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Was Firmen aus Sachsen auf der Semicon Taiwan wollen

Die geplante Ansiedlung des Chipriesen TSMC in Dresden weckt in sächsischen Zuliefer-Unternehmen große Erwartungen. Einige nutzen die größte Halbleitermesse Asiens diese Woche zur Kontaktpflege.

Lesedauer: 4 Minuten

Mitarbeiter vom Leipziger Unternehmen Intelligent Fluids heben einen Wafer aus einer Transportbox.
Mitarbeiter von Intelligent Fluids aus Leipzig heben einen Wafer aus einer Transportbox. © PR/Intelligent fluids

Von Nora Miethke & Sven Heitkamp

Christian Römlein deutet auf einen kreisrunden 300-Millimeter-Wafer, aus dem Mikrochips gefertigt werden, und erklärt damit, was sein Unternehmen genau tut. Bis zu 200mal, sagt er, müssten die feinen Siliziumscheiben lackiert, beschichtet, belichtet und wieder gereinigt werden, bis die Strukturen für die Mikrochips stehen. „Bei diesem Prozess ersetzen wir die herkömmlichen aggressiven Lösungsmittel durch eine wasserbasierte, leicht abbaubare Reinigungsflüssigkeit, die gleichzeitig deutlich effizienter ist“, sagt der CEO und Geschäftsführende Gesellschafter von Intelligent Fluids, einem jungen, wachsenden Leipziger Biotech-Unternehmen. „Unsere Fluide tragen dazu bei, dass bei der industriellen Reinigung ein großer Anteil CO2-Emissionen, Energiekosten und Verbrauchsmaterialien eingespart werden.”

Die intelligenten Spezialreiniger könnten dank verschiedener Rezepturen in vielen Bereichen eingesetzt werden. Bislang ist die Mikroelektronik dabei ein Hauptgeschäftsfeld– und entsprechend groß sind nun die Erwartungen der Leipziger an die geplante Halbleiter-Fabrik des taiwanesischen Chipriesen TSMC in Dresden. „Das wird potentiell ein großer Kunde für uns“, sagt Römlein. Infineon in Dresden nutze heute schon die Mittel, auch vom Intel-Konzern, der ein riesiges Werk in Magdeburg errichtet, habe man bereits Wafer im Haus, um damit Versuchsreihen durchzuführen.

Bei der künftig geplanten Expansion von Intelligent Fluids spielt Taiwan indessen eine besondere Rolle. Mit STC als Teil des Qisda-Konzerns ist schon seit Jahren eine taiwanesische Technologie-Gruppe an der Leipziger Firma mit einem Anteil von zwei Prozent beteiligt. In dem Inselstaat könnte auch die erste internationale Produktionsstätte entstehen, wenn es nicht zu einer Invasion Chinas kommt, wie die wachsende Eskalation in dem Konflikt zurzeit befürchten lässt.

Ungeachtet dessen nimmt Intelligent Fluids jetzt mit dem Netzwerk „Silicon Saxony“ und acht anderen Unternehmen an der „Semicon Taiwan“ in Taipei teil, eine der größten Halbleitermessen Asiens. Die Firmen – unter ihnen auch die Dresdner Industrieanlagenbauer Deaxo – wollen sich vom 6. bis 8. September mit einem großen Stand im Herzen der Messe präsentieren. Schon heute haben die Leipziger erste Kunden in der Republik, die die Welt mit Halbleitern beliefert. Und es sollen mehr werden.

Ohnehin sind seit diesem Jahr die Weichen deutlich auf Wachstum gestellt: Das Unternehmen erhielt eine zehn Millionen Euro schwere Finanzierung vom amerikanischen Nachhaltigkeitsfonds Wave Equity Partners, um den internationalen Ausbau des Unternehmens voranzutreiben. Die amerikanischen Investoren, die auf grüne Innovationen für globale Märkte setzen, hätten zuvor ein Jahr lang das Unternehmen auf Herz und Nieren geprüft, ehe sie sich dafür entschieden haben. Jetzt sagt Praveen Sahay, Präsident des US-Fonds: „Wir sind begeistert, mit intelligent fluids eine Perle deutscher Ingenieurskunst unserem Portfolio hinzugefügt zu haben und prognostizieren dem Unternehmen mit unserer massiven Unterstützung eine beeindruckende Entwicklung in den nächsten Jahren.“ Daneben haben auch die schon vorhandenen Investoren – der Hightech-Gründerfonds HTGF und die IBG Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt – ihre Investments aufgestockt.

