Dresden. Weniger und kürzere ICE-Züge von und nach Dresden, dazu mehr Umstiege in Leipzig. Was seit Tagen in Internetforen wie drehscheibe-online.de gemunkelt wird, scheint sich zu bestätigen: Die Deutsche Bahn (DB) will einen Teil ihrer ICE-Flotte ausmustern – mit erheblichen Folgen für die Fernverkehrsanbindung von Sachsens Hauptstadt. Die betroffene Baureihe 415 fährt von dort nach Frankfurt am Main und Wiesbaden. Dem Vernehmen nach ist auf der Strecke ab Juni statt zwei Zugteilen nur noch ein Gespann unterwegs – mit 250 Sitzplätzen weniger, was etwa 40 Prozent entspricht.
Jene kleinste ICE-Baureihe sei seit über 25 Jahren unterwegs, stelle aber nur ein Prozent aller ICE-Sitzplätze, heißt es auf Anfrage von der DB. Mittlerweile sei sie störanfällig und wartungsintensiv geworden, sodass man ihr Ende plane. „Das macht die Bahnfahrten dort pünktlicher, wo derzeit noch die Züge dieser Baureihe unterwegs sind“, argumentiert ein Bahnsprecher.
Mehr Umstiege in Leipzig und weniger Plätze
Derzeit wird die Baureihe vor allem auf der zweistündlichen Linie von Wiesbaden über Frankfurt nach Erfurt, Leipzig und Dresden eingesetzt – meist gekuppelt mit einem zweiten größeren Zugteil der Baureihe 411. Bei Ausmusterung der Baureihe 415 würde die Linie vorübergehend nur mit der 411 betrieben. „Dadurch ist die Anzahl der Sitzplätze zwar temporär geringer, doch blieben auch bislang oft viele Sitzplätze leer“, sagt ein Sprecher. Zudem stünden zwischen Leipzig und Frankfurt auf parallel verkehrenden Linien mit dem besonders großen ICE 4 viele weitere Plätze zur Verfügung.
„Sollten die Fahrzeuge ausgemustert werden, würde sich das kaum auswirken“, wiegelt der Sprecher ab. Das Sitzplatzangebot bleibe „insgesamt mehr als ausreichend“. Auf den meisten betreffenden Verbindungen würden perspektivisch andere Fahrzeuge eingesetzt.
Vor allem Züge am Tagesrand betroffen
„Der ICE 1657 könnte ab Mitte Juni an den meisten Wochentagen außer samstags eventuell nur noch von Wiesbaden bis Leipzig statt bis Dresden verkehren“, sagt ein Bahnsprecher auf Anfrage. „Um Reisende frühzeitig zu informieren, haben wir bereits jetzt und somit mehr als drei Monate vor den möglicherweise eintretenden Änderungen die Verbindungen in der Fahrplanauskunft vorsorglich angepasst.“ So würden kurzfristige Überraschungen der Fahrgäste am Bahnsteig vermieden. Im DB-Navigator bekämen Kunden Fahrtmöglichkeiten angezeigt, die auch tatsächlich realisierbar seien.
„Lediglich einzelne Verbindungen der ICE-Linie Wiesbaden–Dresden müssten wir bei einer Abstellung möglicherweise anpassen“, sagt der Sprecher mit Blick auf „Fahrten am Tagesrand, die bislang besonders schwach nachgefragt waren“. Der planmäßig 23.39 Uhr am Hauptbahnhof ankommende ICE 1657 ist die letzte Fernverkehrsverbindung des Tages nach Dresden und auch für Umsteiger aus Bayern.
Alternativ gebe es ja noch den Regionalverkehr mit einer mitternächtlichen Verbindung, heißt es von der Bahn. Alle Orte seien im Fernverkehr weiter sehr gut erreichbar, sagt der Sprecher. Sachsens Hauptstadt sei und bleibe „mit rund 60 täglichen Fernverkehrshalten gut angebunden“. Allein durch die 2020 eingeführte Intercity-Linie Dresden–Berlin–Rostock hätten sie um die Hälfte zugelegt. In Summe baue die DB ihre Fernverkehrsflotte weiter aus. In den nächsten Jahren würden rund 140 bereits bestellte neue ICE 3neo und ICE L ausgeliefert.
Die Einschnitte hatten sich angedeutet. Reisende beklagen, dass sie in Leipzig umsteigen mussten, obwohl sie einen durchgehenden Zug gebucht hatten, mit entsprechender – dann aber hinfälliger – Sitzplatzreservierung. Zudem seien sie erst am Bahnsteig oder im Zug über die neue Lage informiert worden.
SZ