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Weihnachtsgeld erreicht nicht alle

Zum Jahreswechsel werden Rechnungen fällig, auch die Geschenke belasten das Budget. Das Weihnachtsgeld kommt da gerade recht. Jedoch erhalten längst nicht alle die Sonderzahlung. Warum eigentlich?

Lesedauer: 3 Minuten

Die November-Abrechnung ist für viele Arbeitnehmer die interessanteste des Jahres, schließlich werden in diesem Monat besonders häufig Sonderzahlungen fällig. Hinter dem volkstümlichen, aber ungenauen Begriff „Weihnachtsgeld“ verbergen sich so unterschiedliche Dinge wie Erfolgs- und Treueprämien, freiwillige Zahlungen der Arbeitgeber und tariflich festgeschriebene Entgeltansprüche der Beschäftigten.

In diesem Jahr kann sich jedoch nur rund die Hälfte der Arbeitnehmer in Deutschland auf ein Weihnachtsgeld freuen. Ein volles Gehalt ist aber auch bei den 55 Prozent die Ausnahme, die eine derartige Sonderzahlung zum Jahresende erhalten. Das geht aus der am Dienstag veröffentlichten Onlinebefragung des Internet-portals Lohnspiegel.de hervor, das vom WSI-Tarifarchiv der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung betrieben wird. Teilgenommen haben 17 000 Arbeitnehmer.

Mit Weihnachtsgeld können vor allem Arbeitnehmer rechnen, für die ein Tarifvertrag gilt – wie es etwa beim Unternehmen Rosenberger Messtechnik in Radeberg und beim Freiberger Brauhaus der Fall ist.

Laut Umfrage erhalten 74 Prozent der tarifgebundenen Mitarbeiter Weihnachtsgeld, ohne Tarifvertrag sind es 44 Prozent. In der Auswertung treten auch soziale Merkmale zutage. Demnach sind die Chancen auf eine Extrazahlung für unbefristet in Vollzeit beschäftigte Männer im Westen sehr viel höher als für befristet eingestellte, weibliche Teilzeitkräfte im Osten.

Grundsätzlich gilt: Bei einem Tarifvertrag haben auch Teilzeitkräfte und Minijobber Anrecht auf anteilige Sonderzahlungen.

Die tariflichen Weihnachtsgelder sind meist als Prozentsatz eines Monatsgehaltes verankert, sodass die Empfänger von den Lohnzuwächsen in ihrer Branche auch hier profitieren. Dem stehen einige Verträge mit Festbeträgen etwa in der Landwirtschaft oder im Steinkohlebergbau gegenüber. Auf 95 bis 100 Prozent eines Monatsgehaltes können sich Tarifbeschäftigte in Banken, der Chemie-Industrie und der Druckindustrie freuen, während Gebäudereiniger bislang leer ausgehen. Die bei der Minijob-Zentrale registrierten rund 309 000 privaten Haushaltshilfen schauen ebenso in die Röhre wie eigentlich auch – und im Gegensatz zu den West-Kollegen – die Bauarbeiter in Ostdeutschland.

Über 50 Milliarden Euro zusätzlich

„Auch ohne tarifrechtlichen Anspruch auf ein 13. Gehalt gibt es dennoch bei einem Drittel bis der Hälfte unserer Betriebe am Jahresende eine Sonderzahlung“, schätzt Klaus Bertram vom Sächsischen Baugewerbeverband. Die Zahlung orientiere sich an der Leistung des Unternehmens, so der Hauptgeschäftsführer. So handhabt es seit Jahren auch die Wachs Bauunternehmung GmbH in Roßwein bei Döbeln für ihre 32 Mitarbeiter. Laut Chef Mathias Wachs kann sich die Belegschaft auf ein gutes halbes Brutto-Monatsgehalt freuen.

Fast so viel bekommen nach Angaben der Gewerkschaft Verdi die Beschäftigten im tarifgebundenen Einzelhandel – darunter neben Ikea auch die großen Ketten wie Aldi, Netto, Kaufland und Penny, heißt es.

Häufig werden in nicht-tarifgebundenen Betrieben die Sonderzahlungen auch ausdrücklich als freiwillige Leistung gezahlt, damit kein Gewohnheitsrecht entstehen kann, sagt WSI-Leiter Thorsten Schulten. Geschieht dies nicht und der Betrieb zahlt drei Jahre in Folge ohne Vorbehalt im gleichen Modus, entsteht für die Beschäftigten ein Anspruch, auch im kommenden Jahr Weihnachtsgeld zu erhalten.

Nach Schätzungen des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) werden in diesen Wochen mehr als 50 Milliarden Euro brutto zusätzlich an die Beschäftigten ausgeschüttet. In größeren Betrieben gebe es im Schnitt 2 000 Euro für Vollzeitkräfte. Rund ein Drittel dieser Summe wird leistungs- und erfolgsabhängig gezahlt, sagt der IW-Tarif- und Arbeitsmarktexperte Christoph Schröder.

Allerdings sind nicht alle Firmen auskunftsfreudig. Weder die Kelterei Sachsen-Obst aus Döbeln der noch Präzisionswerkzeugmaschinen-Hersteller Mikromat in Dresden wollten sich zum Thema äußern. Ähnlich verschwiegen zeigte sich das Logistik-Unternehmen Reinert aus Schleife.

Große Adressen waren offener. Von den 2 200 Mitarbeitern des Dresdner Chipherstellers Infineon bekommen etwa 1 900 Tarifmitarbeiter Weihnachtsgeld. Die restlichen 300 Kollegen werden übertariflich bezahlt und erhalten kein Weihnachtsgeld. „Auch Auszubildende kommen in den Genuss dieser Regelung“, betont Sprecher Christoph Schumacher. Je nach Betriebszugehörigkeit beträgt das Weihnachtsgeld 20 bis 50 Prozent des mittleren Monatseinkommens. Bei der Berechnung werden auch Schichtzulagen berücksichtigt.

Volkswagen Sachsen zahlt den rund 10 000 Beschäftigten im Freistaat laut Tarifvertrag ein anteiliges 13. Monatsgehalt. Das Entgelt erhalten alle tariflich Angestellten. Zeitarbeiter beschäftigt VW Sachsen nach eigenen Angaben nicht mehr.

Das zusätzlich überwiesene und sofort besteuerte Weihnachtsgeld ist bei den meisten Empfängern fest eingeplant: Sei es um aufgelaufene Rückstände auszugleichen, die Urlaubskasse zu füllen oder fürs Alter vorzusorgen, etwa über Direktversicherungen. Zum Jahreswechsel werden typischerweise auch Versicherungsprämien und Mitgliedsbeiträge fällig.

Trotz aller finanziellen Verpflichtungen der Empfänger spürt auch der Einzelhandel den herbstlichen Geldsegen regelmäßig. (mit dpa)

 

Von Christian Ebner, Nora Miethke, Franziska Klemenz und Michael Rothe

Foto: © dpa 

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