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Wenn die Backstube schließt: Bäckerei-Branche in Sachsen im Wandel

Das neue Jahr beginnt mit Insolvenzen bei sächsischen Bäckereien. Viele Backstuben haben in den vergangenen Jahren aufgegeben. Experten sehen einen Strukturwandel als Ursache.

Lesedauer: 2 Minuten

Man sieht Bäcker Jörg Schütze am Kuchen backen
Bäcker Jörg Schütze schiebt ein Blech mit Kuchen in einen Rollwagen in der Bäckerei Drechsel. © Paul Glaser/dpa

Seifhennersdorf/Eibau/Dresden. Neue Backöfen, Kälteanlagen, Arbeitsflächen: Bäcker Jörg Schütze aus dem Landkreis Görlitz hat einiges investiert. Erst übernahm er als Nachfolger seinen ehemaligen Arbeitgeberbetrieb Drechsel in Seifhennersdorf, voriges Jahr dann die Bäckerei Berndt in Eibau. „Von der haben wir Standorte und Mitarbeiter eingegliedert und deren Bäckereigebäude komplett neu ausgebaut“, sagt der 34-Jährige. Neben diesem neuen Hauptgeschäft in Eibau ist er nun für elf Filialen und 83 Mitarbeiter verantwortlich. Bereut habe er die Investitionen im niedrigstelligen Millionenbereich und mit Fördermitteln auf keinen Fall, sagt er. „Ich kann mir keinen anderen Beruf vorstellen.“

Damit liegt er im Trend. In Sachsens Backbranche gebe es „immer wieder Neugründungen, und moderne Bäckereikonzepte behaupten sich am Markt“, erklärt Hagen Reißmann von der Handwerkskammer zu Leipzig. Auch zeigten sich ein Strukturwandel und ein stetiger Konzentrationsprozess: „Die Tendenz geht zu zentralen Produktionsstätten mit einem lokalen oder regionalen Netz von Verkaufsstellen.“ Gleichzeitig sinkt tendenziell seit Jahren die Zahl der Bäckereibetriebe.

Immer mehr Bäckereien verschwinden im Freistaat, belegen die Daten der drei Handwerkskammern. Ihre Zahl ist in den vergangenen zehn Jahren um 270 Betriebe zurückgegangen – von damals 1.141 auf 871 im vergangenen Jahr. Besonders der Kammerbezirk Chemnitz hat in den vergangenen drei Jahren Federn gelassen. 40 Bäckereien weniger brachte die Zeit zwischen 2020 und 2023. Die Handwerkskammer Leipzig verbuchte in ihrem Gebiet nur zwei Bäckereien weniger im selben Zeitraum. Beim Kammerbezirk Dresden verringerte sich die Zahl um 26.

Kostendruck, gestiegene Energie- und Rohstoffpreise, Fachkräftemangel

Alle Zahlen beziehen sich auf die Hauptbetriebe ohne Filialen. Der Trend könne auch mit dem Alter vieler Inhaber zusammenhängen, sagt Robert Gruner von der Handwerkskammer Chemnitz. „Nicht immer sind Übergaben an einen Nachfolger möglich oder vorgesehen.“ Zum Kammerbezirk Chemnitz zählen auch die Regionen Erzgebirge, Vogtland, Zwickau und Mittelsachsen.

Gerät eine Großbäckerei in die Insolvenz, sorgt das für Schlagzeilen. Jüngst wurde bekannt, dass die Kette Lila als größte Bäckerei Ostdeutschlands mit Sitz in Neubrandenburg vor dem Aus steht. Die Stangengrüner Mühlenbäckerei mit über 90 Filialen zwischen dem Vogtland und Leipzig durchläuft gerade die Insolvenz. Firmenchef Volker Seifert möchte sich auf Nachfrage nicht näher dazu äußern – um die 600 Mitarbeiter zu schützen, wie er sagt. Nach dem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung soll das Unternehmen, das es seit 1.861 gibt, aber fortgeführt werden.

Viele Gründe könnten zur Schließung einer Bäckerei führen, erläutert Andreas Brzezinski, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Dresden. Neben dem Kostendruck durch gestiegene Energie- und Rohstoffpreise spiele der Fachkräftemangel eine Rolle. „Auch die Lohnentwicklung zeigt sich in einer personalintensiven Branche wie dem Bäckerhandwerk besonders.“

Allgemein sei ein Trend zur sogenannten Filialisierung zu beobachten. Das heißt, der Rückgang der Betriebszahlen könnte einen Konzentrationsprozess abbilden. „Gab es früher überwiegend Familienbetriebe, in denen der Verkauf an die Backstube angeschlossen war, geht der Trend heute vermehrt zu zentralen Produktionsstätten mit einem Netz von Filialen“, sagt Brzezinski.

Insgesamt habe sich die wirtschaftliche Lage der sächsischen Bäckereien in den vergangenen Monaten etwas entspannt, erklärt Manuela Lohse, Geschäftsführerin des Landesinnungsverbandes Saxonia. Und das, obwohl ein ganzes Paket an Problemen den Berufsalltag erschwere. Dazu zählt sie mangelnde soziale und schulische Kompetenzen der ankommenden Auszubildenden und zunehmende Bürokratie.

„Jedes Jahr kommt etwas Neues, das umgesetzt werden muss. Das macht den Bäckern Angst und Sorgen.“ Die Probleme hätten unterschiedliche Auswirkungen. Einige gerieten in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Andererseits hätten auch viele Bäckereien mit Preiserhöhungen alle vergangenen Herausforderungen gut auffangen können.

Meister Jörg Schütze ist zufrieden, wie sich seine Bäckerei entwickelt hat. „Nur ein Bürokratieabbau wäre wichtig. Ohne Bürokraft ist der Aufwand kaum noch zu stemmen.“ Über Fachkräftemangel kann er sich bei seinem Betrieb in Ostsachsen nicht beschweren. „Wir nutzen die neuesten Backöfen mit Touchscreen-Steuerung. Damit können wir auch Jüngere für uns begeistern.“ (dpa)

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