Von Georg Moeritz
Dresden. Eine Schornsteinfegerin auf einer Spielkarte – so sah jahrelang eine unwillkommene Auszeichnung in Bayern aus. Die DGB-Frauen in Süddeutschland vergaben ihren Negativpreis „Schwarze Petra“, wenn sie gravierende Verstöße gegen die Gleichstellung von Frauen und Männern feststellten. Nun ist für Sachsen eine ähnliche Auszeichnung geplant.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund Sachsen (DGB) verleiht erstmals den Ungleichstellungspreis. Der sächsische Negativpreis wird aber nicht schwarze Petra heißen. Das wäre auch unpassend: Petra heißt die Spitzenkandidatin der sächsischen SPD für die Landtagswahl, die Sozialministerin Petra Köpping. Außerdem haben die Bayerinnen ihren Preis inzwischen auch umbenannt. Sie stellten fest, dass der Schwarze Peter in seiner Geschichte immer wieder sehr grenzwertig instrumentalisiert worden sei. Stattdessen zeigt in Bayern eine Schiedsrichterin eine rote Karte.
Der neue Negativpreis in Sachsen soll „aufdecken, wo und wer besonders stark gegen die Gleichstellung arbeitet“, sagte die Vize-Chefin des DGB Sachsen, Daniela Kolbe. Sie rief dazu auf, Vorschläge einzureichen. Anmeldeschluss unter diesem Internet-Link ist am 10. August.
Daniela Kolbe: Ostdeutschland ist kein Musterland
Kolbe sagte, Diskriminierung, Sexismus und Antifeminismus seien immer noch alltäglich und würden viel zu oft hingenommen. Für den Preis könnten „Kandidatinnen und Kandidaten“ in Sachsen in den Kategorien Wirtschaft und Politik nominiert werden. Außer Einzelpersonen können auch Organisationen, Vereine, Verbände und Institutionen vorgeschlagen werden. Die Einsendungen unterliegen dem Datenschutz und werden anonymisiert veröffentlicht.
Ostdeutschland werde zwar „gerne als Musterland der Gleichstellung dargestellt“, sagte Daniela Kolbe. Doch das sei ein Trugbild, angesichts niedrigerer Löhne von Frauen, mehr Teilzeitjobs, weniger weiblichen Führungskräften sexueller Übergriffe und Mobbing gegenüber Frauen. „Diese praktizierte Ungleichheit und Diskriminierung wollen wir sichtbar machen, um damit auch für mehr Gleichstellung einzutreten“, sagte die Gewerkschafterin.
Frauen in sächsischen Führungsetagen unterrepräsentiert
Laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung war in den ostdeutschen Bundesländern 2022 jede dritte Führungskraft eine Frau. In den alten Bundesländern war es knapp jede Vierte. Der Frauenanteil in der zweiten Führungsebene lag in Sachsen bei 46 Prozent, in der ersten Führungsebene bei 35 Prozent. Demnach sind Frauen in Führungsetagen weiterhin unterrepräsentiert. Frauen bekommen auch in Sachsen niedrigere Löhne als Männer. Der Abstand ist allerdings nicht so groß wie im Westen.
Die Preisverleihung des Ungleichstellungspreises findet am Montag, dem 26. August, im Volkshaus Dresden als Teil der Dresdner Gleichstellungswoche statt, wenige Tage vor der Landtagswahl am 1. September. Dort wird es auch ein Podium mit Landespolitikerinnen und -politikern zum Thema Gleichstellungspolitik geben. Als Redner kommt Martin Burkert, der Bundesvorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG, ein ehemaliger SPD-Bundestagsabgeordneter.
Zu den Preisträgern in Bayern in den vergangenen Jahren zählten übrigens auch Handelsketten. Der Grund: Sie hätten den internationalen Frauentag für ihre Werbezwecke missbraucht und versucht, den wichtigen Kampftag zu einem zweiten Muttertag zu erklären.