Ganz gelingt es Hans-Peter Hain nicht, zu verbergen, dass er zwar der Alte in der Firma ist, aber nicht mehr der Chef. Das ist jetzt der Junge – Andreas Hain. "Wir sind seit mehr als 40 Jahren in Meißen", sagt Hans-Peter Hain. "Ich war in der Stadt schon in jedem Haus, in jedem Hinterhof." Er sei bekannt wie ein bunter Hund. Doch dann erinnert er sich, was er eigentlich sagen wollte, dass er nicht mehr das Sagen in der Firma hat: "Ich habe den Betrieb 2016 an meinen Sohn übergeben."
Unternehmensnachfolge nennt man das, und im Falle der Hains kann man vom typischen Fall sprechen, nämlich der Ablösung des Vaters durch den Sohn. Der Weitergabe der Firma von Generation zu Generation. Allerdings ist der typische Fall auch ein Glücksfall. Laut einer im vergangenen Jahr veröffentlichten Befragung der sächsischen Wirtschaftskammern, an der fast 2 800 Seniorunternehmer ab einem Alter von 50 Jahren teilnahmen, "wissen 72 Prozent noch nicht, wem und wie sie ihr Lebenswerk übergeben werden". Und: " Jedes fünfte Unternehmen geht davon aus, dass der Betrieb nicht mehr weitergeführt, also stillgelegt wird. "
Davon kann bei den Hains zum Glück nicht die Rede sein. Allerdings gibt es ein anderes Problem. Andreas Hain: "Wir brauchen Nachwuchs als Steinmetz, aber die Nachfrage nach einer Lehre geht gegen Null." Ohne Zweifel ist der Beruf nicht leicht, dafür aber sehr abwechslungsreich, denn die Hains bearbeiten Naturstein nicht nur für den Bau, sie verstehen sich vor allem als Denkmalpfleger. "Das ist eine Berufung, man betreut ein Denkmal ein Leben lang", so Hans-Peter Hain. Beispielsweise die historischen Postmeilensäulen, von denen seit 1994 in der Cöllner Werkstatt schon viele restauriert worden sind. Insgesamt 14 dieser einmaligen Wegzeichen sind es bislang gewesen. Hinzu kommen noch einmal 15 neue, die nach den strengen Vorgaben der Denkmalpflege und der Forschungsgruppe Kursächsische Postmeilensäulen nachgeschaffen worden sind.
"Wir machen alles in Handarbeit", erklärt Andreas Hain, der 2005 an der sächsischen Steinmetzschule in Demitz-Thumitz seinen Abschluss als Steinmetz- und Bildhauermeister gemacht hat. Für seine Restaurierung eines Portalsteines des Hirschhauses am Meißener Markt erhielt er den Meisterpreis der bayerischen Staatsregierung. Allerdings könne man von der Denkmalpflege allein nicht leben, so Andreas Hain. "Wir sind natürlich auch auf dem Bau, bei allem, was mit Naturstein zu tun hat, tätig – von Fenstereinfassungen, Fassadenteilen bis hin zu Treppen." Und so findet denn auch die Masse der Arbeit nicht in der Werkstatt, sondern draußen, vor Ort statt.
Die Hains haben ein eigenes Lapidarium. Also eine Sammlung von Steinwerken, darunter Skulpturen, Fassadenteile und Grabsteine. Und natürlich auch Meilensteine und Postmeilensäulen. Hier nimmt Andreas Hain statt des Eisens auch schon mal den Stift in die Hand, um die Beschriftung wieder zu neuem Leben zu erwecken.
Von Udo Lemke
Foto: © Claudia Hübschmann