Döbeln. Das berühmte „schwarze Brett“ hat bei Cotesa in Mittweida und im Werk im Döbelner Gewerbegebiet Am Fuchsloch ausgedient. Stattdessen flimmern die internen Nachrichten und Informationen jetzt in den Kantinen über Bildschirme.
Das „Cotesa Fernsehen“ ist ein Projekt von Meddox Ver Hendel und Dominic Masur. Die beiden sind Azubis für Kunststoff und Kautschuktechnologie im dritten Lehrjahr und eigentlich damit beschäftigt, Glas- und Kohlefasern mit Kunstharzen zu Teilen für die Luftfahrt- und Fahrzeugindustrie zu laminieren.
Wir müssen viele Bereiche überdenken. Ganze Berufsgruppen werden sich dadurch verändern. – Sven Krüger, Landrat
In den vergangenen Monaten haben sie sich mit ihrem Ausbilder Ingo Barthel auch noch einem ganz anderen Thema gewidmet. Sie sind neben Azubis aus anderen Betrieben in Mittelsachsen in ihrer Firma auf die Suche nach Potenzial für Digitalisierungen gegangen. Der Bund hatte das Projekt „Digiscouts“ ausgeschrieben und das RKW Kompetenzzentrum und das Landratsamt Mittelsachsen haben Firmen gefunden, in denen sich junge Leute für die Idee begeistern ließen.
Monitor statt schwarzem Brett
„Viele Mitarbeiter gehen an den schwarzen Brettern vorbei und lesen nicht, was da steht. Jetzt laufen die Mitteilungen in den Pausen auf dem Monitor“, sagte Betreuer Ingo Barthel. Die Cotesa-Mitarbeiter bekommen Infos zum Arbeitsalltag, Betriebsferien, mögliche Zuschüsse und anderen Bereichen. Auch ein Interview mit einem Azubi, der die Prüfung geschafft hatte, haben die beiden gedreht. Einmal in der Woche sollen die Beiträge aktualisiert werden. Um neue Videos zu produzieren, können die Azubis die letzte Stunde in der Produktion nutzen, erzählen die beiden. So könnten die verschiedenen Bereiche der Produktion mit Videos vorgestellt werden.
Das größte Problem, das dabei mit der Personalleitung zu klären war, sei der Datenschutz gewesen. Weil die Ausbildung über dem Projekt nicht zu kurz kommen solle, seien manche Absprachen nach Feierabend getroffen worden, erzählten die Azubis. Für die Umsetzung haben die beiden das Fahrrad nicht noch einmal „neu erfunden“, sondern auf das bewährte Präsentationsprogramm „Powerpoint“ zurückgegriffen.
Urlaubsanträge digital statt handschriftlich
Zur Kamera gegriffen haben auch sechs Azubis der Eurofins Umwelt Ost GmbH mit Sitz in Bobritzsch-Hilbersdorf. Sie haben ihr Projekt „Azubi-Hollywood“ genannt. Sie haben Videos gedreht, mit denen sie die Ausbildung zum Chemielaboranten online und auf Messen vorstellen können.
Ein anderes Projekt haben die Azubis der EPM Elektro-Projekt Mittweida GmbH umgesetzt. Bisher werden dort die Urlaubsanträge handschriftlich gestellt. Das soll sich ändern und die Anträge vollständig digital abgewickelt werden – mit Kalenderauswahl, Resturlaubsanzeige und automatischer E‑Mail‑Benachrichtigung.
Erweiterte Realität auf der Baustelle
Der Augmented Reality, kurz AR-Technologie, bedienen sich einige Azubis der GSA-CAD GmbH, die Planungen für technische Gebäudeausrüstungen erstellt. Die 3D-Modelle der Planungen werden auf einem Tablet geladen. Auf der Baustelle kann dann der Ist-Zustand mit dem Soll-Modell verglichen werden. Damit lassen sich Fehler bei der Umsetzung erkennen, erklärte ein Azubi. „Es gibt einige Baustellen, wo das eingesetzt wird.“
Auch bei der Kadur GmbH Raumideen wird das Projekt der Azubis auf Baustellen eingesetzt. Dort werden jetzt Lieferscheine digitalisiert. Bisher dauerte es einige Tage, bis die Scheine in Papierform im Büro ankamen. Dort mussten sie von den Mitarbeitern eingescannt werden. „Jetzt scannt sie der Handwerker mit einer kostenlosen App ein und die Lieferscheine werden sofort übertragen. Der Zeitaufwand wird drastisch reduziert“, erklärte ein Azubi. Das Programm werde vor allem von den jüngeren Mitarbeitern angenommen.
Landrat bringt Rechenschieber mit
Landrat Sven Krüger ging bei der Präsentation der Projekte in Döbeln auf die Fortschritte und Veränderungen ein, die die Digitalisierung in den vergangenen Jahrzehnten mit sich gebracht hat. „Das war unser Computer“, sagte er und ließ einen Rechenschieber herumgehen, mit dem er noch gerechnet hatte. „Wir hatten auch noch Tafel und Kreide. Technische Zeichnungen entstanden auf dem Reißbrett. Später konnten wir uns Taschenrechner kaufen. Hausaufgaben standen in Hausaufgabenheft und wir hatten keine WhatsApp-Gruppen. Man war froh, wenn man es im Informatikunterricht geschafft hatte, ein Tennisspiel zu programmieren.“
Heute müssten digitale Prozesse, die auch weniger fehleranfällig sind, schneller eingeführt werden. „Wir müssen viele Bereiche überdenken. Ganze Berufsgruppen werden sich dadurch verändern“, so Krüger.
SZ