluss eines möglichen Hauptsacheverfahrens würden „keine irreversiblen Maßnahmen“ umgesetzt, heißt es. Die Bauarbeiten würden demnach nicht starten. Die Pläne sind umfassend und sehen eine umfangreiche Erweiterung und Umgestaltung des Vorfelds 4 im südöstlichen Bereich vor.
Neue Rollwege sind geplant, aber auch Hochbauten wie Aufenthalts- und Sanitärräume für das Personal, Parkhäuser und eine Energiestation. Die Bauarbeiten würden nach Prognose der Planer etwa zwei Jahre dauern. Rund 300 Millionen Euro soll das Projekt kosten.

Quelle: Uwe Schossig
DHL soll sich an der Finanzierung beteiligen
Allerdings könnte es beim Thema Geld noch Streit geben. Wie der Flughafen auf Anfrage erklärt, wird er die Finanzierung „im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung mit seinem Partner DHL regeln“. Details dazu sind nicht bekannt, doch es ist nicht lange her, da verhandelten DHL und der Airport schon einmal um hohe Gelder. Es ging um die Konditionen zur Verlängerung des DHL-Vertrages am Standort. Inzwischen steht fest, dass DHL bis 2053 in Leipzig bleibt, fortan aber mehr Geld zahlt.
Die Landesdirektion indes scheint mit Blick auf ein drohendes Gerichtsverfahren recht zuversichtlich zu sein. „Die LDS hat eine rechtmäßige und ausführlich begründete Entscheidung getroffen“, versicherte eine Sprecherin der Behörde am Freitag. Diese hatte den Ausbau des Airports zwar genehmigt, dem Betreiber dabei aber einige Auflagen erteilt – etwa zum Lärmschutz.
Doch in den Reihen der Ausbaugegner hat man den Kampf noch nicht aufgegeben. Matthias Zimmermann von der Bürgerinitiative sagt: „Wir sind optimistisch hinsichtlich unserer Chancen, der Landesregierung ihre Grenzen beim Ausbauvorhaben aufzuzeigen.“