Christian Römlein, CEO und geschäftsführender Gesellschafter von „intelligent fluids“ sieht die Weichen klar auf Wachstum gestellt. Foto: PR/intelligent fluids© PR

„Wir wollen das Geld vor allem zur Erweiterung des Teams und zum Aufbau von internationalen Vertriebsstrukturen, Produktionsstandorten und Laboren verwenden“, sagt Römlein. Zugleich sollen neue Märkte wie Instandhaltung, Öl und Gas erobert werden. Weitere Standorte seien jetzt in Asien, in den USA, im Mittleren Osten und in Indien geplant. Daneben sollen zwei neue Vertriebspartner in Europa für neue Absatzmärkte und Großaufträge sorgen. Bis 2030 will Intelligent fluids bis zu 300 Millionen Euro Umsatz schreiben. Auch ein Börsengang, sagt Römlein, sei künftig durchaus möglich.

Seit bald 18 Jahren entwickelt die Firma seine patentierten Spezialreiniger und produziert sie in einer eigenen Anlage in Leuna. Zu den namhaften Kunden gehören Technologieunternehmen wie Philipps, Heidelberger Druck und Würth. Der Schuhhersteller Bama verkauft einen Sneaker-Reiniger aus dem Haus Intelligent Fluids und die skandinavische Gartencenter-Kette Plantasjen mehrere Reinigungsmittel. Dieses Jahr werde das Unternehmen mit seinen zurzeit 25 Mitarbeitern 2,5 Millionen Euro Umsatz machen, schätzt Römlein. Das sei eine Steigerung um etwa 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die unterschiedlichen Spezialfluide, die das junge, mehrfach preisgekrönte Unternehmen entwickelt, würden auf den zu reinigenden Oberflächen eine Art Mikrobeben mit bis zu 8.000 Bewegungen pro Sekunde erzeugen, wodurch ungewollte Lack- und Schmutzschichten physikalisch abgehoben würden. Das Verfahren sei deutlich effektiver und schonender als herkömmliche „Chemiekeulen“ großer Konzerne. Für seine Innovationen wurde das Deeptech-Unternehmen bereits mit dem „Global Green Product Award“ und dem „European Business Hero Award“ für Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Jetzt soll es mit amerikanischer und taiwanesischer Unterstützung die Märkte der Welt erobern.

Auch DAS aus Dresden in Taipei mit dabei

Intelligent fluids und Deaxo sind die beiden wirklich sächsischen Unternehmen, die sich am Gemeinschaftsstand „German Pavilion“ präsentieren werden.

Mit jeweils einem eigenen Stand werden dagegen die DAS Environmental Expert GmbH und Fabmatics aus Dresden in Taipei vertreten sein. „Für uns ist Taiwan das größte Absatzgebiet und wir nutzen die Messe natürlich, um mit unseren Kunden über ihre Nachhaltigkeitsstrategie und neue Projekte zu sprechen. In diesem Jahr thematisieren wir vor allem die Reduktion von Treibhausgasen wie zum Beispiel CF4/Tetrafluormethan“, sagt Geschäftsführer Rene Reichardt, der auch Vorstand im Silicon Saxony e.V. ist. DAS ist nach eigenen Angaben seit 1997 in Taiwan aktiv und beschäftigt in der Region über 300 Mitarbeitende, vorrangig im Kundensupport.

René Reichardt, Geschäftsführender Gesellschafter der DAS Environmental Expert GmbH, ist auf der Semicon Taiwan mit eigenem Stand vertreten. Foto: Foto: SZ/ Veit Hengst© Foto: SZ/ Veit Hengst

Reichardt sieht die Ansiedlung von TSMC als großen Gewinn für die Zulieferindustrie. „Es stärkt die Möglichkeit, gemeinsam an Innovationen zu arbeiten“, sagt er. Zusammen mit Investitionen anderer Halbleiterfirmen werde damit der Osten Deutschlands zur wichtigsten Microchip Region in Europa. Aber natürlich werde es auch den Wettbewerb um Fachkräfte verstärken, ist sich der DAS-Chef sicher.

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