Von Matthias Klaus
Sie hat schon für Matthias Reim und Roland Kaiser die Schnittchen geschmiert, für die Puhdys ebenso wie für Uriah Heep und die Filmleute, die im Kaufhaus „The Grand Budapest Hotel“ drehten. Unternehmensfeiern, Neujahrsempfänge – klar, standen und stehen auch auf der langen Liste, die die Referenzen des Gastronomie- und Cateringservice Kelichhaus in Görlitz zeigt. Die Firma gehört in ihrer Branche zu den großen im Landkreis, ist in der Oberlausitz bekannt. Gründerin und Geschäftsführerin Jeanette Kelichhaus-Lißner möchte sie einem Nachfolger übergeben. Bisher hatte ihre Suche aber keinen Erfolg.
Ein paar Jahre Zeit hat Jeanette Kelichhaus-Lißner noch vor sich im Job. „In etwa zehn Jahren möchte ich das Unternehmen übergeben“, sagt sie. Dass die Suche nach einem Nachfolger schwierig sein würde, sie ahnte es, fing zeitig damit an. Seit 24 Jahren ist das Unternehmen am Markt. Derzeit arbeiten hier 13 Angestellte. „Es waren schon Interessenten da“, sagt Frau Kelichhaus-Lißner. Aber es habe einfach nicht funktioniert.
Interessenten gab es bereits
Gründe dafür gibt es aus ihrer Sicht mehrere. „Es ist unheimlich schwer, in einer Branche wie der Gastronomie Gelder bei den Banken zu bekommen“, sagt sie. Deshalb sei eine Übernahme am fehlenden Kapital gescheitert. „Viele wissen auch gar nicht, was Selbstständigkeit bedeutet, was da auf einen zukommt“, sagt David Schwarz. Er ist der Sohn von Jeanette Kelichhaus-Lißner, sprang vor Jahren ein, als Insolvenz drohte. Heute ist er der Inhaber der Firma. Warum übernimmt er sie nicht?
David Schwarz schüttelt den Kopf: „Ich bin zwar mit der Gastronomie aufgewachsen. Aber mein Ding ist das nicht. Ich bin Handwerker, das liegt mir.“ Er habe natürlich ebenfalls ein großes Interesse daran, dass die Firma weiterläuft.
Frank Großmann kennt das Problem. Der Geschäftsstellenleiter Görlitz-Zittau der Industrie- und Handelskammer (IHK) war gerade bei der Firma Kehlichhaus zu Gast, gemeinsam mit dem sächsischen Wirtschaftsstaatssekretär Thomas Kralinski.
IHK wirbt schon in Schulen um Unternehmer von Morgen
„Es ist leider so, dass es nur wenige junge Menschen gibt, für die Unternehmertum etwas Gutes ist“, so Frank Großmann. Deshalb setze die IHK schon in Schulen an, werben dort für die Selbstständigkeit im Beruf. „Es bringt ja nichts, Studenten im fünften oder sechsten Semester anzusprechen. Die sind gedanklich mit der Berufsplanung schon längst weg“, sagt er. Ein Patentrezept für den Caterer hat aber auch er natürlich nicht in der Tasche. Immerhin: Frank Großmann findet es gut, dass sich Jeanette Kelichhaus-Lißner schon heute Gedanken um die Nachfolge macht.
Die Geschäftsführerin plagen derweil auch noch andere Sorgen. Die Rücknahme der Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie etwa, die Erhöhung auf 19 Prozent. „Wir haben uns darauf verlassen, dass sie bei sieben Prozent bleibt. Ich hatte darauf vertraut, was der Bundeskanzler sagte. Die Erhöhung war für uns wie ein Schlag ins Gesicht“, sagt sie.
Enttäuscht über gestiegene Mehrwertsteuer
Nach Corona hätten alle die Ärmel hochgekrempelt. „Wir wollten wieder richtig durchstarten. Aber es geht nicht so richtig vorwärts“, schildert Jeanette Kelichhaus-Lißner. Dazu komme der angedachte Anstieg des Mindestlohns. Und, eine weitere Sorge, immer mehr Arbeit hat mit der eigentlichen Tätigkeit als Caterer nichts zu tun. „Die Bürokratie ufert immer mehr aus“, sagt die Chefin.
Die Belastung im Mittelstand sei derzeit ein großes Thema, bestätigt Frank Großmann. „Die Bürokratie, das, was neben der eigentlichen Arbeit noch kommt, führt zunehmend zur Demotivation der Unternehmer“, weiß er. Es sei zunehmend schwierig, hat er bei Gesprächen erfahren, dass man sich motiviert, sich klarmacht, warum man eigentlich Unternehmer geworden ist.
Ausufernde Bürokratie bleibt Problem
Im Wirtschaftsministerium in Dresden sieht man das offensichtlich ähnlich. „Ich kann den Frust verstehen“, sagt Staatssekretär Thomas Kralinski. Hoffnung auf einen baldigen Bürokratieabbau macht er aber nicht. „Es gibt keine große, schnelle Lösung“, so Thomas Kralinski. „Man bekommt weniger Bürokratie nur in vielen kleinen Schritten hin.“
„Probleme sieht man viele, aber positive Veränderungen sieht man kaum“, resümiert Jeanette Kehlichhaus-Lißner. Das habe sie aus Gesprächen mit anderen Unternehmern, Handwerkern erfahren. Es sei nicht gut, wenn jemand nach zehn, zwanzig Jahren als Selbstständiger heute sagt: Noch einmal würde ich es nicht machen. Jeanette Kehlichhaus-Lißner fasst es so zusammen: „Ich arbeite gern, bin gern Caterer. Aber Lust auf meine Firma habe ich derzeit nicht.“